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Moden über die Welt.

Welttheilen sehr viel Malerisches, besonders für die Männer,
und ich habe wirklich nie im Leben einen pittoreskeren, kleid-
sameren Anzug gesehen, als den der Südamerikanischen Gauchos,
wenn sie zu Pferde sitzen, wohin sie auch eigentlich nur gehören.

Die Füße stecken bei den xentlemen xanebos in feinen
Lederstiefeln, bei den gewöhnlichen in der abgezogenen Haut
eines jungen Pferdes, die Beine in weißen gestickten Unterhosen
und eine vberipa — ein großes Tuch, das hinten im Gürtel
befestigt, zwischen den Knieen durchgezogen und vorn wieder
ebenfalls in den Gürtel eingesteckt ist, — fällt an der Seite in
offenen Falten nieder. Ein breiter Ledergürtel, reich gestickt
und statt der Knöpfe mit großen Spanischen Dollarn, ja bei
recht reichen Gauchos sogar mit Unzen besetzt, umschließt seine
Taille, und eine kurze tuchene Jacke, mit kleinen silbernen Knö-
pfen, schließt oben über dem feinen weißen Hemd, über das hin
noch ein rothseidenes Tuch lose gebunden theils den Staub ab-
hält, theils zur Zierrath dient; die langen schweren Sporen
dabei an den Hacken, am Handgelenk die gewichtige Revenka
und das oft zwei Fuß lange Messer, mit feinem Elfenbein oder
Perlmuttergriff hinten im Gürtel, daß es die herumgreifende
rechte Hand leicht erreichen kann, das Alles steht den schlanken,
schwarzhaarigen, dunkeläugigen Söhnen der Pampas vortrefflich
— wenn sie sich nur nicht, zu förmlichem Hohn des unteren
Menschen einen schwarzen Cylinderhut oben darauf stülpten,
und damit die ganze Poesie förmlich zum Fenster hinauswürfen.

Auch die Tracht der Mexikanischen Männer ist in der
Art mit den an den Seiten aufgeschlitzten und mit silbernen
Knöpfen und Hacken bedeckten Oberhosen und der buntfarbigen
Serage, kleidsam und malerisch und wird durch den breit-
rändigen Hut auch keineswegs entstellt.

Ueberhaupt haben die Mexikaner die größte Fertigkeit
ihre Seragen oder Ponchos zu weben und die feinsten, denen sie
herrliche Farben zu geben wissen, und die nicht selten mit
Goldfaden durchwoben sind, kosten oft bis zu drei und vier-
hundert Dollar das Stück.

Aber wollte ich nach all den verschiedenen Richtungen
abzweigen, auf alle die Einzelheiten eingehen, ich würde nicht
fertig — und noch schlimmer, ich würde langweilig und nun
zum Schluß will ich noch ein paar Worte über den Moment
im Leben des Wilden sagen, wo ihm die Mode zum ersten
Mal dämmert und er sich dem Wahn hinzugeben beginnt,
daß die Tracht, in der er bis jetzt ■— er fürchtet fast zum
Skandal der Menschheit umhergegangen, — noch einiger Ver-
besserung fähig sei. Fast alle Stämme entwickeln darin, wie
das ja auch sehr leicht erklärlich ist, die nämlichen Symptome,
und ich bin fest davon überzeugt, daß sich unsere Vorväter,
die alten biederen Cherusker und Hetrusker, ebenso linkisch
benommen haben, als sie ihr Schild und ihre Streitaxt an
einen Baum lehnten und in das erste paar Hosen, natürlich
verkehrt — hineinfuhren, als es all die anderen Stämme
noch heut zu Tage, und unter ähnlichen Verhältnissen thun.

Die Wilden sind dabei wie die Kinder, und der Beweis
schon, daß ihnen all diese fremden Kleidungsstücke nicht nöthig,
daß sie nur ein Bedürfniß sind, tvelchcs die tveißen Männer

erst nach und nach in ihnen erwecken, damit sie ihnen später
desto weniger entgehen können, ist der, daß sie all derartige
Sachen von Anfang an nur als eine Art von Schmuck be-
trachten, den sie dahin binden, wo er ihnen am besten gefällt.
So habe ich einst einen Californischen Wilden gesehen, der
vollkonimen nackt, sich ein Borhemdchen mit Perlmutterknöpfchen
wie einen Bergmannsschurz umgebunden hatte, und der Austra-
lische Wilde, der sich aus einer Hose eine Jacke gemacht, indem

er ein Loch in's Kreuz geschnitten und den Kopf dahindurch-
gesteckt, ging mit seinem neuen Kleid eben so ernsthaft und
gravitätisch umher, als ob er in alle möglichen unsinnigen
Kleidungsstücke zum Ersticken eingezwängt, hoffähig angezogen
hinter deni Stuhle eines unserer Allerhöchsten gestanden hätte.

Nach und nach erst gewöhnt er sich daran; der kleine
Wilde sieht seinen Vater eine Jacke tragen und er denkt sich,
gerade wie es bei uns die Kinder machen — wann Du doch
auch erst ein Vater wärst und eine Jacke tragen könntest.
So Pflanzt sich's von Geschlechtern zu Geschlechtern, jede
Generation will ein Verdienst haben und ein Stück dazu
thun, bis nachher zuletzt ein Menschenkind daraus wird, das
mehr verschiedene Kleidungsstücke und Stückchen an sich trägt,
als Deutschland Staaten hat.

Wir und die Wilden tragen denn auch unseren Staat
und unsere Staaten mit Würde, nur daß bei den Wilden noch
der natürliche Sinn zu leicht die Oberhand gewinnt, und ein
paar Südseeländer, die sich unverhofft im Frack begegnen, fast
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Moden über die Welt"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Hose
Mode <Motiv>
Schurz
Nutzungsänderung
Indigenes Volk <Motiv>
Karikatur
Kleidung <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Amerika

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 18.1853, Nr. 427, S. 146
 
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