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Albrecht Dürer.

Den Kaiser Maximilian, der viel an den
Rnhm seines Geschlechtes, vor allem aber doch
an den eigenen Nachrnhm dachte, mußte mehr
als andere der Gedanke beschäftigen, als Tri-
umphator vor der Mit- nnd Nachwelt zn er-
scheinen und sich dadurch als deu ebenbürtigen
Nachfolger der römischen Kaiser vor der Welt
zu legitimieren. Aber freilich die Mittel, die
ihm für seine Absichten zu Gebote standen,
waren von denen der Vorzeit gründlich ver-
schieden. Daß der Kaiser zur Errichtung einer
Triumphpforte lediglich auf eine bildliche
Darstellung in Holzschuitt-sich angewiesen sah,
ist für die Verhältnisse jener Zeit in Deutsch-
land höchst charakteristisch.
Der Gedanke an die Dürftigkeit der Mit-
tel drängt sich nm so mehr auf, da in der
Unterschrift der Dürerschen Ehrenpforte noch
ausdrücklich ans die stolzen „nrcnm triumxllu-
1s8" Hingelviesen ist, welche den römischen
Herrschern in der Welthauptstadt errichtet
wurden. Anders werden wir allerdings ur-
teilen, wenn wir, von weiteren Erwägungen
absehend, die vielen schönen Blätter ins Auge
fassen, aus denen jene Werke sich zusammen-
setzen. Dann gewinnen wir den Eindruck,
daß hier in ihrer Art Prachtwerke künstleri-
schen Schassens vorliegen, die jeder Zeit zur
Ehre gereichen würden. Maximilian hat durch
sie erreicht, daß sein Andenken nicht nur in
der litterarischen Überlieferung fortlebt. Der
Neuabdrnck der Holzstöcke, der vor einigen
Jahren vorgenommen wurdest hat für die
Besucher vou Mufeeu uud Bibliotheken die
Erinnerung an ihn aufs neue wieder allent-
halben recht lebendig werden lassen.
Die beiden genannten Holzschnittwerke
gewinnen, wie die Forschung der jüngsten
Zeit festgestellt hat, erst ihre volle Bedeutung,
wenn wir sie wieder als Teile eures großen
Cyklus betrachten, der das Leben des Kaisers
in poetischem nnd allegorischen! Gewände zn
perherrlichen bestimmt warst Die Fahrt des
ritterlichen Prinzen nach Burgund, um die
Tochter Karls des Kühnen, Maria, zu freien,
sollte in einem Werke, Freydalb genannt, ge-
schildert werden, der andern Fahrt, welche
der Vermählung galt, ist der bekannte Theuer-
dank^ gewidmet, der Weisknnig d.i. der weise
König, bietet dann die Lebens- und Regie-
rungsgeschichte des Herrschers. Die Macht-
stellung Maximilians, die einer der Schnitte
bis nach Indien reichen läßt, und des Fürsten

glänzendes Hervortreten bei frohen, ritter-
lichen Festen, wie seine Bethütignng in den
mannigfachsten Künsten des Friedens und
des Krieges sollten mit dem Triumphwagen
des Kaisers als Mittelpunkt in der langen
Reihe von Seenen und Festwagen vergegen-
wärtigt werden, ans denen sich der „Triumph-
zug" zusammensetzt, und folgerichtig reiht sich
daran weiter ein Triumphbogen, „die Ehren-
pforte" st an deren Wand über drei Durchgän-
gen, genannt „Pforte des Adels", „Pforte der
Ehre nnd Macht" nnd „Pforte des Lobes" der
Kaiser inmitten von Seenen nnd Gestalten
verherrlicht ist, die wiederum seinen: Thun in
Krieg nnd Frieden, feinem weitreichenden Herr-
schaftsrecht und dem Adel seiner Abkunft gel-
ten. Hier sind auch die römischen Kaiser als
seine Vorgänger dargestellt. Ein Werk über
die österreichischen Heiligen und eine Genea-
logie des Kaiserhauses war gleichfalls in die-
sem Zusammenhang geplant. So umfassende,
halbgelehrte Werke bedurften vielfacher Vor-
arbeiten von anderer Seite, aber auch die
Zahl der mit der endgültigen Ausführung
betrauten Künstler konnte nicht ganz gering
sein. Wer alles durch Vermittlung des Augs-
burger Stadtschreibers Peutinger herangezo-
gen wurde, das ist erst in unserer Zeit wieder
klargestellt worden. Hier hat uns jedoch nur
der Auteil Dürers zu beschäftigeu. Vor allem
war ihm die Ehreupforte zugefalleu.
Eiue Vorstellung vou demAufbau des Gan-
zen giebt die nebenstehende, kleine Abbildung
(Abb. 42). In Wirklichkeit setzt sich dieser Tri-
umphbogen ans 92 großen Blättern zusam-
men, die einzeln betrachtet werden sollten st
Die Mannigfaltigkeit dessen, was nach dem
Beirat des kaiserlichen Geschichtsschreibers,
Mathematikers und gekrönten Dichters Sta-
bius dargestellt werden mußte, schloß einen
ebenmäßigen, freien Aufbau aus. Eine das
Einzelne dem Ganzen unterordnende Gliede-
rung war nicht zu erreichen. Vor allem galt
es, neben kleinen Pforten eine mächtige Wand-
fläche zu gewinnen, selbst die flankierenden
beiden Türme sind ganz mit Darstellungen
überdeckt. Im Jahre 1515 war mit Beihilfe
einiger anderer Meister der Entwurf des gro-
ßen Werkes vollendet, geschnitten waren indes
die Holzstöcke noch nicht alle, als der Kaiser
im Jahre 1519 starb.
Wenn wir neben einen solchen Auftrag die
Aufgaben halten, die um jene Zeit den Künst-
 
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