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https://doi.org/10.11588/diglit.2667#0014
EINLEITUNG
die weltberühmte Bibliotheca Palatina, den Palatinorum thesaurus librorum19, seiner Münchener
Residenz einverleiben, mußte sie aber dem Papst auf dessen ausdrücklichen Wunsch überlassen.
Nach München gelangte allerdings die heute im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg so-
wie in der Bayerischen Staatsbibliothek München aufbewahrte Ottheinrich-Bibel, daneben aller
Wahrscheinlichkeit nach noch ein Prachtchorbuch Ottheinrichs20. In päpstlichem Auftrag reiste
der mit dem Abtransport der Bibliotheca Palatina beauftragte Abgesandte Leone Allacci
(1586-1669)2' nach Heidelberg, wo er am 13. Dezember 1622 anlangte. Er machte sich umgehend
daran, den Bestand in der Heiliggeistkirche zu sichten und zu verpacken. Da er die Bibliothek in
einem eher ungeordneten Zustand vorfand und auch kein Katalog der lateinischen Bücher vor-
handen war, den er für seine Aufgabe hätte benutzen können, versah er die Bände dieses Teil-
bestandes vor Ort mit einer fortlaufenden Numerierung (sog. ,Allacci-Nummer' oder ,Allacci-
Signatur'); eine systematische Ordnung behielt er sich für Rom vor22. Anläßlich eines Besuchs des
bayerischen Feldherrn Johann Tserclaes Graf von Tilly (1559 -1632) erhielt Allacci von diesem am
14. Januar 1623 dann zusätzlich die Erlaubnis, neben anderen auch die Bücher der Privatbibliothek
der Heidelberger Kurfürsten auf dem Schloß durchzusehen und an sich zu nehmen. Diese soge-
nannte jüngere Schloßbibliothek, aus der wohl die Mehrzahl der nach Rom verbrachten deutsch-
sprachigen Handschriften und Drucke stammt, war unter den Nachfolgern Ottheinrichs wieder
neu angewachsen. Darüber hinaus wählte Allacci auch aus den Beständen universitärer Kollegien,
aus der kurfürstlichen Kanzlei sowie aus der Privatbibliothek des letzten Bibliothekars der Bib-
liotheca Palatina, Janus Gruter (1560-1627)23, ihm wichtig erscheinende Teile aus24. Auf der an-
deren Seite blieben Dubletten in nicht unerheblichem Umfang vor Ort zurück, die im Pfälzischen
Erbfolgekrieg untergingen, soweit sie nicht an andere Orte verbracht worden waren. Bestände
dieser Provenienz finden sich heute beispielsweise in Mainz oder Köln . Die nach Rom ver-
brachte Bibliothek ist somit nur teilweise identisch mit der Heidelberger Bibliotheca Palatina.
Leone Allacci brach im Februar 1623 mit den in Kisten verpackten Büchern, die auf 50 Frachtwa-
gen verteilt wurden, von Heidelberg auf. In München angekommen, wurden die Bände nochmals
umgepackt und mit einem Schenkungsexlibris Kurfürst Maximilians von Bayern versehen
(Abb. 39), bevor sie am 24. April 1623 in 196 Kisten auf Maultieren nach Rom geschickt wurden.
Erst knapp dreieinhalb Monate später, am 9. August 1623, wurde die Ankunft von 184 Kisten im
19 Text der Breve Papst Gregors XV. vom 15. Oktober 1622, der die Bibliothek als Beute der Eroberung Hei-
delbergs im Laufe des Dreißigjährigen Krieges 1622 erwartete (Bibliotheca Palatina, Textband, H 2.3, S.465L,
hier vor allem S.466).
20 Brigitte Gullath, Kodikologie und Geschichte der Ottheinrich-Bibel, in: Ottheinrich-Bibel, S. 30-32.
' Domenico Mosti, in: Mario Carvale (Hrsg.), Dizionario biografico degli Italiani 2, Rom 1960, S.467-471.
12 ... li Latini con uno nuovo fnumero] accominicando da uno, doi, e cosi seguendo insino che duravano; e que-
sto numero servira per indice, e cosi segnati l'ho gia incassati; a Roma poi se Dio vorra con maggior cura sifara il
loro indice, e si riconosceranno. Abdruck und Übersetzung des Briefes von Allacci, in dem er über sein genaues
Vorgehen berichtet, bei: Augustin Theiner, Schenkung der Heidelberger Bibliothek durch Maximilian I. Her-
zog und Churfürsten von Bayern an Papst Gregor XV und ihre Versendung nach Rom. Mit Originalschriften,
München 1844, S. 21 f.; vgl. auch Kat. Heidelberg, ÜB 3, S.XVII.
23 Peter Fuchs, in: NDB 7, S. 238-240.
24 Elmar Mittler, in: Bibliotheca Palatina, Textband, S.459.
Annelen Ottermann, Vier neue Ottheinrichbände in der Stadtbibliothek Mainz, in: Gutenberg-Jahrbuch
1991, S. 344-350 (mit älterer Literatur); Heidelbergae nunc Coloniae. Palatina-Bände der Universitäts- und
Stadtbibliothek Köln. Bestandsverzeichnis von Gunter Quarg, Köln 1998 (Kleine Schriften der Universitäts-
und Stadtbibliothek Köln); Gunter Quarg, Neu entdeckte Bände der .Bibliotheca Palatina' in Köln, in: Guten-
berg-Jahrbuch 2001, S. 334-347.
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die weltberühmte Bibliotheca Palatina, den Palatinorum thesaurus librorum19, seiner Münchener
Residenz einverleiben, mußte sie aber dem Papst auf dessen ausdrücklichen Wunsch überlassen.
Nach München gelangte allerdings die heute im Kurpfälzischen Museum der Stadt Heidelberg so-
wie in der Bayerischen Staatsbibliothek München aufbewahrte Ottheinrich-Bibel, daneben aller
Wahrscheinlichkeit nach noch ein Prachtchorbuch Ottheinrichs20. In päpstlichem Auftrag reiste
der mit dem Abtransport der Bibliotheca Palatina beauftragte Abgesandte Leone Allacci
(1586-1669)2' nach Heidelberg, wo er am 13. Dezember 1622 anlangte. Er machte sich umgehend
daran, den Bestand in der Heiliggeistkirche zu sichten und zu verpacken. Da er die Bibliothek in
einem eher ungeordneten Zustand vorfand und auch kein Katalog der lateinischen Bücher vor-
handen war, den er für seine Aufgabe hätte benutzen können, versah er die Bände dieses Teil-
bestandes vor Ort mit einer fortlaufenden Numerierung (sog. ,Allacci-Nummer' oder ,Allacci-
Signatur'); eine systematische Ordnung behielt er sich für Rom vor22. Anläßlich eines Besuchs des
bayerischen Feldherrn Johann Tserclaes Graf von Tilly (1559 -1632) erhielt Allacci von diesem am
14. Januar 1623 dann zusätzlich die Erlaubnis, neben anderen auch die Bücher der Privatbibliothek
der Heidelberger Kurfürsten auf dem Schloß durchzusehen und an sich zu nehmen. Diese soge-
nannte jüngere Schloßbibliothek, aus der wohl die Mehrzahl der nach Rom verbrachten deutsch-
sprachigen Handschriften und Drucke stammt, war unter den Nachfolgern Ottheinrichs wieder
neu angewachsen. Darüber hinaus wählte Allacci auch aus den Beständen universitärer Kollegien,
aus der kurfürstlichen Kanzlei sowie aus der Privatbibliothek des letzten Bibliothekars der Bib-
liotheca Palatina, Janus Gruter (1560-1627)23, ihm wichtig erscheinende Teile aus24. Auf der an-
deren Seite blieben Dubletten in nicht unerheblichem Umfang vor Ort zurück, die im Pfälzischen
Erbfolgekrieg untergingen, soweit sie nicht an andere Orte verbracht worden waren. Bestände
dieser Provenienz finden sich heute beispielsweise in Mainz oder Köln . Die nach Rom ver-
brachte Bibliothek ist somit nur teilweise identisch mit der Heidelberger Bibliotheca Palatina.
Leone Allacci brach im Februar 1623 mit den in Kisten verpackten Büchern, die auf 50 Frachtwa-
gen verteilt wurden, von Heidelberg auf. In München angekommen, wurden die Bände nochmals
umgepackt und mit einem Schenkungsexlibris Kurfürst Maximilians von Bayern versehen
(Abb. 39), bevor sie am 24. April 1623 in 196 Kisten auf Maultieren nach Rom geschickt wurden.
Erst knapp dreieinhalb Monate später, am 9. August 1623, wurde die Ankunft von 184 Kisten im
19 Text der Breve Papst Gregors XV. vom 15. Oktober 1622, der die Bibliothek als Beute der Eroberung Hei-
delbergs im Laufe des Dreißigjährigen Krieges 1622 erwartete (Bibliotheca Palatina, Textband, H 2.3, S.465L,
hier vor allem S.466).
20 Brigitte Gullath, Kodikologie und Geschichte der Ottheinrich-Bibel, in: Ottheinrich-Bibel, S. 30-32.
' Domenico Mosti, in: Mario Carvale (Hrsg.), Dizionario biografico degli Italiani 2, Rom 1960, S.467-471.
12 ... li Latini con uno nuovo fnumero] accominicando da uno, doi, e cosi seguendo insino che duravano; e que-
sto numero servira per indice, e cosi segnati l'ho gia incassati; a Roma poi se Dio vorra con maggior cura sifara il
loro indice, e si riconosceranno. Abdruck und Übersetzung des Briefes von Allacci, in dem er über sein genaues
Vorgehen berichtet, bei: Augustin Theiner, Schenkung der Heidelberger Bibliothek durch Maximilian I. Her-
zog und Churfürsten von Bayern an Papst Gregor XV und ihre Versendung nach Rom. Mit Originalschriften,
München 1844, S. 21 f.; vgl. auch Kat. Heidelberg, ÜB 3, S.XVII.
23 Peter Fuchs, in: NDB 7, S. 238-240.
24 Elmar Mittler, in: Bibliotheca Palatina, Textband, S.459.
Annelen Ottermann, Vier neue Ottheinrichbände in der Stadtbibliothek Mainz, in: Gutenberg-Jahrbuch
1991, S. 344-350 (mit älterer Literatur); Heidelbergae nunc Coloniae. Palatina-Bände der Universitäts- und
Stadtbibliothek Köln. Bestandsverzeichnis von Gunter Quarg, Köln 1998 (Kleine Schriften der Universitäts-
und Stadtbibliothek Köln); Gunter Quarg, Neu entdeckte Bände der .Bibliotheca Palatina' in Köln, in: Guten-
berg-Jahrbuch 2001, S. 334-347.
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