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58

Albrecht Dürer.

vertieften Stellen können dabei nichts von der
Schwarze annehmen nnd bleiben deshalb ans
dem Papierabzng weiß. Bei der Metallplatte
dagegen müssen gerade die vertieften Stellen
eingeschwärzt werden, denn sie ergeben die
Zeichnung; aber indem man die Vertiefungen
nntTruckerschwärzeansfüllt, wird naturgemäß
die Platte vollständig damit überzogen, nnd
man kann deshalb von ihr erst einen Abdruck
nehmen, nachdem man sie gereinigt, nämlich
alle zwischen den eingegrabenen Linien unbe-
rührt gebliebenen, erhöhten Linien wieder ganz
blank gewischt hat, denn diesmal müssen diese
erhöhten Partieen ans dem Papierabzug weiß
erscheinen. Man nennt deshalb den Holzschnitt
Reliefdruck uud deu Kupferstich Tiefdruck.
Um einen Holzschnitt oder Kupferstich je-
ner Zeit richtig zu würdigen, darf man ferner
nicht aus der Acht lassen, daß es sich dabei zu-
meist um Origiualschöpfungeir der einzelnen
Meister und nicht nm Reproduktionen fremder
Werke handelt, wie nach Analogie der Jetzt-
zeit von Laien so oft angenommen wird. Dem
gegenüber mnß betont werden, daß z. B. alle
Holzschnitte Dürers Originale sind, d. h. die
Entwürfe entstanden von vorne herein ledig-
lich im Hinblick auf die Zeichnung, welche
auf dem Holzstock ausgeschnitten werden sollte.
Jeder Abdruck ist somit eiu Originalholz-
schnitt, und das Gleiche hat von dem Kupfer-
stich zu gelten. Er war in Deutschland ur-

sprünglich ebensowenig eine reproduzierende
Kunst, wie der Holzschnitt. Erst in späterer
Zeit^ sind das beide geworden. Bei der in
Metall durch Dürer möglich gewordenen fei-
nen malerischen Durchbildung einer Darstel-
lung steht für seine Thütigkeit das Stechen in
Kupfer sogar völlig ebenbürtig neben der Ma-
lerei. Einen großen Teil seiner hervorragend-
sten Kunstgedanken hat er uns eben in seinen
Stichen überliefert.
Nebenbei ist es vielleicht auch uicht über-
flüssig darauf aufmerksam zu machen, daß
jede Linie in der Kupferplatte vou Dürer
selbst herrührt. Die Feinheit der künstlerischen
Durchbildung und der malerischen Stimmung,
die ihm vorschwebte, ließ hier keinerlei Bei-
hilfe zu.
Was den Wert der einzelnen von der
Kupferplatte oder dem Holzstock genommenen
Abzüge betrifft, so ist derselbe bekanntlich sehr
verschieden. Das Kupfer leidet bald merklich
durch das für jeden einzelnenAbzugnötigeRei-
nigen und durch den stnrken Druck, den die Presse
ausübt, so daß nur frühe Abzüge eine ganz ent-
sprechende Vorstellung von den Absichten des
Künstlers geben; nur auf ihnen kommen die
leicht eingestochenen, oft sehr zarten Linien rein
zum Abdruck, welche die feinsten Übergänge
darsteklcn. Ähnlich steht es beim Holzstock,
denn der starke Druck der Presse beeinträchtigt
auch hier allmählich die Schärfe der Linien.
 
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