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Nürnberger Rechte nichts lernen oder entlehnen konnte, was er
nicht schon in gleicher und grösserer Vollständigkeit in dem Bam-
berger Rechte ausgebildet vorlinden musste.
In einem engeren Zusammenhänge mit der Abfassung der Bam-
bergensis scheinet aber, wie schon sehr richtig von Mittermaier 5)
bemerkt worden ist, die Wormser Reformation zu stehen, in welcher
Buch VI. Thl. II. tit. 2. u. tit. 10. besonders die Lehre von den Indicien
bereits auf eine sehr umfassende Art entwickelt ist, und in vielen
Punkten — nicht nur in den Grundansichten — oft wörtlich mit der
Bambergensis und Carolina übereinstimmt. Hieher gehöret die Be-
stimmung im Eingang des Buch VI. Thl. II. tit. 2: dass „niemant
auf schlechte Vermutung, oder argwon oder zweifelhafftige anzeig
eyner bösen that, soll geurtheylt noch verdammet werden zu eyniger
Pene oder straffe. Aber auff strenge Vermutung vnd glaublich an-
zeig etlicher vmbstende die offenbar oder beweist sein, mögen wir
den berüchtigten ernstlich (d. h. mit der Folter) fragen, mit messig-
licher Handlung.“
Hier also haben wir das Hauptprinzip Schwarzenberg’s —
keine endliche Verurtheilung auf Indicien — und auch nicht Folter
wegen jeder entfernten Vermuthung (vergl. Bamb. a. 28. 29. Carol,
a. 20. 22.). Nach Aufzählung der Indicien kommt die Wormser
Reformation B. VI. tit. III. wieder auf die Einschärfung zurück, dass man
nicht um geringe Anzeigen zur Folter schreiten soll: ebenso die
Bamb. art. 32. Carol, a. 27. — Die Einleitung zur Lehre von den
Indicien bildet in der Wormser Reformation B. VI. tit. II. die Vorschrift,
dass bei offenbar frischer That die Tortur im Läugnungsfalle ange-
wandt werden soll (vergl. oben §. 44. nr. 2). Ebenso stehet die
gleiche Bestimmung hinsichtlich der unzweifelhaften Missethaten in
der Bamb. a. 23. Carol, a. 16. der Lehre von den Anzeigen voran.6)
Die Wormser Reformation erkläret hierauf unmittelbar, dass nicht
Alles angegeben werden könne, was eine Anzeigung sei, und dass
also ihre folgenden Bestimmungen nur eine Anleitung für dem Rich-
ter sein sollen: dasselbe erklären und zwar in gleicher Ordnung die
Bamb. a. 26. Carol, a. 18. — Die Worms. Ref. B. VI. tit. III. §.4. weiset
ferner den Richter an, in peinlichen Fragen Maass zu halten, die
Folter nicht strenger anzuordnen, als die That erfordere: ebenso be-
stimmt die Bamb. a. 71. Carol, a. 58., dass nach der Stärke des
Argwohns auch die Folter stärker oder gelinder angewandt werden

5) N. Arch. des Crini.R. Bd. IX. p. 57.
6) Auch die Bezeichnung der Folter als „ernstliche“ Frage in den cit. Art.
der Bamb. u. Carol, scheinet der Worms. Ref. entlehnt.
 
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