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§. 54.
Klage. Vertheidigung. Fristen.
Das Verfahren scheinet nur mündlich gewesen zu sein, und nur
die Urtheile (Gerichtsbriefe) wurden schriftlich unter des Gerichts
Siegel ausgefertiget (StadtR. §. 15.). Bürger und andere Personen,
welche in dem Stadtgerichte sitzen, müssen regelmässig ihre Klagen
in Person anbringen, und dürfen „ihre Klage nicht aufgeben“, d. h.
keinen Procurator bestellen, äusser mit Genehmigung des Gegners
(StadtR. §. 66.). Hat aber der Kläger einmal ein gerichtliches Zu-
geständniss der Schuld von dem Beklagten erlanget, so mag er die
weitere Verfolgung der Sache mit Genehmigung der Schöffen einer
anderen Person auftragen (befehlen), wenn überhaupt nur ein oder
der andere Grund vorhanden ist, aus welchem ihm der persönliche
Betrieb seiner Klagsache beschwerlich werden könnte (StadtR. §.67.).
Die Ehefrau hat dagegen ein unbedingtes Recht, anstatt ihres Ehe-
mannes zu klagen (StadtR. §. 67.). Den Gästen ist dagegen (wie
schon oben pag. 70. erwähnt worden) allgemein das Aufgeben ihrer
Klagen verstattet: doch wird auch hier als kundlicher und sicherer
angerathen, dass sie wenigstens die Bestellung des Procurators in
Person vor dem Stadtgerichte besorgen, anstatt denselben blos durch
eine schriftliche Vollmacht (Gewalt, Gewaltsbrief, StadtR. §. 64.)
zu legitimiren (StadtR. §. 68.).
Hinsichtlich der Cumulation der Klagen ist der Grundsatz auf-
gestellet, dass ein Kläger ohne Zustimmung des Beklagten nicht
mehr als drei Klagen zugleich gegen ihn anstellen darf (StadtR.
§. 60.); sind diese drei Klagen erlediget, und der Kläger hat noch
mehr zu klagen , so hat er bis zu dem nächstfolgenden Gerichtstage
ein Vorrecht, weiter zu klagen (die Vorfart mit dem Furgebot, d. h.
der Vorladung, StadtR. §. 61.). Tritt aber der Kläger in diesem
nächsten Gerichte mit keiner neuen Klage auf, so stehet es nunmehr
dem Beklagten frei, weiter mit Klagen gegen den Kläger aufzu-
treten (StadtR. §. 62.). So lange aber eine Person, welche in ei-
nem früheren Urtheile zu einer Zahlung verurtheilt worden ist, die-
selbe nicht geleistet hat, darf sie gegen den Sieger keine neue Klage
anstellen (StadtR. §. 62. 63.).
Die erste Vorladung (Furgebot) des Beklagten zur Einlassung
auf eine Klage scheinet regelmässig, wenn Kläger und Beklagter
Bürger und Insassen waren, mündlich, und zwar auf das nächste
Gericht (zum nächsten Gerichtstage !)) geschehen zu sein. Auch
' -·«.
1) Die regelmässigen Gerichtstage (jetzt sogenannten Klagtage) bezeichnet der
Ausdruck offenes Gericht. StadtR. §. 36.
§. 54.
Klage. Vertheidigung. Fristen.
Das Verfahren scheinet nur mündlich gewesen zu sein, und nur
die Urtheile (Gerichtsbriefe) wurden schriftlich unter des Gerichts
Siegel ausgefertiget (StadtR. §. 15.). Bürger und andere Personen,
welche in dem Stadtgerichte sitzen, müssen regelmässig ihre Klagen
in Person anbringen, und dürfen „ihre Klage nicht aufgeben“, d. h.
keinen Procurator bestellen, äusser mit Genehmigung des Gegners
(StadtR. §. 66.). Hat aber der Kläger einmal ein gerichtliches Zu-
geständniss der Schuld von dem Beklagten erlanget, so mag er die
weitere Verfolgung der Sache mit Genehmigung der Schöffen einer
anderen Person auftragen (befehlen), wenn überhaupt nur ein oder
der andere Grund vorhanden ist, aus welchem ihm der persönliche
Betrieb seiner Klagsache beschwerlich werden könnte (StadtR. §.67.).
Die Ehefrau hat dagegen ein unbedingtes Recht, anstatt ihres Ehe-
mannes zu klagen (StadtR. §. 67.). Den Gästen ist dagegen (wie
schon oben pag. 70. erwähnt worden) allgemein das Aufgeben ihrer
Klagen verstattet: doch wird auch hier als kundlicher und sicherer
angerathen, dass sie wenigstens die Bestellung des Procurators in
Person vor dem Stadtgerichte besorgen, anstatt denselben blos durch
eine schriftliche Vollmacht (Gewalt, Gewaltsbrief, StadtR. §. 64.)
zu legitimiren (StadtR. §. 68.).
Hinsichtlich der Cumulation der Klagen ist der Grundsatz auf-
gestellet, dass ein Kläger ohne Zustimmung des Beklagten nicht
mehr als drei Klagen zugleich gegen ihn anstellen darf (StadtR.
§. 60.); sind diese drei Klagen erlediget, und der Kläger hat noch
mehr zu klagen , so hat er bis zu dem nächstfolgenden Gerichtstage
ein Vorrecht, weiter zu klagen (die Vorfart mit dem Furgebot, d. h.
der Vorladung, StadtR. §. 61.). Tritt aber der Kläger in diesem
nächsten Gerichte mit keiner neuen Klage auf, so stehet es nunmehr
dem Beklagten frei, weiter mit Klagen gegen den Kläger aufzu-
treten (StadtR. §. 62.). So lange aber eine Person, welche in ei-
nem früheren Urtheile zu einer Zahlung verurtheilt worden ist, die-
selbe nicht geleistet hat, darf sie gegen den Sieger keine neue Klage
anstellen (StadtR. §. 62. 63.).
Die erste Vorladung (Furgebot) des Beklagten zur Einlassung
auf eine Klage scheinet regelmässig, wenn Kläger und Beklagter
Bürger und Insassen waren, mündlich, und zwar auf das nächste
Gericht (zum nächsten Gerichtstage !)) geschehen zu sein. Auch
' -·«.
1) Die regelmässigen Gerichtstage (jetzt sogenannten Klagtage) bezeichnet der
Ausdruck offenes Gericht. StadtR. §. 36.