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genöthiget sah, einen Schiedsbrief über die gegenseitigen Jurisdic-
tionsgränzen zu geben. Aus dein Bruchstücke, welches sich bei
Schuberth Vers. p. 44. findet, ersieht man Folgendes. „Verwundete
ein Muntater Jemanden, so gehört das Urtheil hierüber, als über
einen kleinen Frevel, dem Richter in der Muntat, und nur wenn
dieser nicht richten will (denegata justitia), darf man den Thäter
vor die weltliche Zent fordern. 4) Begehet aber ein Muntater einen
Mord oder Todschlag, so muss der Richter in der Muntat den Thäter
(den Mannschlechtigen Mann),5) wenn er ihn ergriffen hat, an des
Bischofs Gericht in der Stadt (das Stadtgericht) abliefern, von wo
aus derselbe nach beendigter Untersuchung vor die Zente gestellt
wird: jedoch verfällt das Vermögen des überwiesenen Thäters nicht
dem Schultheisen, sondern dem Richter in der Muntat. 6 7 8) Der Richter
in der Stadt darf keinem flüchtigen Verbrecher in die Muntat nach-
folgen, und eben so nicht umgekehrt der Richter aus der Muntat
dem Verbrecher in den Bezirk des Stadtgerichtes nacheilen.“ — Den
hier ausgesprochenen Grundsatz in Bezug auf die Nacheile und das
Asyl-Recht zeiget uns das Stadtrecht noch als vollkommen practisch.’)
Auch ersieht man daraus, dass mitunter der Schultheis, der Rath
und die Richter in den Muntaten zusammentraten, um sich über ge-?
meinschaftliche Grundsätze hinsichtlich des Einschreitens gegen Ver-
brecher, und namentlich wegen ihres Zusammenwirkens zur Erhal-
tung der öffentlichen Ordnung zu vereinigen. Auf solche Art ist die
ausführliche Verordnung über Aufläufe entstanden, welche sich in
Anhang V. Nr. XCII. findet, und wahrscheinlich dem J. 1326 ange-
hört, und auch in einige Handschriften des Stadtrechts vollständig
übergegangen ist. ®) Der §. 2. dieser Verordnung (StadtR. §. 436.)
erlaubet zugleich einen Blick in die innere Gerichts-Organisation der
Muntaten. Man ersieht daraus, dass unter den Richtern in den
Muntaten, welche hier auch Amtleute (officialesj heissen, Unter-
beamte vorkommen, welche wahrscheinlich aus den Insassen der
Muntat selbst gewählt wurden, und „Manzaler“ heissen. Offenbar
ist der Manzahler nichts anderes als der in der uralten angelsächsi-
schen Verfassung so deutlich hervortretende Decanus, als Vorsteher
(Hauptmann, Capitalis~) des Friborgus oder der „iien manna tala“
(der Zehn-Männer-Zahl),9) oder der Decanie, welche hier als
4) Vergl. StadtR. §. 180
5) Mannschlacht, ist so viel als Tijdtung, Todschlag.
6) Im Stadtgericht war die Confiscation der Güter eines Verurtheilten ohnehin
nicht verstattet. S. Anh. V. Nr. LVII. StadtR. §. 183.
7) StadtR. §. 69· §· 155.
8) StadtR. §. 435 — 439.
9) Vergl. die Leg. Edovardi confessorii cap. 20. bei Schmid, Ges. der Angel-
sachsen p. 287.
genöthiget sah, einen Schiedsbrief über die gegenseitigen Jurisdic-
tionsgränzen zu geben. Aus dein Bruchstücke, welches sich bei
Schuberth Vers. p. 44. findet, ersieht man Folgendes. „Verwundete
ein Muntater Jemanden, so gehört das Urtheil hierüber, als über
einen kleinen Frevel, dem Richter in der Muntat, und nur wenn
dieser nicht richten will (denegata justitia), darf man den Thäter
vor die weltliche Zent fordern. 4) Begehet aber ein Muntater einen
Mord oder Todschlag, so muss der Richter in der Muntat den Thäter
(den Mannschlechtigen Mann),5) wenn er ihn ergriffen hat, an des
Bischofs Gericht in der Stadt (das Stadtgericht) abliefern, von wo
aus derselbe nach beendigter Untersuchung vor die Zente gestellt
wird: jedoch verfällt das Vermögen des überwiesenen Thäters nicht
dem Schultheisen, sondern dem Richter in der Muntat. 6 7 8) Der Richter
in der Stadt darf keinem flüchtigen Verbrecher in die Muntat nach-
folgen, und eben so nicht umgekehrt der Richter aus der Muntat
dem Verbrecher in den Bezirk des Stadtgerichtes nacheilen.“ — Den
hier ausgesprochenen Grundsatz in Bezug auf die Nacheile und das
Asyl-Recht zeiget uns das Stadtrecht noch als vollkommen practisch.’)
Auch ersieht man daraus, dass mitunter der Schultheis, der Rath
und die Richter in den Muntaten zusammentraten, um sich über ge-?
meinschaftliche Grundsätze hinsichtlich des Einschreitens gegen Ver-
brecher, und namentlich wegen ihres Zusammenwirkens zur Erhal-
tung der öffentlichen Ordnung zu vereinigen. Auf solche Art ist die
ausführliche Verordnung über Aufläufe entstanden, welche sich in
Anhang V. Nr. XCII. findet, und wahrscheinlich dem J. 1326 ange-
hört, und auch in einige Handschriften des Stadtrechts vollständig
übergegangen ist. ®) Der §. 2. dieser Verordnung (StadtR. §. 436.)
erlaubet zugleich einen Blick in die innere Gerichts-Organisation der
Muntaten. Man ersieht daraus, dass unter den Richtern in den
Muntaten, welche hier auch Amtleute (officialesj heissen, Unter-
beamte vorkommen, welche wahrscheinlich aus den Insassen der
Muntat selbst gewählt wurden, und „Manzaler“ heissen. Offenbar
ist der Manzahler nichts anderes als der in der uralten angelsächsi-
schen Verfassung so deutlich hervortretende Decanus, als Vorsteher
(Hauptmann, Capitalis~) des Friborgus oder der „iien manna tala“
(der Zehn-Männer-Zahl),9) oder der Decanie, welche hier als
4) Vergl. StadtR. §. 180
5) Mannschlacht, ist so viel als Tijdtung, Todschlag.
6) Im Stadtgericht war die Confiscation der Güter eines Verurtheilten ohnehin
nicht verstattet. S. Anh. V. Nr. LVII. StadtR. §. 183.
7) StadtR. §. 69· §· 155.
8) StadtR. §. 435 — 439.
9) Vergl. die Leg. Edovardi confessorii cap. 20. bei Schmid, Ges. der Angel-
sachsen p. 287.