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Zoepfl, Heinrich
Deutsche Staats- und Rechtsgeschichte: ein Lehrbuch in zwei Bänden (1): Deutsche Volks- und Staatsgeschichte in quellemmäßigem Abrisse bis zur Stiftung des Deutschen Bundes — Stuttgart: Krabbe, 1844

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https://doi.org/10.11588/diglit.47336#0099
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§. 21. Vom Tode Attila’s bis zum Tode Chlodowig’s. 75
(genannt der Grosse} nicht nur Römer und Gothen in Italien zu einem
Volke zu verschmelzen, sondern er fasste auch den Plan, ein allgemeines
deutsches Völkerbündniss zu stiften, an dessen Spitze der Beherrscher
der Ostgothen stände. Was durch Gewalt zu erreichen unmöglich
schien, strebte er durch freundschaftliche Verbindungen zu erreichen21),
und sicher wäre der Plan dieses staatsklugen Mannes gelungen , hätte
ihm nicht das Schicksal an dem jungen Frankenkönige Chlodowig
einen Nebenbuhler an die Seite gestellt, welcher glühend von Erobe-
rungslust , die Erweiterung seiner Macht durch das Glück seiner sieg-
reichen Waffen suchte. So verfolgte jeder dieser beiden Männer miss-
trauisch die Schritte des anderen, jeder klug genug, den offenen Bruch
zu vermeiden, um nicht die errungenen Vortheile über andere Völker
und die eigene Herrschaft ^an den zweifelhaften Ausgang einer Völker-
schlacht zu wagen. Während Theodo rieh seine Macht über die
Alpen und Noricum nach Pannonien ausbreitete 22), kämpfte Chlo-
dowig (491) siegreich gegen die Thüringer 23), schlug die Alamannen
(495) in der mörderischen Schlacht bei Toul24), und unterwarf die-
selben mit Ausnahme der höher liegenden Theile Alamanniens, welche
sich unter Theodorich’s Schutz stellten25), der fränkischen Herr-
schaft , trat hierauf mit seinen Franken zur römisch-katholischen Kirche
über 26), und nahm sofort eben daher Anlass, die den Lehrsätzen
21) Er selbst vermählte sich mit einer Schwester des Frankenkönigs Chlo-
dowig und hatte seine beiden Töchter an den burgundischen Fürsten Sigismund
und an den Westgothenkönig Alarich II., seine Schwester an den König der
Vandalen, Trasamund und deren Tochter erster Ehe an den König der Thürin-
ger, Hermanfried, verheirathet. Ueber die von ihm mit den Westgothen, Herulern,
Warnern, Thüringern und Burgundern eingeleiteten Bündnisse vergl. Theodorich’s
Briefe bei Cassiod. var. L. III. ep. 1—4. — Die Literatur über die Gesell, des
ostgoth. Reiches siehe oben §. 16 Note 20, —
22) Vergl. die Beweisstellen aus Cassio dor, zusammengestellt bei Sartorius
a. a. 0. c. 3 Note 13. —
23) Gregor Tur. L. II. c. 27. — Gesta Franc, c. 10. —- Vergl. oben
§. 7 Note 29. —
24) Gewöhnlich aber irrig wird Zülpich als der Ort der Schlacht genannt.
Siehe oben §. 12 Note 20. — Gregor Tur. L. II. c. 30. — Gesta Francor.
c. 15. — Fredegar c. 21. — Vergl. den Brief Theodorich’s an Chlodowig
bei Cassio dor. var. L. IV. ep. 41. —
2o) Ennodius in paneg. p. 311 edit. Paris. — Cassiod. var. IV. ep. 40. 41.
49. V. ep. 15. — Procop. de B. G. Lib. I. c. 15. —
2G) Höchst charakteristisch ist die Schilderung der Veranlassung Chlodo-
wig’s zur Annahme des Christenthumes bei Gregor Tur. II. c. 30: „Exercitus
Chlodovaei valde ad internecionem ruere coepit (in der grossen Alamannen-Schlacht).
 
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