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Offener Brief an den österreichisch en Wirthschafts-Director rc.

aufnehmen? Keine Arbeitskräfte, keine, auch nicht die geringste
Mühe nehmen sie in Anspruch. Man laste sie nur wachsen,
man gönne ihnen nur ihre Existenz, den bescheidenen Himmels-
pflanzen, und hoch und üppig werden sie gedeihen. Einmal
in den Boden hineingebracht, bleibe» sie ihm treu als beständige
Freunde und Verlusten ihn nie wieder, so daß wir ganz ohne
Plage und Kosten dieselben durch den Fruchtwechsel binnen
fünf Jahren unfern 100,000 Morgen auf ewige Zeiten einoer-
leibt haben werden.

Herrliche Aussicht!!! Nun werden Sie fragen: Was machen
wir mit der ungeheuer» Menge Ouecken? denn nach fünf Jahren
ernten wir sie jährlich von 100,000 Morgen, deren Ertrag per
Morgen mit 500 Centnern gering veranschlagt, 50 M i l l i o n e n
Centner beträgt. Leicht ist die Antwort: Die Ouecken sind
nämlich beinahe zu allen Bedürfnisten des Lebens höchst dien-
lich : Sie geben grün Futter für das Vieh, sie geben Streu,
Brennmaterial, Brod, Leinwand, Stricke rc. — kurz, ihr Nutzen
ist allzu vielseitig, allzu unberechenbar, daß weder Raum noch
Zeit gestatten, hier in Details einzugehen; genug, wenn ich
annehme, daß wir den Centner mit einem halben Thaler, mit-
hin die50 M i l l i o n e n C e n t n e r mit 25 M i l l i o n e n THa-
ler verwerthen, so ist das eine enorm bescheidene Annahme,
welche von dem wirklichen Resultate unendlich übertroffen wer-
den wird.

Nun komme ich noch auf einige andere, von mir erdachte
prächtige Industriezweige, die einen fabelhaften Profit abwcrfen
müssen. Erstens legen wir eine großartige Wurst- und Schinken-
fabrik an, deren Producte nach den cultivirten Staaten Amerika's,
nach England, Frankreich, den Niederlanden und Deutschland,
ja selbst bis Rußland herrlich abzusetzen sind. Es müssen jähr-
lich mindestens 1 M ill i o n Schweine geschlachtet werden. Die
Unterhaltung und Mästung dieser Thiere kostet gar Nichts;
denn nach meiner neuen originellen Idee, die gewiß auch Ihren
werthen Beifall erhalten wird, soll dies mit Meerschweinen
bewerkstelliget werden. Die Meerschweine kosten aber wieder
gar Nichts; denn sie fressen Nichts und vermehre» sich
binnen kurzer Zeit ungeheuer. Es muß also, gering veran-
schlagt, jedes Schwein 50 Thaler bringen, was wieder eine
baare Einnahme von 50 Millionen Thaler gibt, den herr-
lichen, fetten Dünger nicht zu rechnen, der gratis hinzukömmt.

Da überall Disteln in Menge wachsen, so ist cs mein wei-
terer Plan, eine großartige Ese lszuch t anzulegen. Dies wäre
äußerst rentabel, wegen des Pe r g ame nts, das so theuer be-
zahlt wird. Dabei bleiben noch das Fleisch, die Knochen, die
Milch und der Dünger vortheilhaft zu verwerthen. Aus dieser
kurzen Darstellung werden Sie begreifen, daß 1 Million
jährlich geschlachteter Esel mindestens einen Netto-Gewinn von
50 Millionen Thalern abwersen muß.

Nun komme ich noch zu einer ganz eigenen Sache, die mir
ganz zufällig einfiel, und welche — so sonderbar sie auch
im Anfänge scheinen mag — dennoch, wie ich voraussetze, bei
Ihnen, der Sie über alle Vorurtheile hinaus sind, großen
Beifall finden wird. Ich war nämlich einmal in Karlsbad in

Böhmen, und sah da Leute, welche reich wurden durch den
Handel mit zum Pfeifen gelernten Gimpeln. Dieses Geschäft
muß im Großen ungeheure Summen abwerfen. Gesetzt wir
verkaufen jährlich 1 M i.l l i o n abgerichteter Gimpeln, und lösen
durchschnittlich zehn Thaler für ein Stück, so beträgt das z e h n
Millionen Thaler!!! Dabei bleibt noch eine Unmaffe des
kräftigsten Düngers (Guano.)

Das Futter für die Gimpeln kostet nichts; denn es werden
an allen Wegen, Gräben. Feldrainen u. dgl. die sogenannten
Ebreschen, oder rothen Vogelbeerbäume angepflanzt — ein Lieb-
lingsfutter der Gimpel. — Diese sind nun in schwachen Um-
rissen nur meine Gedanken; doch wieviel ließe sich da noch
mit Ihrem reichbegabten Talente verbessern und hinzufügen.

Wollen Sie mein Anerbieten amrehmen, so biete ich Ihnen
freie Ueberfahrt, freie Station, 10°/0 Tantieme von dem
gesummten Netto - Gewinne sämmtlicher Wirthschafts - und
Industrial - Unternehmungen, endlich bei etwa eintretender
Dienstunfähigkeit eine angemessene Pension für sich und Ihre
sämmtlichen Verwandten und Erben.

Einer beistimmenden Antwort hoffnungsvoll cntgegensehend,
zeichnet sich hochachtungsvoll

Ihr ergebenster

«. B.
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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Offener Brief an den österreichischen Wirthschafts-Director H. Simon Rappelkopf zu T.....n"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
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Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Auswanderer <Motiv>
Vögel <Motiv>
Ast
Karikatur
Satirische Zeitschrift
Amerika

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Künstler/Urheber (GND)
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Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 11.1850, Nr. 248, S. 63

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