LIV. Die niederländische Reise.
-Hn den Jahren, die durch die Beschäftigung
für den Kaiser charakterisiert sind, wie
in der darauf folgenden Zeit mochte Dürer
sich in sehr wechselnder Stimmung befinden.
Er hatte reichlich zuthun, aber die Aufgaben,
die ihm gestellt waren, mußten mit Ausnahme
der Randzeichnungen zu dem Gebetbuche doch
oft wie einengende Schranken wirken. Seine
Hand machte allerdings ans den gegebenen
Themen, was zu machen war, aber uns tritt
dabei nur zu klar vor die Seele, welch er-
schreckend kleinlichen Zuschnitt das öffentliche
Leben in Deutschland angenommen hatte. Die
Ungleichheit, die den Werken jener Jahre an-
haftet, ist offenbar der Reflex eines hemmen-
den Druckes, der auf dem Meister lastete.
Eine Befreiung und eine Epoche neuen Auf-
schwungs brachte der Aufenthalt in den Nie-
derlanden, der in die Zeit vom Juli 1520
bis Juli 1521 fällt.
Ein Regierungswechsel jener Zeit stellte
gar viele Rechtstitel in Frage; so zahlte die
Stadt auch Dürer die fälligen 200 Gulden
nicht ans, die Kaiser Maximilian ihm in
Augsburg angewiesen hatte. Sie verlangte
eine Bestätigung von Seite des neuen Herr-
schers. Ebenso war eine solche für das bis
dahin bezogene Leibgeding von 100 Gulden
nötig. Dürers Reiselust wurde da durch den
Wunsch geweckt, von Karl V., der in den Nie-
derlanden erwartet wurde, jene Verleihungen
verbrieft zu sehen. Förderlich mochte dem Ge-
danken an einen längeren Aufenthalt daselbst
dann die Hoffnung sein, dort durch Absatz von
Kunstblättern Gewinn zu erzielen. Daß er aus
Freundschaft, wie man doch wohl annehmen
muß, Holzschnitte Schäufeleius und Hans Bal-
duugGriens miteinpackte, beweist,wievielman
sich von einer solchen Gelegenheit versprach.
Recht lockend mußte es dem Meister er-
scheinen, die reichen niederländischen Städte
zu sehen, von deren Pracht und Kunstliebe
der Vater schon dem Knaben erzählt hatte.
Antwerpen, sein eigentliches Reiseziel, war
als Handelsplatz das London der damaligen
Zeit und beherbergte zugleich eine ansehnliche
Malergilde. Ein Mitglied derselben war kein
Geringerer als Quentin Massys. An ein Zu-
sammentreffen mit andern Malern, z. B. mit
Lueas von Leyden, hatte Dürer vielleicht auch
schon im voraus gedacht. Sonnig mochte es
in seinen: Innern aussehen, als am 12. Juli
1520 von dem allbekannten Dürerhaus weg
sein Wagen nach dem Thiergärtner Thor hin
sich in Bewegung setzte. Diesmal drückte ihn
keine durch die Reise veranlaßte Schuldenlast
wie im Jahre 1505, als es nach Venedig ging.
Als berühmter Künstler und freier Mann zog
er nun hinaus, um die Stätten des damaligen
Weltverkehrs kennen zu lernen, um zu schauen
und zu bewundern und mehr an den Werken
anderer sich zu freuen, als selbst zu schaffen.
Daß Fran und Magd ihn begleiteten, deutet
bestimmt darauf hin, daß die Sorge um das
Leibgeding nur einer neben andern Reise-
zwecken war. Ein längerer Aufenthalt in der
Fremde war jedenfalls von vornherein in
Aussicht genommen. Nach Pirkheimers Mit-
teilung flüchteten damals wegen der von Ende
1519 an herrschenden pestartigen Seuche viele
seiner Freunde mit Weib und Kind auf die
umliegenden Dörfer. Er selbst hatte sich nach
Nennhof bei Lauf begeben. Ob dieser Um-
stand auch bei Dürer vou Eiusluß auf die
Reisedispositionen war, entzieht sich unserer
Beurteilung.
Von Venedig hatte er einst nach Hause
geschrieben: „Hier bin ich ein Herr, daheim
-Hn den Jahren, die durch die Beschäftigung
für den Kaiser charakterisiert sind, wie
in der darauf folgenden Zeit mochte Dürer
sich in sehr wechselnder Stimmung befinden.
Er hatte reichlich zuthun, aber die Aufgaben,
die ihm gestellt waren, mußten mit Ausnahme
der Randzeichnungen zu dem Gebetbuche doch
oft wie einengende Schranken wirken. Seine
Hand machte allerdings ans den gegebenen
Themen, was zu machen war, aber uns tritt
dabei nur zu klar vor die Seele, welch er-
schreckend kleinlichen Zuschnitt das öffentliche
Leben in Deutschland angenommen hatte. Die
Ungleichheit, die den Werken jener Jahre an-
haftet, ist offenbar der Reflex eines hemmen-
den Druckes, der auf dem Meister lastete.
Eine Befreiung und eine Epoche neuen Auf-
schwungs brachte der Aufenthalt in den Nie-
derlanden, der in die Zeit vom Juli 1520
bis Juli 1521 fällt.
Ein Regierungswechsel jener Zeit stellte
gar viele Rechtstitel in Frage; so zahlte die
Stadt auch Dürer die fälligen 200 Gulden
nicht ans, die Kaiser Maximilian ihm in
Augsburg angewiesen hatte. Sie verlangte
eine Bestätigung von Seite des neuen Herr-
schers. Ebenso war eine solche für das bis
dahin bezogene Leibgeding von 100 Gulden
nötig. Dürers Reiselust wurde da durch den
Wunsch geweckt, von Karl V., der in den Nie-
derlanden erwartet wurde, jene Verleihungen
verbrieft zu sehen. Förderlich mochte dem Ge-
danken an einen längeren Aufenthalt daselbst
dann die Hoffnung sein, dort durch Absatz von
Kunstblättern Gewinn zu erzielen. Daß er aus
Freundschaft, wie man doch wohl annehmen
muß, Holzschnitte Schäufeleius und Hans Bal-
duugGriens miteinpackte, beweist,wievielman
sich von einer solchen Gelegenheit versprach.
Recht lockend mußte es dem Meister er-
scheinen, die reichen niederländischen Städte
zu sehen, von deren Pracht und Kunstliebe
der Vater schon dem Knaben erzählt hatte.
Antwerpen, sein eigentliches Reiseziel, war
als Handelsplatz das London der damaligen
Zeit und beherbergte zugleich eine ansehnliche
Malergilde. Ein Mitglied derselben war kein
Geringerer als Quentin Massys. An ein Zu-
sammentreffen mit andern Malern, z. B. mit
Lueas von Leyden, hatte Dürer vielleicht auch
schon im voraus gedacht. Sonnig mochte es
in seinen: Innern aussehen, als am 12. Juli
1520 von dem allbekannten Dürerhaus weg
sein Wagen nach dem Thiergärtner Thor hin
sich in Bewegung setzte. Diesmal drückte ihn
keine durch die Reise veranlaßte Schuldenlast
wie im Jahre 1505, als es nach Venedig ging.
Als berühmter Künstler und freier Mann zog
er nun hinaus, um die Stätten des damaligen
Weltverkehrs kennen zu lernen, um zu schauen
und zu bewundern und mehr an den Werken
anderer sich zu freuen, als selbst zu schaffen.
Daß Fran und Magd ihn begleiteten, deutet
bestimmt darauf hin, daß die Sorge um das
Leibgeding nur einer neben andern Reise-
zwecken war. Ein längerer Aufenthalt in der
Fremde war jedenfalls von vornherein in
Aussicht genommen. Nach Pirkheimers Mit-
teilung flüchteten damals wegen der von Ende
1519 an herrschenden pestartigen Seuche viele
seiner Freunde mit Weib und Kind auf die
umliegenden Dörfer. Er selbst hatte sich nach
Nennhof bei Lauf begeben. Ob dieser Um-
stand auch bei Dürer vou Eiusluß auf die
Reisedispositionen war, entzieht sich unserer
Beurteilung.
Von Venedig hatte er einst nach Hause
geschrieben: „Hier bin ich ein Herr, daheim