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Zeitschrift für christliche Archäologie und Kunst — 2.1858

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Lotz, W.: Walkenried
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https://doi.org/10.11588/diglit.3678#0197

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Walkenried.

Am südlichen Rande des Harzgebirges, im stillen Thale der Wieda, eine halbe
Stunde westlich von dem Städtchen Ellrich und zwei Meilen nordwestlich von der alten
Reichsstadt Nordhausen liegt das ehemalige Cisterzienserstift Walkenried, jetzt eine braun-
schweigische Domäne. Jedes Harzbuch rühmt die Schönheit der Klosterruine; Maler haben
hier Stoß" zu den reizendsten Rildern gefunden; aber noch hat die Kunstgeschichte von den
Ueberresten dieser einst hochberühmten Abtei keine nähere Notiz genommen. Und doch
gehört die Kirche zu den merkwürdigsten des Uebergangsstyls, der Kreuzgang zu den vor-
züglichsten, welche die gothische Baukunst in Deutschland zurückgelassen hat.

Wir betreten den Raum, den das Kloster einnahm, durch ein Thorgebäude, welches
am Gewände des Thorweges und in der daneben befindlichen rundbogigen Thür noch ge-
ringe Reste aus der späteren romanischen Periode darbietet.

In einiger Entfernung davon gegen Süden liegen die Trümmer der Kirche. Es sind
drei jetzt fast völlig gesonderte Bruchstücke, nämlich 1) der grössere Theil des Chorschlusses,
2) die westliche Wand des südlichen Kreuzflügels, an welche sich die südliche Wand und
die drei östlichen Arkaden des südlichen Seitenschiffes anschliessen, 3) die Frontmauer im
Westen des Schiffes.

Unter Zuhülfenahme der in Leückfeld's Beschreibung1) enthaltenen Abbildungen, die
freilich des XVIII. Jahrhunderts würdig sind, versuchen wir die ursprüngliche Anlage wieder
herzustellen.

Die Kirche (vergl. den Grundriss, Fig. 1, Bl. XIII) war eine überwölbte Basilika mit
wahrscheinlich fünfschiffigem Chore und einem Querschiffe mit niedriger Abseite im Osten.
Ihre innere Länge betrug 264, die Breite im Querschiff 115, die Höhe aber ohne das Dach
einige 70 rheinische Fuss. Das Material bilden wohlbehauene Zechsteinquadern von gelblich-
grauer Farbe.

Fassen wir zunächst das Langhaus (s. Fig. 2) ins Auge, Es halte drei Schiffe,
von welchen das mittlere die Abseiten weit überragte. Auf jeder Seite des Mittelschiffes
standen zehn Pfeiler, welche nebst den an der westlichen Schlusswand befindlichen Wand-
pfeilern zehn niedrig spitzbogige überhöhte Arkaden trugen. Die Pfeiler von nicht völlig
quadratischer Grundform haben im Seitenschiff und unter den Arkaden recktwinkelige Vor-
lagen. Ihr Sockel ist unter dem Schutte verborgen, der den inneren Raum mehrere Fuss
hoch bedeckt, ihr Gesims (Fig. 3) nähert sich der gothischen Bildungsweise. Es setzt sich

1) Anüquitates Walckenredenses, oder historische Beschreibung der etc. Abtey Walckenried, Cisterzienser - Ordens.
Leipzig und Nordhausen. 1705. 4.

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