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Hd q-itünaserne^/"'' ^oilamtevn ' 48T» den Band von 24 Nummern 3 fl. 36 kr. R.-W. '
_^_® _JLP__t°»e ii angenommen. od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. R.-W. od. 3 ggr.
Pädagogische Briefe.
II.
Meine Theuerste!
War es der mehr der Erde zugelvandte Theil der weibli-
chen Jugend, dessen Ausbildung in meinem vorigen Briefe uns
beschäftigte, so lassen Sie uns jetzt auf einen höheren, edleren
Theil des weiblichen Organismus kommen. Hatten wir es dort
zu thun mit zwar subtilen, aber doch sehr untergeordneten Be-
ziehungen. so lassen Sie uns hier einem Gegenstände Rechnung
tragen, welcher geeignet ist. sobald sich eine rationelle Pädagogik
seiner bemächtigt, den Mittelpunkt des gesummten weiblichen Le-
bens zu bilden. — Sie errathen, was ich meine. — das weib-
liche Auge!
Es gab auch eine Zeit, wo ich glaubte, das weibliche Auge
sei vor allen Dingen dazu bestimmt, damit zu sehen — eine
Anschauung der Dinge, deren kindliche Naivität ich jetzt belächle.
Wer. wie ich. Geehrteste, oft Gelegenheit hat. junge Damen,
wie sie aus der Hand des Schöpfers oder doch des Hauslehrers
kommen, näher zu beachten, der wird mir zugestehn, daß es
nichts Entsetzlicheres, nichts für ächten weiblichen Sinn Verletzen-
deres gibt, als weibliche Augen, denen man es ausieht. daß sie
blos dazu gut sind, damit zu sehen. Ja — offen sei es be-
kannt — ich weiß nicht, ob ich junge Damen mit solchen
Augen mehr bedauern würde, wenn sie gänzlich blind geboren
wären.
Sie können Sich hiernach denken, wie sehr es mir von
vorn herein am Herzen lag. gegen dieses große Gebrechen, wel-
ches ich mit dem technisch-pädagogischen Ausdrucke „weibliche
Augenverwahrlosung" bezeichne, Mittel und Wege zu finden.
Wie weit meine desfallsigen Bemühungen vorgeschritten sind,
werde ich in diesem Briefe Ihnen mittheilen.
Es ist sonderbar, daß. während bei den christlichen Nati-
onen Europas man noch gar nicht zur Erkenntniß jenes Ge-
i brechens gekommen ist, die muhamedanischen Türken schon längst
, über dasselbe im Klaren sind. Freilich ist die Art. wie sie dem-
selben abhelfen, sehr originell. Weil sie wohl wissen, es fehlt
ihren Frauen und Töchtern an der nöthigen pädagogischen Durch-
bildung, um ihre Augen mit wahrer Energie, mit wahrer weib-
j licher Anmuth. und deßhalb auch mit wahrem Erfolge brauchen
zu können, so dringen sie darauf, daß durch einen dichten Schleier
dieser Mangel an weiblicher Bildung dem Auge der Welt ent-
zogen werde. — Daher der Schleier im Orient! —
Doch kommen wir zu dem. was ich bis jetzt in Bezug auf
diesen Punkt gedacht und erreicht habe. Vorerst gehören, das
werden Sie nicht lüugnen. meine Theuerste. zu einem geordneten,
ausgebildetcn. weiblichen Blicksysteme normale, d. h.. etwas
große Augen. Kleine Augen, und wenn sic mit noch so viel
Präcision und feiner Nüancirung gehandhabt werden, stehen
immer hinter größeren zurück, vorausgesetzt, daß die Anwendung
der letzteren nicht aller Energie und alles Systems entbehrt.
Nun hatten aber meine sämmtlichen Pensionärinnen eher kleine,
als große Augen. Was war da zu beginnen?
Grübelnd über diesem Probleme, erinnerte ich mich früher
einmal gelesen zu haben, daß gefangene Bewohner eines dunkeln
j Raumes nach einiger Zeit die sie umgebenden Gegenstände wie -
! am Hellen Tage erblicken können, indem in der Dunkelheit die
I Augen sich ausdehnen. Wenn die Augen sich ausdehnen, so
müssen sie nothwendiger Weise größer werden — schloß ich. —
| Erhebender Gedanke, die Wahrnehmungen verzweifelnder Thurm-
; bewohner. ihrer bemächtigt sich die Theorie der weiblichen Päda-
i gogik. um durch sie zarten Jungfrauen das Palladium edler '
I Weiblichkeit zu spenden, ein seelenvolles Auge!
Zunächst kam es darauf an. einen passenden Raum zu
konstruiren. dunkel genug, um die Ausdehnung der Augen zu
bewirken, und doch geeignet zum Aufenthalte von jungen Damen
! aus den gebildeten Ständen, mit einem Worte — auch hier
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_^_® _JLP__t°»e ii angenommen. od. 2 Rthlr. Einzelne Nummern kosten 12 kr. R.-W. od. 3 ggr.
Pädagogische Briefe.
II.
Meine Theuerste!
War es der mehr der Erde zugelvandte Theil der weibli-
chen Jugend, dessen Ausbildung in meinem vorigen Briefe uns
beschäftigte, so lassen Sie uns jetzt auf einen höheren, edleren
Theil des weiblichen Organismus kommen. Hatten wir es dort
zu thun mit zwar subtilen, aber doch sehr untergeordneten Be-
ziehungen. so lassen Sie uns hier einem Gegenstände Rechnung
tragen, welcher geeignet ist. sobald sich eine rationelle Pädagogik
seiner bemächtigt, den Mittelpunkt des gesummten weiblichen Le-
bens zu bilden. — Sie errathen, was ich meine. — das weib-
liche Auge!
Es gab auch eine Zeit, wo ich glaubte, das weibliche Auge
sei vor allen Dingen dazu bestimmt, damit zu sehen — eine
Anschauung der Dinge, deren kindliche Naivität ich jetzt belächle.
Wer. wie ich. Geehrteste, oft Gelegenheit hat. junge Damen,
wie sie aus der Hand des Schöpfers oder doch des Hauslehrers
kommen, näher zu beachten, der wird mir zugestehn, daß es
nichts Entsetzlicheres, nichts für ächten weiblichen Sinn Verletzen-
deres gibt, als weibliche Augen, denen man es ausieht. daß sie
blos dazu gut sind, damit zu sehen. Ja — offen sei es be-
kannt — ich weiß nicht, ob ich junge Damen mit solchen
Augen mehr bedauern würde, wenn sie gänzlich blind geboren
wären.
Sie können Sich hiernach denken, wie sehr es mir von
vorn herein am Herzen lag. gegen dieses große Gebrechen, wel-
ches ich mit dem technisch-pädagogischen Ausdrucke „weibliche
Augenverwahrlosung" bezeichne, Mittel und Wege zu finden.
Wie weit meine desfallsigen Bemühungen vorgeschritten sind,
werde ich in diesem Briefe Ihnen mittheilen.
Es ist sonderbar, daß. während bei den christlichen Nati-
onen Europas man noch gar nicht zur Erkenntniß jenes Ge-
i brechens gekommen ist, die muhamedanischen Türken schon längst
, über dasselbe im Klaren sind. Freilich ist die Art. wie sie dem-
selben abhelfen, sehr originell. Weil sie wohl wissen, es fehlt
ihren Frauen und Töchtern an der nöthigen pädagogischen Durch-
bildung, um ihre Augen mit wahrer Energie, mit wahrer weib-
j licher Anmuth. und deßhalb auch mit wahrem Erfolge brauchen
zu können, so dringen sie darauf, daß durch einen dichten Schleier
dieser Mangel an weiblicher Bildung dem Auge der Welt ent-
zogen werde. — Daher der Schleier im Orient! —
Doch kommen wir zu dem. was ich bis jetzt in Bezug auf
diesen Punkt gedacht und erreicht habe. Vorerst gehören, das
werden Sie nicht lüugnen. meine Theuerste. zu einem geordneten,
ausgebildetcn. weiblichen Blicksysteme normale, d. h.. etwas
große Augen. Kleine Augen, und wenn sic mit noch so viel
Präcision und feiner Nüancirung gehandhabt werden, stehen
immer hinter größeren zurück, vorausgesetzt, daß die Anwendung
der letzteren nicht aller Energie und alles Systems entbehrt.
Nun hatten aber meine sämmtlichen Pensionärinnen eher kleine,
als große Augen. Was war da zu beginnen?
Grübelnd über diesem Probleme, erinnerte ich mich früher
einmal gelesen zu haben, daß gefangene Bewohner eines dunkeln
j Raumes nach einiger Zeit die sie umgebenden Gegenstände wie -
! am Hellen Tage erblicken können, indem in der Dunkelheit die
I Augen sich ausdehnen. Wenn die Augen sich ausdehnen, so
müssen sie nothwendiger Weise größer werden — schloß ich. —
| Erhebender Gedanke, die Wahrnehmungen verzweifelnder Thurm-
; bewohner. ihrer bemächtigt sich die Theorie der weiblichen Päda-
i gogik. um durch sie zarten Jungfrauen das Palladium edler '
I Weiblichkeit zu spenden, ein seelenvolles Auge!
Zunächst kam es darauf an. einen passenden Raum zu
konstruiren. dunkel genug, um die Ausdehnung der Augen zu
bewirken, und doch geeignet zum Aufenthalte von jungen Damen
! aus den gebildeten Ständen, mit einem Worte — auch hier