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15. Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- -r _ ~ ^

’ Handlungen, sowie von allen Postämtern und E2? rnm»

Zeitungsexpeditionen angenommen.

Erscheinen wöchentlich. Subscriptionsprels V VIII Ud
für den Band von 28 Nummern 3 fl. 54 kr. _ *

ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. ob. 2*/a Sgr.

Vier und zwanzig Ltundcn auf dem Ltnffcn-
bergc.

lFortsetzung.)

„Ist mein Hoffen eitel gewesen, Helene?" sprach ich nach
einer längern, qualvollen Pause wieder mit bebender Stimme,
„vielleicht gar vermessen?" Wiederum tiefes Schweigen; aber
ihre und meine Brust athmeten hörbar. „Oder wird die trau-
liche Laube heut Abend unseren Worten und unserer Rede lau-
schen?" Sie kämpfte, sie rang mit sich, ich sah's deutlich; denn
ich hörte ja den Schlag ihres Herzens. Sie wollte reden und
konnte doch nicht; die Lippen fügten sich nicht dem Willen der
Seele. Endlich preßte sie, ohne die Augen aufzuschlagen, fast
unhörbar leise hervor: „Vielleicht!" und—war verschwunden.

„Vielleicht!" o du süßes Wort aus dem Munde einer ver-
schämten Jungfrau, dem Anschein nach so leicht, so nichtssagend,
so wenig bedeutsam und doch so schwerwiegend, so bündig, so
geheimnißvoll! — dem Wortlaut nach fast ablehnend und dem
geheimen Sinne nach voll heiliger Zusage! „Vielleicht!" rief ich
in lautem jubelnden Entzücken aus, „o du köstlichstes, himm-
lischstes aller Worte, viel reizender als ein nackles, plumpes Ja,
und dabei doch so voll seliger Verheißung! O daß ein Som-
mertag so lang, so unendlich lang währt!" seufzte ich dazwi-
schen, „noch nicht einmal Mittag und vor Abends geht die
Sonne gewiß nicht unter! Ach! fast fürcht' ich, sie thut mir's
zum Possen und geht heut später wie sonst unter, gerade heut,
wo ich wünschte, daß sie einige Stunden früher unterginge, daß
sie schon im Sinken begriffen wäre. Doch nein! nein! noch
nicht!" rief ich plötzlich wieder aus; denn mir fuhr auf einmal
der Gedanke an den Kräuselfritz durch die Seele. So lange
der hier oben war, hatte ich ja alle Freuden und Annehmlich-
keiten eines regelrechten Belagerungszustandes zu genießen. „ Wie
soll ich ungesehen von ihm heut Abend in den Kirschberg ge-
langen? Umspürt er nicht das ganze Hans wie der Fuchs den

Hühnerstall! Und wenn es mir auch gelänge, wird der Uner-
trägliche nicht dem Mädchen auf Schritt und Tritt nachschleichen
und ihm folgen und sich dann, mir nichts dir nichts, zu uns
gesellen in die Laube, die doch nur für Zwei Platz hat?" Ach
der Himmöl verzeih' mir's, der Mensch war mir jetzt rein un-
ausstehlich. Und konnte ihm nicht der Kellner zufällig meine
Anwesenheit verrathen? Die Gelegenheit dazu konnte sich ja
leicht genug machen, da Jean, der uns gestern Abend als gute
Bekannte zusammengesehen hakte, ihn ja wieder erkannt haben
konnte. Dem mußte ich unter allen Umständen vorzubeugen
suchen. Schnell entschlossen trat ich in die Vorthür des Hauses,
um den Jean zu suchen. Ich glaubte seine Stimme oben zu
hören und sprang eiligst die Treppe hinauf, mich nach allen
Seiten vor dem Kräuselfritz sichernd wie ein Häslein, wenn's
Abends den Wald verläßt und in's Feld hinaustritt. Glück-
licher Weise traf ich ihn sogleich, nämlich den Jean, und suchte
zunächst zu erforschen, ob er den Kräuselfritz wieder erkannt
habe. Hatte er s nicht, braucht' ich nicht zu fürchten, daß er
ihm meine Anwesenheit verriethe. Ich klopfte also, wie man
zu sagen pflegt, auf den Busch und fragte so leicht hingeworfen
wie im Vorübergehen: „Jean, wer mag lvohl der Herr mit dem
schivarzen Lockenkopfe sein, der sich schon eine ganze Weile drau-
ßen aushält?" Jean sah mich mit großen Augen an, ehe er
antwortete: „Ich — ich kenn' ihn nicht, durchaus nicht!" —
„Desto besser für mich!" dacht' ich bei mir. — „Wenigstens
glaub' ich nicht so gut," fuhr der Verschmitzte lauernd fort,
„als Sie ihn kennen müssen, da er ja mit noch zwei Anderen
als ihr Reisegefährte gestern mit Ihnen gekommen und Nachts
ein Zimmer mit Ihnen gctheilt hat." — „Verflucht gute Me-
in orie, solche Kellner!" dachte ich, sprach aber rasch mich fassend:
„Ganz recht, mein Lieber, der ist's, den ich meine. Und nun,
da ich sehe, daß keine Personenverwechslung zu fürchten, so —
nimm diesen Thaler," sprach ich weiter und drückte ihm einen

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