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schwinden und unbeklagtes Ende herbeigeführt hat. So verlor
Deutschland durch die Sorglosigkeit seiner Legislation eines seiner
ältesten und herrlichsten nationalen Institute — ein Rechtsinstitut,
welches mehr als jedes andere geeignet war, bei sorgfältiger Pflege
der bürgerlichen Freiheit die höchsten Garantieen zu bieten. Be-
merkenswerth ist, dass Schwarzenberg seiner wiederholt und
derb ausgesprochenen Verachtung der niederen juristischen Bildungs-
stufe 4) der Schöffen ungeachtet, es nicht wagte, an dem Institute
der Schöffengerichte zu rütteln: vielmehr suchte er demselben durch
die Verweisung auf den Rath gelehrter Juristen wieder aufzuhelfen,
und dadurch die nothwendige Wechselwirkung zwischen der Wissen-
schaft und der Praxis wieder herzustellen. Allein wenn er auch
durch dieses Mittel die letztere Absicht vollständig erreichte, so
konnte dennoch unter den damaligen Zeitumständen es noch nicht
gelingen, das gesunkene Ansehen der Schöffenverfassung wieder zu
heben. Die Trennung der Wissenschaft vom Leben, ihre Entwicke-
lung auf einer neuen Grundlage, nämlich dem römischen Rechte, und
somit der Uebergang der Rechtswissenschaft in die Hände des Juristen-
standes aus dem Kreise der Volksphilosophie war noch zu neu, als
dass sich bereits die Vereinigung beider Elemente hätte bewirken
lassen, ohne das eine dem anderen unterzuordnen. Eine solche Un-
terordnung lag aber in der Natur des von Schwarzenberg gewähl-
ten Mittels selbst, durch dessen Gebrauch sich die Schöffengerichte
in eine immer grössere Abhängigkeit von dem gelehrten Juristen-
stande begaben, und durch das öffentliche selbsteigene Anerkenatniss
ihrer Unfähigkeit, welches in einer solchen bald zur Regel gewor-
denen Einholung der Rechtsbelehrungen von Juristenfacultäten und
Richtercollegien lag, den letzten Rest ihres ohnehin tief genug ge-
sunkenen Ansehens zerstörten.
Wir gehen nunmehr zur Darstellung der einzelnen Haupthand-
lungen und Abschnitte des Criminalverfahrens bei den Capitalver-
brechen über, wobei wir vielfach Gelegenheit haben werden, auf die
Uebereinstimmung der ScHWARZENBERGischen Legislation mit dem
alten Bamberger Stadtrechte aufmerksam zu machen.
§. 35.
Die Anklage.
Die Anstellung einer Criminalanklage ist zunächst Sache des
Verletzten, oder wo er selbst nicht klagen kann, wie bei der Tödtung,

4) Vergl. a. B. Bamb. a. 172. 175. 276. Carol, a. I46. 15o.
 
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