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Zimmer, Heinrich Robert
Ewiges Indien: Leitmotive indischen Daseins — Zürich, 1930

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https://doi.org/10.11588/diglit.22906#0015
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I. J I V A

Unser rationales Denken hat sich aus der alten, welt-
weiten mythischen Denkform entwickelt. Ihre Art, an-
zuschauen und zu verknüpfen ist über Jahrtausende
noch in unserm Denken wirksam, ja es ist dem Geiste
unmöglich, sich ganz von ihr zu reinigen, ohne seiner
Lebendigkeit abzudanken. Denn das mythische Den-
ken ist das Spiel der Phantasie, die ihrer Wahrheit ge-
wiß ist, weü sie in ihrer Bilderwelt nichts Willkürliches,
sondern das Unmittelbarste menschlicher Erfahrung
spiegelt: das Reich der Gefühle und Ahnungen. Hier
schaut das Leben sich selbst an. Die Tiefe des mythi-
schen Denkens stammt aus der notwendigen Parado-
xie seiner Bilder, denn die Tatsache des Lebens, die
in ihm zum Selbstbewußtsein kommt, ist unlogisch,
widerspruchsreich. Noch nötigt kein Anbruch kriti-
scher Selbstbesinnung des Bewußtseins die Phantasie
aus ihrem königlichen Bildneramt an den Symbolen
des Lebensgefühles in ihre heute allein legitime Dienst-
barkeit im Reiche des Erkennens: — daß sie dem Ver-
stände diene bei seinem Ringen um logische Einheit

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