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gehörte zur Gültigkeit der Vorladung, dass das Fürgebot bei Tag,
so lange man einen Heller und einen Pfenning unterscheiden konnte,
geschehen sei (StadtR. §. 35. vergl. mit §. 18.). Erscheinet der
Beklagte hier nicht, so zeiget es der Piittel einem Schöffen an, und
dieser lässt nun die Vorladung anschreiben (d. h. in das Stadtbuch
die Strafe wegen des ungehorsamen Ausbleibens — das Wetgeld —
und die Forderung, deren sofort der Beklagte als contumax für
schuldig geachtet wird — das Forderung-Geld — eintragen, StadtR.
§. 18.). Hierbei äussert sich gelegenheitlich ein Unterschied hin-
sichtlich der Glaubwürdigkeit der Einträge in das Stadtbuch. Sind
diese durch den Schreiber geschehen, welcher dem Gerichte und der
Stadt darüber geschworen hat (Gerichtsschreiber, eigentlicher Actwar),
so beweisen sie sofort unbedingt. Hat aber der Schultheis einen sol-
chen Eintrag durch seinen Schreiber machen lassen, so beweiset er
nur dann, wenn ihn ein Schöffe bezeugt (StadtR. §. 18.).
In solchen Fällen, in welchen die Vorladung gewissermassen
den Cbaracter einer Edictalcitation an sich trug, und weniger eine
Vertheidigung, als eine Aufforderung zur Geltendmachung von Rech-
ten enthielt, wie z. B. bei dem Concurse über ein Erbe, wird die
Vorladung mehrmals mit Bestimmung von stets kürzeren Fristen wieder-
holt (14 Tage, 8 Tage, 3 Tage, über Zwerchnacht 2)). StadtR. §. 52.
Die abgekürzte Frist (Zwerchnacht), in welcher die Civilprozess-
sachen auswärtiger Leute 3) behandelt werden mussten, ist schon
früher erwähnt worden (sieh oben pag. 70.). — Dass Fristen auf
Ansuchen einer Parthei erstreckt werden konnten, gehet deutlich aus
StadtR. §. 112. hervor, woselbst das Gesuch um eine weitere Frist-
bewilligung „ein Verziehen (Verzögerung) machen“ genannt wird,
Wurde aber eine Frist sogleich mit der Verwarnung gegeben, dass
sie nicht erstreckt oder wiederholt gegeben werden würde, so hiess
sie „ein unverzogener Tag“ (StadtR. §. 29t,). Genauer findet sich
der Unterschied zwischen den verschiedenen Arten der Fristen noch
nicht entwickelt.
So viel dagegen die Vertheidigung des Beklagten anbetrifft, so
ist schon bemerkt worden, dass sein ungehorsames Ausbleiben im
Verhandlungstermine QContumaciaJ Sachfälligkeit, und eine Geld-
strafe (Wette) an das Gericht zur Folge hatte (StadtR. §. 18.).
Eine scharfe Entwickelung der verschiedenen Arten der Vertheidi-
gung durch negative Litiscontestation, dilatorische und peremtorische
2) Ueber die Bedeutung dieses Ausdruckes s. oben pag. «jÄ not. 1.
3) Umgekehrt wird in Criminalsachen dem Bürger schneller Rechtes verhelfen
als einem Gaste· sieh oben pag. 128.
 
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