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Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- m Erscheinen wöchentlich. Subscriptionspreis für XVIII.8ö

Handlungen, sowie von allen Postämtern und den Band von 24 Nummern 3 fl. 36 kr. R.-W.^_

tungsexpedition en angenommen. od. 2 Rihlr. Einzelne Nummern kosten 12kr. R.-W. od. 3ggr.

Bier und zwanzig Stunden auf dem Stuffen- !
berge.

Daß ich auch möchte ruh'n einmal.
Und wär's nur eine Weile."

Schelmisch lachend fuhr sie sogleich fort:

„Doch wo ich klopfe an die Thür
Und um ein Plätzchen bitte.

Da heißt es barsch: „Was willst Du hier
Mit Deiner fremden Sitte?"

Die unbefangene Weise, mit der Helene Walther auf den
von mir eigentlich aus bloßer Verlegenheit angeschlagenen Ton
der Unterhaltung eingiug, hatte mich sogleich über eine gewisse
Unbeholfenheit in der Unterhaltung mit Damen, wenn diese nur
im Austausch nichtssagender, aber herkömmlicher Phrasen und
fader Complimente besteht, glücklich hinweg geholfen; ich fühlte
mich auf einem Terrain, aus dem ich ziemlich zu Hause war
und segnete im Stillen den Emanuel Geibel aus der Fülle

(Forlseyung.)

„Das war Recht!" platzte ich unwillkürlich, aber unbe-
dachtsam hinter der Hecke hervor und hätte mich beinahe ver-
rathen. Nun war der Kräuselfritz zwar rasch wieder auf den
Füßen; aber das Mädchen war doch noch rascher und behender
und wußte besser Bescheid. Gleich einer Gazelle des Morgen-
landes hüpfte sie die Stufen vollends hinauf. Wie segnete ich
sie in Gedanken um dieser Eile willen. Ich war übrigens noch
schneller wie sie und sprang, Gott gebe, daß mich Niemand
beobachtet, in großen Sätzen, wie ein Heupferd, in das ge-
müthliche, behagliche Familienzimmer zurück, in der Erwartung,
daß sie auch dahin kommen werde. Und wirklich, sie folgte mir
auf dem Fuße nach, viel, viel zu rasch in Betracht der Auf-
regung und des ungesammelten Zustandes, in welchem ich mich
befand. Sie trat herein, ohne mich in dem ersten Augenblicke
im Zimmer zu bemerken, sah aber sofort, daß irgend Jemand
über ihren Noten gewesen war. Denn die Sonata appassionata
lag noch aufgeschlagen auf dem Instrumente. Rasch sah sie sich
um und — ein Schreck, ein lebhafter Schreck, aber auch ein
freudiger Schreck, denn was konnte das liebliche Erröthen ihrer
Wangen und das hold verlegene Zucken ihres Mundes anders
bedeuten, flog über ihr anmuthiges, holdseliges Gesicht. „Ei,
mein Herr Doktor!" sprach sie schnell gefaßt, „wie haben Sie
mich erschreckt! Ich glaubte Sie ja längst auf der Roßtrappe.
Wo kommen Sie denn nur wieder her?" Ja, das war's aber
gerade, was ich ihr nicht gleich mit dürren Worten, der Wahr-
heit gemäß, sagen konnte. In dieser Verlegenheit fiel mir zum
Glück ein Vers aus einem der Geibel'schen Gedichte ein, der
eine ziemlich passende Erwiderung auf des Mädchens Frage ent-
hielt. Schnell antwortete ich:

„Ich bin so lang in Berg und Thal
Gewandert manche Meile,

meines Herzens, ohne langes Besinnen in der gngefangenen
Weise fortfahrend:

„Da ich so entsagen müssen
Allem, was mein Herz erbeten.

Laß mich diese Schwelle küsien.

Die dein schöner Fuß betreten.

„Darf ich auch als Ritter nimmer . . . ."

„Genug, genug!" fiel sie mir lachend in's Wort, „ich
sehe. Sie kennen den ganzen Geibel auswendig. Wahrhaftig,
wenn ich's nicht aus Ihrem eig'nen Munde wüßte, daß Sic
Or. Wagner heißen, könnt' ich auf den Gedanken kommen: Sie
pilgerten incognito und seien am Ende der Geibel selbst." Da-
bei ließ sie ihr sinnend forschendes Auge lang auf mir ruhen.
Ich mußte natürlich hell auflachen über diese einzige Idee, in
mir, dem langen, ungeschlachten, steifen Gesellen, den Geibel
zu vermuthen. „Wollte Gott, ich wär's und Geibel wäre da-
für Lehrer an der Quarta an dem Gymnasium zu W.!" rief

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