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Zimmer, Heinrich Robert
Ewiges Indien: Leitmotive indischen Daseins — Zürich, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.22906#0127
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und verführt. — Wie diese Stimme naht Mara („der
da sterben macht" — der Todesgott) dem Buddha, als
er mit der unterscheidenden Erleuchtung sich seiner
Allmacht zu entrücken droht, als großer Versucher, als
Verführer zum Leben: — erst mit der Weibsschönheit
der Töchter und ihrem vergeblichen Lockruf zu aller
Lust des Lebens; danach mit der stärkeren Lockung
zum Leben: mit dem Schauer des Todes, mit dem tod-
drohenden Heer ungeheuerlicher Gewalten, die im wer-
denden Buddha Furcht um sein Leben wecken sollen,
um ihn von der Sammlung zur Erleuchtung abzudrän-
gen. — Dieser Angstschrei der Kreatur, die Dasein ohne
Ende in der Zeit erfleht, ist nicht verschieden von dem
Lustschrei schwellenden Lebensdranges ,,mehr will ich
sein! ich will mich ausgebären!" — der Dasein ohne
Grenzen heischt. Er klingt nur verschieden, ob ihn die
Schauer des Todes oder der Zeugung umwittern.

Diese angeboren-angeerbten Trübungen entfalten
sich aus keimhaftem Schlummer der Tiefe zu Regun-
gen, wann immer ein Gegenstand von außen als Halt
im Bewußtsein sich ihnen bietet. Yoga heißt diese
Keime abtöten, daß sie sich nicht mehr entfalten, auch
wenn der Bewußtseinsspiegel gegenständlich erfüllt
weiterströmt. Dann ist das Ende des Samsara da. Wer
der Unterscheidung von Seher und Spiegel nahe ist,
„läßt ab, Werdezustände in sich werden zu lassen, et-
wa Betrachtungen wie ,wer war ich ? wie war ich ?
... wer werden wir sein ?' — solche Betrachtungen hören

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