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Einleitung. Die Anfänge der deutschen Volksgeschichte.
hat, da begegnen wir auch noch (ganz übereinstimmend mit der Erzäh-
lung des Tacitus) äusser dem Wuotan (Merkur) neben diesem noch
zwei anderen vorzugsweise ausgezeichneten Gottheiten, welche mit
ihm gewissermassen eine Triologie bilden9), nämlich Fro, auch Frey,
Freyr, oder Fricco, nach seinen Attributen dem Heracles (Her-
cules = Ap o 11 o und Bacchus) der älteren griechischen Theogonie
in seiner Eigenschaft als Repräsentant eines einfachen heiteren Elemen-
tarcultus einigermassen vergleichbar 10), und Thor, auch Donar, Tyr,
Ziu Er, oder Ers, welcher die Attribute des griechischen Zeus oder
römischen Jupiter, mit dem Charakter des griechischenoder
des römischen Mars vereinigt u). Auch die Isis des Tacitus
findet ihre Erklärung in dem, den meisten germanischen Gottheiten
zukommenden Charakter der Mannweiblichkeit, so wie auch ihre volle
Analogie oder vielmehr Nachweisung theils in dem weiblichen Freyr
(der nordischen Freya), theils in der bei mehreren suevischen Stämmen
im Osten und Süden von Deutschland noch in späterer Zeit verehrten weib-
lichen Era, Eora, oder Ziwa, welche den Charakter der Cybele oder
9) Darum heisst auch Odhin im Norden Thridhi, der Dritthöchste (Tris-
megist), ein bekanntes Prädicat des Hermes; J. Grimm, deut. Myth. p. 110
u. 692; und darum verlangten auch die christlichen Bekehrer, dass die Deutschen
bei der Taufe namentlich diesen drei Gottheiten abschwören sollten. Vergl. die For-
mula abrenuntiationis diaboli aus dem 8. Jahrh. bei Pertz, Tom. Leg. I. p. 19.
„Forsachistu (widersagst du) diobolae ? et respondeat: ec forsacho diabolae. end
allum diobolgelde? (aller Teufelsgilde sc. Genossenschaft) — resp. end ec forsacho
allum diobolgeldae. end allum dioboles uuercum? (Werken) — resp. end ec forsacho
allum dioboles uuercum and uuordum (Worten), Thunaer ende Wo den ende
Saxnote (h. e. Hercules Saxanus s. Saxonicus) ende allem them unholdum, the
hira genotas (Genossen) sint. — Saxnote = Sahsnoz erklärt als „Stein-
genosse“ d. h. aus den Felsen entsprossen, J. Grimm, deut. Myth. p. 204. —
,0) Er ist Gott der Liebe und des Friedens und der Fruchtbarkeit: er gab
Regen und Sonnenschein. Die Etymologie seines Namens (gotli. Frauja) führt auf
den Begriff, milder, gütiger, gnädiger Herr: J. Grimm, deut. Myth. p. 135—140.
Dem Freyr (= der Freie) correspondirt das lat. Liber, als Prädicat des Bacchus
oder Dionysos. In der Abernuntiationsformel (s. not. 9) tritt der locale Saxnot
(Saxneat) an seine Stelle. Adam. B r e m. beschreibt die Bildsäule des Fricco,
welche zu Upsala neben der des Thor und Wodan stand: „tertius est Fricco,
pacem voluptatemque largiens mortalibus, cujus etiam simulacrum fingunt ingenti
priapo: si nuptiae celebrandae sunt, sacrificia offerunt F’ricconi.“ —
n) Thor, Donar, Thyr und Ziu oder Er erscheinen Wohl auch in der
Mythe als verschiedene Gottheiten: allein sie repräsentiren alle denselben Begriff,
und ihre Zusammenstellung kann um so weniger Bedenken haben, als diese Namen,
so wie der von Wuotan und Fro, nur Prädicate der Gottheit ausdrücken. (Vergl.
§. 2.) — Grimm, deut. Myth. p. 112. 131 u. flg. —
Einleitung. Die Anfänge der deutschen Volksgeschichte.
hat, da begegnen wir auch noch (ganz übereinstimmend mit der Erzäh-
lung des Tacitus) äusser dem Wuotan (Merkur) neben diesem noch
zwei anderen vorzugsweise ausgezeichneten Gottheiten, welche mit
ihm gewissermassen eine Triologie bilden9), nämlich Fro, auch Frey,
Freyr, oder Fricco, nach seinen Attributen dem Heracles (Her-
cules = Ap o 11 o und Bacchus) der älteren griechischen Theogonie
in seiner Eigenschaft als Repräsentant eines einfachen heiteren Elemen-
tarcultus einigermassen vergleichbar 10), und Thor, auch Donar, Tyr,
Ziu Er, oder Ers, welcher die Attribute des griechischen Zeus oder
römischen Jupiter, mit dem Charakter des griechischenoder
des römischen Mars vereinigt u). Auch die Isis des Tacitus
findet ihre Erklärung in dem, den meisten germanischen Gottheiten
zukommenden Charakter der Mannweiblichkeit, so wie auch ihre volle
Analogie oder vielmehr Nachweisung theils in dem weiblichen Freyr
(der nordischen Freya), theils in der bei mehreren suevischen Stämmen
im Osten und Süden von Deutschland noch in späterer Zeit verehrten weib-
lichen Era, Eora, oder Ziwa, welche den Charakter der Cybele oder
9) Darum heisst auch Odhin im Norden Thridhi, der Dritthöchste (Tris-
megist), ein bekanntes Prädicat des Hermes; J. Grimm, deut. Myth. p. 110
u. 692; und darum verlangten auch die christlichen Bekehrer, dass die Deutschen
bei der Taufe namentlich diesen drei Gottheiten abschwören sollten. Vergl. die For-
mula abrenuntiationis diaboli aus dem 8. Jahrh. bei Pertz, Tom. Leg. I. p. 19.
„Forsachistu (widersagst du) diobolae ? et respondeat: ec forsacho diabolae. end
allum diobolgelde? (aller Teufelsgilde sc. Genossenschaft) — resp. end ec forsacho
allum diobolgeldae. end allum dioboles uuercum? (Werken) — resp. end ec forsacho
allum dioboles uuercum and uuordum (Worten), Thunaer ende Wo den ende
Saxnote (h. e. Hercules Saxanus s. Saxonicus) ende allem them unholdum, the
hira genotas (Genossen) sint. — Saxnote = Sahsnoz erklärt als „Stein-
genosse“ d. h. aus den Felsen entsprossen, J. Grimm, deut. Myth. p. 204. —
,0) Er ist Gott der Liebe und des Friedens und der Fruchtbarkeit: er gab
Regen und Sonnenschein. Die Etymologie seines Namens (gotli. Frauja) führt auf
den Begriff, milder, gütiger, gnädiger Herr: J. Grimm, deut. Myth. p. 135—140.
Dem Freyr (= der Freie) correspondirt das lat. Liber, als Prädicat des Bacchus
oder Dionysos. In der Abernuntiationsformel (s. not. 9) tritt der locale Saxnot
(Saxneat) an seine Stelle. Adam. B r e m. beschreibt die Bildsäule des Fricco,
welche zu Upsala neben der des Thor und Wodan stand: „tertius est Fricco,
pacem voluptatemque largiens mortalibus, cujus etiam simulacrum fingunt ingenti
priapo: si nuptiae celebrandae sunt, sacrificia offerunt F’ricconi.“ —
n) Thor, Donar, Thyr und Ziu oder Er erscheinen Wohl auch in der
Mythe als verschiedene Gottheiten: allein sie repräsentiren alle denselben Begriff,
und ihre Zusammenstellung kann um so weniger Bedenken haben, als diese Namen,
so wie der von Wuotan und Fro, nur Prädicate der Gottheit ausdrücken. (Vergl.
§. 2.) — Grimm, deut. Myth. p. 112. 131 u. flg. —