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Sache seiner Verwandten (s. oben §. 33.). Der Ankläger heisst auch
„Züchtiger“. *) Der Beklagte wird in der Regel nach dem Ver-
brechen (Mörder, Dieb etc.) benannt, heisst aber auch allgemein
schädlicher Mann,1 2) oder armer Mann.3) In späteren Rechtsquellen
findet sich auch die Bezeichnung Inzichter, 4) jedoch vorzugsweise
nur dann, wenn der Beklagte nicht auf der handhaften That ergrif-
fen, sondern nur sonst der That bezüehtigt (verleumdet) ist, und
seine Unschuld oder eine Nothwehre ausführen will. 5 6 7 8) Der Schult-
heis kann Niemanden zwingen, eine Criminalanklage anzustellen
(StadtR. §· 207.). Wer aber klagt, muss die Vollführung der Klage
dem Schultheis geloben. e) Vollführt er die Klage nicht („jagt er
es nicht, bis er den Beschuldigten zu dem Rechten bringt“), wo
dieser sodann jehen (d. h. gestehen) oder läugnen muss, so muss
der Kläger dem Schultheisen die Busse bezahlen, welche der Be-
klagte im Unterliegungsfalle hätte geben müssen (StadtR. §. 205.
206.). Wird aber der Schultheis bei einem Raufhandel von einem
Theile zu Hülfe gerufen, so liegt eben hierin ein stillschweigendes
Geloben der Klage (StadtR. §. 208.) und dasselbe gilt von beiden
Theilen, so dass sie schuldig sind, gegenseitig auf einander zu kla-
gen, wenn sie in einem Raufhandel beide den Schultheis angerufen
haben (StadtR. §. 209.). Das Geloben der Klage heisst bei eigent-
lichen Halsgerichten „verbürgen zu strengem Rechten“ (StadtR.
§. 73.), und diese Bürgschaft kann der Kläger nur durch zwei Ge-
nannte stellen (Anh. V. nr. II.): kann er diese Bürgschaft nicht auf-
bringen, so wird er selbst so lange in das Gefängniss gelegt (ein-
gelegt), bis er die Klage ausgeführt (vollführt) hat. ’) Diese Be-
stimmungen über das Verbürgen sind fast wörtlich in die Bamberg,
a. 18. Carol, a. 12. übergegangen. 3)
Tritt aber wegen eines Capitalverbrechens keine Privatperson als

1) Vergl. das Rubrum Anh. II. C.
2) Anh. V. nr. LV. — Anh. II. A. §. 6.
3) Anh. II. A. §. 39. 42. 44’ etc.
4) Eine hievon völlig verschiedene zweite Bedeutung dieses Wortes s, oben
25. bei not. 25. pag. 96.
5) Landgerichtsordn. v. 1 5o3 tit. (14) von Entnemung eines Leumunds. — Vergl,
auch die Rechtsfälle oben §. 7. nr. 42. p. 15; nr. 54 p. 17; nr. 55. p. 18. — Die
causa selbst heisst ,, I n z i c h t -S a c h e.ic
6) Ebenso Sachsensp. III. a. 14. §. 2.
7) S. den Rechtsfall Anh. IV. nr. 1. —
8) Uebrigens ist dieses Verhältniss schon dem Sachsenspiegel völlig bekannt.
Sachsensp. I. 61. §. 1. „Sve nemen bürgen hebben ne mach, dar he ok nen erve
ne hevet, den sal der frone gewalt behalten, ob he um ungerichte (Verbrechen) klaget,
oder die klage up ene gat.“ Vergl. Schwabensp. c. 91. §. 1. 2.
 
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