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Albrecht Dürer.
seits weist sie in der Durchführung wieder
vorwärts auf verwandte Strömungen in der
späteren holländischen Malerei.
Außer dein, von dem siächsischenKurfürsten
gewünschten Bilde, hatte noch im Jahre 1507
der Kaufmann Jacob Heller in Frankfurt einen
Flügelaltar bestellt, und im nächsten Jahre kam
der weitere Auftrag, ein Altarbild für die neu-
gestiftete Kapelle des Zwölfmännerhauses in
Nürnberg zu malen. Das Glück schien gün-
stig, indes die Bezahlungen, die geleistet wur-
den, wareu nicht entsprechend. Als jenes für
dieAllerheiligenkirche in Wittenberg bestimmte
Bild der Hinrichtung der Zehntausend fertig
war, schreibt Dürer an Heller si daß er nur
280 Gulden dafür erhalten habe. „Es ver-
zehrts einer schier dabei", fügt er hinzu. Nicht
lange darauf hatte er unerquickliche Auseinan-
dersetzungen mit Heller selbst über das gleiche
Thema. Dürer war eben kein Geschäftsmann.
Begeistert für seine Kunst wiegte er sich,
wenn Bestellungen kamen, nur zu sehr iu
dem Traume, etwas Schönes und Vollendetes
schaffen zu können; mit Feuereifer ging er an
die Arbeit, und sein Künstlerstolz erlaubte ihm
nicht, Minderwertiges abzugeben. „Bauern-
tafeln" sollten nicht aus feinem Atelier hervor-
gehen?. Hintennach mußte er sich dann über-
zeugen, daß er schlecht gerechnet hatte, wäh-
rend auf der audern Seite Kunstverständnis
nur zu sehr mangelte. Die Korrespondenz mit
Heller ist in dieser Beziehung ein kulturge-
schichtlich höchst merkwürdiges Denkmal. In
Venedig hatte er es besser getroffen. Da fand
er, wie er an Pirkheimer schreibt, so „vernünf-
tige Gelehrte", so gute „Lautenschlager und
Pfeiffer" und Leute so „verständig in Gemäl"
(d. h. mit so viel Verständnis über Gemälde ur-
teilend), daß es ihm „am Herzen sanft that"b.
Es ist rührend zu sehen, wie Dürer nach
dem Höchsten strebt. Besorgt nm sein Bild wie
ein Vater nm sein Kind, möchte er es nur in
sorgsamster Ausführung und herrlichstem Far-
benglanz hinausgehen lassen, damit es durch
ungetrübte Schönheit noch die fernsten Ge-
schlechter erfreue. Der Besteller erweist sich
knauserig und drängt auf Ablieferung, aber
der Meister, der nur etwas Vollkommenes aus
der Hand geben will, braucht über ein Jahr,
Lis er fertig ist. Dank jener Korrespondenz
und der zahlreichen, gerade zu diesem Bilde er-
haltenen Handzeichnungen sind wir über das
Werden jener Tafel so gut unterrichtet, wie
dies bei nicht vielen älteren Kunstwerken der
Fall ist. .Nachdem das Werk nur etwas über
hundert Jahre auf dem Altäre der Frankfurter
Dominikanerkirche gestanden hatte, für den es
von dem Stifter bestimmt worden war, über-
ließen es die Mönche im Jahre 1618 gegen
eine Jahresrente dem Kurfürsten Maximilian
von Bayern. Eine nichts weniger als eben-
bürtige Kopie trat in Frankfurt an seineStelle.
Die ungewöhnliche Schönheit des Bildes fand
selbst in einem Inventare der Kunstschätze der
Münchner Residenz vom Jahre 1627 unver-
kennbaren Wiederhall, leider aber ging es
schon im Jahre 1674 bei einem Brande zu
Gründe, uur die erwähnte Kopie mit den nicht
von Dürer selbst gemalten Flügelbildern hat
sich erhalten.
Dürer war an die Ausführung der Him-
melfahrt Mariä für den Frankfurter Kauf-
mann, denn das war die ihm gestellte Aus-
gabe, iu der Absicht gegangen, nur etwas
durchaus seiner Würdiges zu liefern. Nach
Vollendung der Marter der Zehntausend ver-
tiefte er sich seit dein Frühjahr 1508 ganz in
diese Arbeit. Die vorbereitenden Studien be-
trieb er mit solcher Gründlichkeit, daß er im
August um die Erhöhung des ursprünglichen
Preises von 160 auf 200 Gulden bitten muß,
um nicht gar zu sehr in Schaden zu kommen.
Mit Mühe schlägt er diesen Preis von dem
lediglich kaufmännisch denkenden Besteller her-
aus. Die herrlichen, noch zahlreich vorhande-
nen Handzeichnungen erzählen uns, daß nicht
nur die einzelnen Gestalten, sondern auch Köpfe,
Häude, wie wichtigere Gewandpartieen im
einzelneu aufs sorgfältigste vorher entworfen
und so durchgebildet wurden, daß jene Stücke
fast einen ganz selbständigen Wert haben.
Dürer nimmt natürlich nur die reinsten Far-
ben, er untermalt aufs gewissenhafteste, und
als die Tafel schon fertig ist, übergeht er sie
noch zweimal, um ihr jede mögliche Dauer
zu sichern. Bei der Ablieferung kann er daher
schreiben, daß sie fünfhundert Jahre sauber
uud frisch seiu werde, denn sie sei nicht gemacht,
wie man sonst zu machen pflege. Er mahnt,
sie vor dem Weihwasser zu behüten, und will
in zwei oder drei Jahren selbst kommen, um
sie noch einmal zu firnissen; auch bittet er den
Empfänger, bei der Aufstellung zngegen zu
sein, damit sie nicht beschädigt werde. Es ist
einer der beklagenswertesten Verluste, daß wir
auch sür dieses Bild auf dieKenntnis derKom-
Albrecht Dürer.
seits weist sie in der Durchführung wieder
vorwärts auf verwandte Strömungen in der
späteren holländischen Malerei.
Außer dein, von dem siächsischenKurfürsten
gewünschten Bilde, hatte noch im Jahre 1507
der Kaufmann Jacob Heller in Frankfurt einen
Flügelaltar bestellt, und im nächsten Jahre kam
der weitere Auftrag, ein Altarbild für die neu-
gestiftete Kapelle des Zwölfmännerhauses in
Nürnberg zu malen. Das Glück schien gün-
stig, indes die Bezahlungen, die geleistet wur-
den, wareu nicht entsprechend. Als jenes für
dieAllerheiligenkirche in Wittenberg bestimmte
Bild der Hinrichtung der Zehntausend fertig
war, schreibt Dürer an Heller si daß er nur
280 Gulden dafür erhalten habe. „Es ver-
zehrts einer schier dabei", fügt er hinzu. Nicht
lange darauf hatte er unerquickliche Auseinan-
dersetzungen mit Heller selbst über das gleiche
Thema. Dürer war eben kein Geschäftsmann.
Begeistert für seine Kunst wiegte er sich,
wenn Bestellungen kamen, nur zu sehr iu
dem Traume, etwas Schönes und Vollendetes
schaffen zu können; mit Feuereifer ging er an
die Arbeit, und sein Künstlerstolz erlaubte ihm
nicht, Minderwertiges abzugeben. „Bauern-
tafeln" sollten nicht aus feinem Atelier hervor-
gehen?. Hintennach mußte er sich dann über-
zeugen, daß er schlecht gerechnet hatte, wäh-
rend auf der audern Seite Kunstverständnis
nur zu sehr mangelte. Die Korrespondenz mit
Heller ist in dieser Beziehung ein kulturge-
schichtlich höchst merkwürdiges Denkmal. In
Venedig hatte er es besser getroffen. Da fand
er, wie er an Pirkheimer schreibt, so „vernünf-
tige Gelehrte", so gute „Lautenschlager und
Pfeiffer" und Leute so „verständig in Gemäl"
(d. h. mit so viel Verständnis über Gemälde ur-
teilend), daß es ihm „am Herzen sanft that"b.
Es ist rührend zu sehen, wie Dürer nach
dem Höchsten strebt. Besorgt nm sein Bild wie
ein Vater nm sein Kind, möchte er es nur in
sorgsamster Ausführung und herrlichstem Far-
benglanz hinausgehen lassen, damit es durch
ungetrübte Schönheit noch die fernsten Ge-
schlechter erfreue. Der Besteller erweist sich
knauserig und drängt auf Ablieferung, aber
der Meister, der nur etwas Vollkommenes aus
der Hand geben will, braucht über ein Jahr,
Lis er fertig ist. Dank jener Korrespondenz
und der zahlreichen, gerade zu diesem Bilde er-
haltenen Handzeichnungen sind wir über das
Werden jener Tafel so gut unterrichtet, wie
dies bei nicht vielen älteren Kunstwerken der
Fall ist. .Nachdem das Werk nur etwas über
hundert Jahre auf dem Altäre der Frankfurter
Dominikanerkirche gestanden hatte, für den es
von dem Stifter bestimmt worden war, über-
ließen es die Mönche im Jahre 1618 gegen
eine Jahresrente dem Kurfürsten Maximilian
von Bayern. Eine nichts weniger als eben-
bürtige Kopie trat in Frankfurt an seineStelle.
Die ungewöhnliche Schönheit des Bildes fand
selbst in einem Inventare der Kunstschätze der
Münchner Residenz vom Jahre 1627 unver-
kennbaren Wiederhall, leider aber ging es
schon im Jahre 1674 bei einem Brande zu
Gründe, uur die erwähnte Kopie mit den nicht
von Dürer selbst gemalten Flügelbildern hat
sich erhalten.
Dürer war an die Ausführung der Him-
melfahrt Mariä für den Frankfurter Kauf-
mann, denn das war die ihm gestellte Aus-
gabe, iu der Absicht gegangen, nur etwas
durchaus seiner Würdiges zu liefern. Nach
Vollendung der Marter der Zehntausend ver-
tiefte er sich seit dein Frühjahr 1508 ganz in
diese Arbeit. Die vorbereitenden Studien be-
trieb er mit solcher Gründlichkeit, daß er im
August um die Erhöhung des ursprünglichen
Preises von 160 auf 200 Gulden bitten muß,
um nicht gar zu sehr in Schaden zu kommen.
Mit Mühe schlägt er diesen Preis von dem
lediglich kaufmännisch denkenden Besteller her-
aus. Die herrlichen, noch zahlreich vorhande-
nen Handzeichnungen erzählen uns, daß nicht
nur die einzelnen Gestalten, sondern auch Köpfe,
Häude, wie wichtigere Gewandpartieen im
einzelneu aufs sorgfältigste vorher entworfen
und so durchgebildet wurden, daß jene Stücke
fast einen ganz selbständigen Wert haben.
Dürer nimmt natürlich nur die reinsten Far-
ben, er untermalt aufs gewissenhafteste, und
als die Tafel schon fertig ist, übergeht er sie
noch zweimal, um ihr jede mögliche Dauer
zu sichern. Bei der Ablieferung kann er daher
schreiben, daß sie fünfhundert Jahre sauber
uud frisch seiu werde, denn sie sei nicht gemacht,
wie man sonst zu machen pflege. Er mahnt,
sie vor dem Weihwasser zu behüten, und will
in zwei oder drei Jahren selbst kommen, um
sie noch einmal zu firnissen; auch bittet er den
Empfänger, bei der Aufstellung zngegen zu
sein, damit sie nicht beschädigt werde. Es ist
einer der beklagenswertesten Verluste, daß wir
auch sür dieses Bild auf dieKenntnis derKom-