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Humanitäts-Fortschritt.
Martin. „Wenn's meinen, so will ich halt einen Kalbs-
brmen essen."
Arzt. „Gut, liebster Gypsreiber,"
Martin. „Um eine besiere Matrazen lhät ich auch bitten,
ich lieg wie aus einem Pflaster."
Arzt. „Hm, hart, sehr hart. Kühhaar, Kühhaar! Nun,
leb wohl und sorge für deine Gesundheit."
Dritte Scene.
Commissär. „He! Warum behandelt er den Martin so
barsch? Will er seinen Platz verlieren?"
Gerichtsdiener. „Ich bin bei dem Geschäft ausgewachsen
und kann —"
Commissär. „Still, ich kenn' euch. Ihr haßt feine
Formen, ihr rohen Leute."
Gerichtsdiener. „Roh? Der Märtel soll sagen, ob ich
ihm einen einzigen Stoß geben Hab."
Commissär. „KeinenStoß, aber Kuhfleisch! Kuhfleisch!"
Gerichtsdjener. „Herr Commissär, die Frau Liebste
hat selbst schon Kuhfleisch heimgetragen und ich —“
Commissär. „Wir? Einfältiger Mensch, wir resiortiren
! nicht zur leidenden Menschheit."
Gerichtsdiener. „Das begreif' ich nichtrechk, aber—"
Commissär. „Er muß es verstehen lernen. Der Staat
ist eine idealische Person und darf sich keine Grausamkeit er-
lauben. Mit dem Eintritt in den Kerker beginnt sür den
Verhafteten der besondere Schutz des Staates, der den Un-
glücklichen nur durch eigene Humanität zur Reimnenschlichkeit
zurücklciten kann. Bring er jetzt den Gypsreiber."
Vierte Scene.
Commissär. „Platz genommen, guter Gypsreiber."
Martin. „Ich bitt'."
Commissär. „Ohne Umstände. Sind Sie mit der Be-
handlung bester zufrieden?"
Martin. „Bis auf die Matraze, gnädiger Herr."
Commissär. „Ich werde Ihnen die meinige schicken."
Martin. „O Sie sind mein Engel. Ich Hab aus den
Tag Angst, wo ich von dem gnädigen Herrn scheiden muß."
Commissär. „Wir wollen uns nicht erweichen, guter
Gypsreiber."
Martin. „Ja, es ist gewiß wahr, ich thue jetzt vor der
Freiheit wahrhaft zittern."
Commissär. „Du wirst noch ein vortrefflicher Mensch."
Martin. „Hu, hu, erlauben's, daß ich Ihre Hand küß'."
Commissär. „Keine Sklavenzeichen, Marlin!"
Gerichtsdiener (für sich). „Das ist doch gar zu human
oder wie man das curiose Ding heißt."
Commissär. „Adieu, ich schicke die Matraze."
Fünfte Scene.
Gerichtsdiener. „Herr Commiffär! Herr Commiffär!"
Der Commissär. „Was gibt eö denn? Ist das Gerichts-
haus eingefallen?"
Gerichtsdiener. „Der Marti—ist auf und davon."
Der Commissär. „Posten!"
Gerichtsdiener. „Und die Matraze mit."
Der Commissär. „Auch entflohen, ha, ha!"
Gerichtsdiener. „Die Malraze ist zerschnitten zu Stücken,
der Martl hat sich dran heruntergelaffen und die Haare voraus
geworfen. Da schauen's nur hinein in die Keuche."
Commissär. „Faktisch wahr aber psychologisch nicht zu j
erklären."
Humanitäts-Fortschritt.
Martin. „Wenn's meinen, so will ich halt einen Kalbs-
brmen essen."
Arzt. „Gut, liebster Gypsreiber,"
Martin. „Um eine besiere Matrazen lhät ich auch bitten,
ich lieg wie aus einem Pflaster."
Arzt. „Hm, hart, sehr hart. Kühhaar, Kühhaar! Nun,
leb wohl und sorge für deine Gesundheit."
Dritte Scene.
Commissär. „He! Warum behandelt er den Martin so
barsch? Will er seinen Platz verlieren?"
Gerichtsdiener. „Ich bin bei dem Geschäft ausgewachsen
und kann —"
Commissär. „Still, ich kenn' euch. Ihr haßt feine
Formen, ihr rohen Leute."
Gerichtsdiener. „Roh? Der Märtel soll sagen, ob ich
ihm einen einzigen Stoß geben Hab."
Commissär. „KeinenStoß, aber Kuhfleisch! Kuhfleisch!"
Gerichtsdjener. „Herr Commissär, die Frau Liebste
hat selbst schon Kuhfleisch heimgetragen und ich —“
Commissär. „Wir? Einfältiger Mensch, wir resiortiren
! nicht zur leidenden Menschheit."
Gerichtsdiener. „Das begreif' ich nichtrechk, aber—"
Commissär. „Er muß es verstehen lernen. Der Staat
ist eine idealische Person und darf sich keine Grausamkeit er-
lauben. Mit dem Eintritt in den Kerker beginnt sür den
Verhafteten der besondere Schutz des Staates, der den Un-
glücklichen nur durch eigene Humanität zur Reimnenschlichkeit
zurücklciten kann. Bring er jetzt den Gypsreiber."
Vierte Scene.
Commissär. „Platz genommen, guter Gypsreiber."
Martin. „Ich bitt'."
Commissär. „Ohne Umstände. Sind Sie mit der Be-
handlung bester zufrieden?"
Martin. „Bis auf die Matraze, gnädiger Herr."
Commissär. „Ich werde Ihnen die meinige schicken."
Martin. „O Sie sind mein Engel. Ich Hab aus den
Tag Angst, wo ich von dem gnädigen Herrn scheiden muß."
Commissär. „Wir wollen uns nicht erweichen, guter
Gypsreiber."
Martin. „Ja, es ist gewiß wahr, ich thue jetzt vor der
Freiheit wahrhaft zittern."
Commissär. „Du wirst noch ein vortrefflicher Mensch."
Martin. „Hu, hu, erlauben's, daß ich Ihre Hand küß'."
Commissär. „Keine Sklavenzeichen, Marlin!"
Gerichtsdiener (für sich). „Das ist doch gar zu human
oder wie man das curiose Ding heißt."
Commissär. „Adieu, ich schicke die Matraze."
Fünfte Scene.
Gerichtsdiener. „Herr Commiffär! Herr Commiffär!"
Der Commissär. „Was gibt eö denn? Ist das Gerichts-
haus eingefallen?"
Gerichtsdiener. „Der Marti—ist auf und davon."
Der Commissär. „Posten!"
Gerichtsdiener. „Und die Matraze mit."
Der Commissär. „Auch entflohen, ha, ha!"
Gerichtsdiener. „Die Malraze ist zerschnitten zu Stücken,
der Martl hat sich dran heruntergelaffen und die Haare voraus
geworfen. Da schauen's nur hinein in die Keuche."
Commissär. „Faktisch wahr aber psychologisch nicht zu j
erklären."
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Humanitäts-Fortschritt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Kommentar
abweichende Titelschreibweise ("Humanitäts-Fortschritt" statt "Humanitäts-Fortschritte"
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Thema/Bildinhalt (normiert)
Gefängnisausbruch <Motiv>
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 15.1852, Nr. 355, S. 148
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg