Münchner Ballgcspräche. 171
Sie. „Nu, ich war noch froh, daß ich sie jetzt bekommen habe.
Da passen noch ganz andre darauf, wie die Gräfin Jxenbüx
und die Baronin Büffelwitz und solche vornehme Leute. Das
ist dasselbige Freiexemplar, wiffen Sie, das Sie damals in
: Starenberg der.Generalin Stuckimfeld gegeben haben und den-
ken Sie sich, an dem Exemplar hat nun die ganze Ludwigs-
straße gelesen, auf und ab durch alle vier Stockwerke! das
muß für den Verfasser doch recht schmeichelhaft sein."
Er. „Es geht ihm nichts darüber!"
S i e. „Und nun, wenn ich fertig bin, aber bei mir gehts
ziemlich langsam, also in vier Wochen — da bekommts dann
nicht die Gräfin oder die Baronin, sondern zuerst bekomnits
die Minchen Rüsselmaier und die schickts dann nach Passau,
wo ihre Schwester sehr glücklich verheirathet ist an den Stadt-
gerichtsrath Stempelfex und nun freut sich schon ganz Passau
auf das Freiexemplar. Von da macht's dann eine recht schöne
Reise durch den bayerischen Wald und meine alte Cousine in
Amberg, die will's auch lesen, weil sie selbst einmal sieben
Wochen in der Fremde war und da will fie's vergleichen."
Er. „War sie auch im Süden?"
Sie. „Nein, in der Lausitz und da herum."
Er. „Weit auseinander!"
S i e. „Das thut nichts, sie vergleichts doch und von Am-
berg geht das Freiexemplar weiter herum in der obern Pfalz
und über Kelheim, wo dem Minchen seinem Vater sein Jugend-
freund Afleffor ist, geht's vielleicht wieder hieher. Da darf
sich aber nachher mein armes Minchen schon was kosten lasten
für den neuen Einband, denn wie das Buch zurückkommt,
das kann man sich denken. Meine Tante hat's voriges Fahr
auch schon einmal binden lasten. Das war in der Ludwigs-
straße so schmutzig geworden, daß sie gefürchtet hat, die Gene-
ralin nimmts gar nicht wieder."
Er. „Ach, die gute Tante! Es geschieht in München
doch immer etwas für Bücher und Literatur."
Sie. „Aber haben Sie denn sonst gar nichts mehr ge-
schrieben seit den sieben Wochen in der Fremde?"
(Der Tänzer aus dem nächsten Paare rechts). „Wissen Sie
denn nicht, Fräulein Dagoberta, daß der Herr Doctor erst eine
kleine Dorfgeschichte herausgegeben hat. die eßbare Trompete,
glaub' ich —"
Sie. „Ach ja, wie man nur so vergeßlich sein kann! Da
hat die Großmutter von Würzburg erst geschrieben, daß sie der
Schwägerin in Aschaffenburg so gut gefallen F weil sie so kurz
ist. Ach da könnten Sie mir wohl ein Exemplar verehren!"
Er (gereizt). „Ich habe keines mehr zu versenden."
(Tänzer rechts). „Es kostet aber auch nur sechs Dreier,
wenn Sie lieber wollen, drei Sechser."
Sie. „Ja, das hilft mir nichts. Die Mutter sagt, für
solche Sachen gibt man kein Geld aus. Und dann sagt sie
auch: die wahre Bildung lernt man nur aus den Büchern,
die man schon hat, und aus dem Umgang mit Männem.
Aber jetzt fällt mir wieder was ein — haben Sie mir nicht
in der letzten Carneval gesagt. Sie werden mir etwas schicken,
ein Geschichtchen oder so was und das soll ich dann Jemand
geben. Sie wiffen schon wem. Wo bleibt denn das?"
E r. (seufzt unwirsch).
So manchen Kelch trank ich zu Balbck aus.
Schon manchen auch zu Bagdad und Damask,
Doch dieser ist der bitterste von allen —
(Der Tänzer aus dem nächsten Paare links. „Wiffen Sie denn
nicht, Fräulein, daß der Herr Doctor eine Novelle in die
fliegenden Blätter geschrieben hat, die wahrscheinlich dazu be-
stimmt war. Das Meerschaumweibchen, glaub' ich."
Er (ärgerlich). „Die Seenixe, wenn ich bitten darf, welche
ich bereits auf der Jakobi-Dult Ihrem Herrn Onkel übergeben
habe, in der angenebmen Hoffnung, daß sie so recht bald in
Ihre Hände und aus diesen an Fräulein Rezia gelangen würde,
und daß Sie mir jetzt auf Dreikönig sagen könnten, wie sie
ihr gefallen hat."
Sie (sich besinnend). „Das steckt gewiß noch in dem
grüncarrirten Sommerrock, den der Onkel damals ausgetragen
hat. Da muß ich morgen meine Tante bitten, daß sie den
Sommerrock und sämmtliche Morgenfräcke und Paletots aus
der damaligen Zeit durchsucht. Und wenn er's nicht auf dem
Spaziergang verloren und die Tante nicht seitdem die Röcke
verkauft hat, so wirds vielleicht noch zu finden sein und meine
liebe Rezia bekommts dann auch nach und nach. Aber in der
Carneval liest sie nichts und in der Fasten lernt ste's Kochen,
und so wird sie wahrscheinlich nicht daran kommen bis im
Sommer in Partenkirchen. So um Michaeli werd' ich Ihnen
dann schon sagen können, wie es ihr gefallen hat."
Er. „O wie glücklich werd' ich sein!"
Sie. „Nu, ich war noch froh, daß ich sie jetzt bekommen habe.
Da passen noch ganz andre darauf, wie die Gräfin Jxenbüx
und die Baronin Büffelwitz und solche vornehme Leute. Das
ist dasselbige Freiexemplar, wiffen Sie, das Sie damals in
: Starenberg der.Generalin Stuckimfeld gegeben haben und den-
ken Sie sich, an dem Exemplar hat nun die ganze Ludwigs-
straße gelesen, auf und ab durch alle vier Stockwerke! das
muß für den Verfasser doch recht schmeichelhaft sein."
Er. „Es geht ihm nichts darüber!"
S i e. „Und nun, wenn ich fertig bin, aber bei mir gehts
ziemlich langsam, also in vier Wochen — da bekommts dann
nicht die Gräfin oder die Baronin, sondern zuerst bekomnits
die Minchen Rüsselmaier und die schickts dann nach Passau,
wo ihre Schwester sehr glücklich verheirathet ist an den Stadt-
gerichtsrath Stempelfex und nun freut sich schon ganz Passau
auf das Freiexemplar. Von da macht's dann eine recht schöne
Reise durch den bayerischen Wald und meine alte Cousine in
Amberg, die will's auch lesen, weil sie selbst einmal sieben
Wochen in der Fremde war und da will fie's vergleichen."
Er. „War sie auch im Süden?"
Sie. „Nein, in der Lausitz und da herum."
Er. „Weit auseinander!"
S i e. „Das thut nichts, sie vergleichts doch und von Am-
berg geht das Freiexemplar weiter herum in der obern Pfalz
und über Kelheim, wo dem Minchen seinem Vater sein Jugend-
freund Afleffor ist, geht's vielleicht wieder hieher. Da darf
sich aber nachher mein armes Minchen schon was kosten lasten
für den neuen Einband, denn wie das Buch zurückkommt,
das kann man sich denken. Meine Tante hat's voriges Fahr
auch schon einmal binden lasten. Das war in der Ludwigs-
straße so schmutzig geworden, daß sie gefürchtet hat, die Gene-
ralin nimmts gar nicht wieder."
Er. „Ach, die gute Tante! Es geschieht in München
doch immer etwas für Bücher und Literatur."
Sie. „Aber haben Sie denn sonst gar nichts mehr ge-
schrieben seit den sieben Wochen in der Fremde?"
(Der Tänzer aus dem nächsten Paare rechts). „Wissen Sie
denn nicht, Fräulein Dagoberta, daß der Herr Doctor erst eine
kleine Dorfgeschichte herausgegeben hat. die eßbare Trompete,
glaub' ich —"
Sie. „Ach ja, wie man nur so vergeßlich sein kann! Da
hat die Großmutter von Würzburg erst geschrieben, daß sie der
Schwägerin in Aschaffenburg so gut gefallen F weil sie so kurz
ist. Ach da könnten Sie mir wohl ein Exemplar verehren!"
Er (gereizt). „Ich habe keines mehr zu versenden."
(Tänzer rechts). „Es kostet aber auch nur sechs Dreier,
wenn Sie lieber wollen, drei Sechser."
Sie. „Ja, das hilft mir nichts. Die Mutter sagt, für
solche Sachen gibt man kein Geld aus. Und dann sagt sie
auch: die wahre Bildung lernt man nur aus den Büchern,
die man schon hat, und aus dem Umgang mit Männem.
Aber jetzt fällt mir wieder was ein — haben Sie mir nicht
in der letzten Carneval gesagt. Sie werden mir etwas schicken,
ein Geschichtchen oder so was und das soll ich dann Jemand
geben. Sie wiffen schon wem. Wo bleibt denn das?"
E r. (seufzt unwirsch).
So manchen Kelch trank ich zu Balbck aus.
Schon manchen auch zu Bagdad und Damask,
Doch dieser ist der bitterste von allen —
(Der Tänzer aus dem nächsten Paare links. „Wiffen Sie denn
nicht, Fräulein, daß der Herr Doctor eine Novelle in die
fliegenden Blätter geschrieben hat, die wahrscheinlich dazu be-
stimmt war. Das Meerschaumweibchen, glaub' ich."
Er (ärgerlich). „Die Seenixe, wenn ich bitten darf, welche
ich bereits auf der Jakobi-Dult Ihrem Herrn Onkel übergeben
habe, in der angenebmen Hoffnung, daß sie so recht bald in
Ihre Hände und aus diesen an Fräulein Rezia gelangen würde,
und daß Sie mir jetzt auf Dreikönig sagen könnten, wie sie
ihr gefallen hat."
Sie (sich besinnend). „Das steckt gewiß noch in dem
grüncarrirten Sommerrock, den der Onkel damals ausgetragen
hat. Da muß ich morgen meine Tante bitten, daß sie den
Sommerrock und sämmtliche Morgenfräcke und Paletots aus
der damaligen Zeit durchsucht. Und wenn er's nicht auf dem
Spaziergang verloren und die Tante nicht seitdem die Röcke
verkauft hat, so wirds vielleicht noch zu finden sein und meine
liebe Rezia bekommts dann auch nach und nach. Aber in der
Carneval liest sie nichts und in der Fasten lernt ste's Kochen,
und so wird sie wahrscheinlich nicht daran kommen bis im
Sommer in Partenkirchen. So um Michaeli werd' ich Ihnen
dann schon sagen können, wie es ihr gefallen hat."
Er. „O wie glücklich werd' ich sein!"
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Münchner Ballgespräche"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 11.1850, Nr. 262, S. 171
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg