170 Münchener Ballgespräche.
E r. „Ueberhaupt ist cs sehr angenehm heute Abend, recht
animirt."
Sie. „Ja, sehr animirt!"
(Der Walzer ist zu Ende — sie gehen vergnüg! auseinander.)
II.
Die Gerniithlichcn.
Sie. „Ja, ich versichere Sie, an so einem Balltag —
man ist ein ganz andrer Mensch. Man hat schon ganz andre
Empfindungen, wenn man in der Früh aus dem Bett heraussteigt."
Er. „Das ist aber wahr, das ist schon wahr."
S i e. „Und das ist auch gewiß, daß man seinem Mitmenschen
viel mehr gönnt, als sonst. Ich wenigstens, wenn ich als mit
der Mutter in die Kirch geh', da schließ ich alle meine besiern
Tänzer in mein Gebet ein und bitt' den lieben Schutzengel,
daß mich keiner umwerfen macht' und daß es keine Confusion gibt."
Er. „Und da fällt Ihnen vielleicht auch unser Einer ein.
Sie Vergißmeinnicht, Sie lieb's."
Sie. „Nu, hent beim Evangeli sind Sie mir wirklich
ein wenig eingefallen — denn letztes Mal bei der Franxaise
waren Sie schon recht lieb; ich muß's sagen, wie es ist."
Er. „Ta wie ich Ihnen die Geschichte erzählt Hab', wie
der mit dem Speck die Enten fangt?"
Sie. „Ja, das war recht gemüthlich. Wenn ich's nicht
schon gehört hätte, ich könnt's noch zehn Mal hören. Ich
hab's auch der Mama erzählt. Die läßt sich extra bedanken !
bei Ihnen."
Er. „Ist ja nicht der Mühe werth, so Dummheiten weiß !
ich noch hundert."
Sie. „Und das hat mir auch so gefallen, wie Sie immer
hinter der Fräulein Schnippelhauser die lange Nase gemacht
haben — die verdient das schon, weil sie gar so gescheidt thut —"
Er. „Und so unnatürlich spricht, so hochdeutsch —"
Sie. „Und was ist denn ihr Vater? — ein Maler. Und
ihre Mutter? — o mein!"
Er. „Und lauter, so übertriebene Herrn sind dabei — so
affectirte —"
Sic. „Und doch kommt keiner, der —"
Er. „Versteh' Ihnen schon — am Ende ist das doch die
Hauptsache —"
Sie. „Freilich, die Mutter sagt's alle Tage, es kommt ihr
gar nicht darauf an, ob ich viel oder wenig Courmacher habe,
wenn ich nur einen bekomme, der mich hcirathet."
Er. „ho, ho, so ein liebes Gesichterl mit so einem präch-
tigen Stumpfnaserl wird man doch nicht überlassen!"
Sie. „Nu, wer weiß, was geschieht."
E r. „Aber, Fräulein Nannerl, weil Sie mich heute früh
nicht vergessen haben, so muß ich Ihnen morgen auch einen
Gefallen thun. Ta schick' ich Ihnen zum Frühstück die neueste
Nummer vom Punsch hinüber — ich Hab' sie gerade geschnipst
unten im Lesezimmer."
Sie. „Ah, ah, ah, das ist aber nicht schön!"
Er. „Warum denn? Es ist ja nur Spaß. Und was.
kommt's denn der Gesellschaft darauf an, ob sie die Nummer
hat oder nicht? Ich habe jetzt fast den ganzen Jahrgang bei-
sammen, bis auf drei, vier Blätter, und da ist mir so ein
Pensionist zuvorgekommen, so ein alter Zopf, den man gleich
hinausballotiren sollte aus einer anständigen Gesellschaft."
Sie. „Aber warum denn so zornig?"
Er. „Ist schon wahr, so was kann mich ärgern, wenn so
alte Leute auch noch daher kommen."
S i e. „Ich will Ihnen was sagen, ich habe die alten Leute
nicht ungern, wenn sie nur nicht zu früh nach Hause gehen.
Jetzt mit meiner Mutter komm' ich immer recht gut aus."
Er. „Und haben sie doch schon bald neunzehn Jahr —"
Sie. „Jawohl und heule bleibt sie bis nach dem Cotillon."
Er. „Bis nach dem Cotillon! Cotillon? fällt Ihnen da
gar nichts ein?"
Sie. „Nu, wenn ich Sie finde, so hol' ich Sie auch,
aber in der Nähe mäßen Sie sein, denn in's Rauchstübel geh'
ich nicht hinunter."
<Berneigk sich lächelnd und schließt das Gespräch.)
m.
Schriftsteller und Leserin.
Sie. „Endlich habe ich doch auch Ihre „Sieben Wochen
in der Fremde" zu lesen."
Er. „Die vor drei Jahren erschienen sind?"
E r. „Ueberhaupt ist cs sehr angenehm heute Abend, recht
animirt."
Sie. „Ja, sehr animirt!"
(Der Walzer ist zu Ende — sie gehen vergnüg! auseinander.)
II.
Die Gerniithlichcn.
Sie. „Ja, ich versichere Sie, an so einem Balltag —
man ist ein ganz andrer Mensch. Man hat schon ganz andre
Empfindungen, wenn man in der Früh aus dem Bett heraussteigt."
Er. „Das ist aber wahr, das ist schon wahr."
S i e. „Und das ist auch gewiß, daß man seinem Mitmenschen
viel mehr gönnt, als sonst. Ich wenigstens, wenn ich als mit
der Mutter in die Kirch geh', da schließ ich alle meine besiern
Tänzer in mein Gebet ein und bitt' den lieben Schutzengel,
daß mich keiner umwerfen macht' und daß es keine Confusion gibt."
Er. „Und da fällt Ihnen vielleicht auch unser Einer ein.
Sie Vergißmeinnicht, Sie lieb's."
Sie. „Nu, hent beim Evangeli sind Sie mir wirklich
ein wenig eingefallen — denn letztes Mal bei der Franxaise
waren Sie schon recht lieb; ich muß's sagen, wie es ist."
Er. „Ta wie ich Ihnen die Geschichte erzählt Hab', wie
der mit dem Speck die Enten fangt?"
Sie. „Ja, das war recht gemüthlich. Wenn ich's nicht
schon gehört hätte, ich könnt's noch zehn Mal hören. Ich
hab's auch der Mama erzählt. Die läßt sich extra bedanken !
bei Ihnen."
Er. „Ist ja nicht der Mühe werth, so Dummheiten weiß !
ich noch hundert."
Sie. „Und das hat mir auch so gefallen, wie Sie immer
hinter der Fräulein Schnippelhauser die lange Nase gemacht
haben — die verdient das schon, weil sie gar so gescheidt thut —"
Er. „Und so unnatürlich spricht, so hochdeutsch —"
Sie. „Und was ist denn ihr Vater? — ein Maler. Und
ihre Mutter? — o mein!"
Er. „Und lauter, so übertriebene Herrn sind dabei — so
affectirte —"
Sic. „Und doch kommt keiner, der —"
Er. „Versteh' Ihnen schon — am Ende ist das doch die
Hauptsache —"
Sie. „Freilich, die Mutter sagt's alle Tage, es kommt ihr
gar nicht darauf an, ob ich viel oder wenig Courmacher habe,
wenn ich nur einen bekomme, der mich hcirathet."
Er. „ho, ho, so ein liebes Gesichterl mit so einem präch-
tigen Stumpfnaserl wird man doch nicht überlassen!"
Sie. „Nu, wer weiß, was geschieht."
E r. „Aber, Fräulein Nannerl, weil Sie mich heute früh
nicht vergessen haben, so muß ich Ihnen morgen auch einen
Gefallen thun. Ta schick' ich Ihnen zum Frühstück die neueste
Nummer vom Punsch hinüber — ich Hab' sie gerade geschnipst
unten im Lesezimmer."
Sie. „Ah, ah, ah, das ist aber nicht schön!"
Er. „Warum denn? Es ist ja nur Spaß. Und was.
kommt's denn der Gesellschaft darauf an, ob sie die Nummer
hat oder nicht? Ich habe jetzt fast den ganzen Jahrgang bei-
sammen, bis auf drei, vier Blätter, und da ist mir so ein
Pensionist zuvorgekommen, so ein alter Zopf, den man gleich
hinausballotiren sollte aus einer anständigen Gesellschaft."
Sie. „Aber warum denn so zornig?"
Er. „Ist schon wahr, so was kann mich ärgern, wenn so
alte Leute auch noch daher kommen."
S i e. „Ich will Ihnen was sagen, ich habe die alten Leute
nicht ungern, wenn sie nur nicht zu früh nach Hause gehen.
Jetzt mit meiner Mutter komm' ich immer recht gut aus."
Er. „Und haben sie doch schon bald neunzehn Jahr —"
Sie. „Jawohl und heule bleibt sie bis nach dem Cotillon."
Er. „Bis nach dem Cotillon! Cotillon? fällt Ihnen da
gar nichts ein?"
Sie. „Nu, wenn ich Sie finde, so hol' ich Sie auch,
aber in der Nähe mäßen Sie sein, denn in's Rauchstübel geh'
ich nicht hinunter."
<Berneigk sich lächelnd und schließt das Gespräch.)
m.
Schriftsteller und Leserin.
Sie. „Endlich habe ich doch auch Ihre „Sieben Wochen
in der Fremde" zu lesen."
Er. „Die vor drei Jahren erschienen sind?"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Münchner Ballgespräche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 11.1850, Nr. 262, S. 170
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg