Fliegende Blätter (15.1852 (Nr. 337-360))

Des Vaters Zorn nicht auf Dein Haupt zu laden,

Muß ich, Geliebte, an Dein Fenster schleichen,

Den Blick der Menschen flieh'nd, auf ncicht'gen Pfaden;

Um grüßend Dir die treue Hand zu reichen,

Um zu bekennen Dir, wie ich Dich liebe,

Wie der Plebejer liebt das Kind des Reichen.

O trübe Zeit, wenn scheu, gleich einem Diebe,

Sich Lieb' und Treue muß in Nacht verbinden,

Auf daß verborgen vor der Welt sie bliebe!

O trübe Zeit, wenn sich zwei Herzen finden,

Nur um sich schmerzlich wieder zu verlieren,

Das Weh der Sehnsucht ewig zu empfinden!

Nie wird Dein Haupt die Myrthenkrone zieren,

Nie wird ein Priester segnend uns vereinen,

Ein Andrer wird Dich einst durchs Leben führen!

In Deinem Aug', dem thränenfeuchten, reinen,

Seh ich den Strahl des Mondes sich bespiegeln:

Der Freiheit Bild will mir darin erscheinen,

Die trauernd schmachtet hinter eh'rnen Riegeln!

Ed. Ille.