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Tie Reise.

Herrn Gras's Tagebuch.

^ Weise wieder seine Pfeife anzüiiden, allein siehe da! oh Schrecken!

-den schönen Meerschanmpfeifenkobf mit einen echten silber-

^ ne» Deckel beschlagen, hatte man ihn ans die Tasche in das
j Gedrengle und Geschubse herausseegereibert! Da wollte der
! schivarze Weise gans withend wieder umkehren und den Reiber
den er nicht kannte, mit den Tod bestrafe», allein da hielt ihn !
der eine weiße Weise an den Rock zurück und sagte: Lies,

! ivas da oben an das Thor steht, das heißt: 8unm euigue.

! welches in deine schivarze Sprache übersetzt bedcitet: Vor
Taschendiebe wird gewarnt! — Ta besenfligte sich
der schivarze Weise und sie zogen ruhig von Tannen.

Gans Berlin wartete min hierauf jeden Tag und glaub-
i ten, daß diese Weisen ans ihre Rickreise ihre Stadt wieder be-
; ehren würden möchten. Allein oh >veh! Dieses Warten war
vergeblich und sic warten selbst heute noch immer umsonst, je- !
doch sind diese weisen Könige niemals nicht wieder nach Berlin j
: gekommen. Das haben nun die armen Berliner davon!

Eines aber hatte dieser unverdiente Besuch doch für Ber- j
li» genutzt, nämlich dieses, daß sie sich aus diesen Zufall der j
j Gelegenheit ihre Stadtsarben heraussiichten, welche hießen:

> Schwarz und Weiß! Als Angedechtniß daß diese Könige
i nämlich Einer schwarz und Zweie weiß in ihrer Gesichtsfarbe
hatten. Bon damalicher Zeit also stammen die Stadtfarben j
wie es noch heute in alten Krohnicken zu lesen beschrieben ist.

Bon dieser merkivirdigen Begebenheit hatte nun Kohle
ein großes Tabeloh gemacht, tvelches man einen Kartong
nennt und welches dann mit bunte Farben an die Wand
kohlerirt wird. Kohle wird dieses große Gemälde mit ans .

! die Reise nehmen und es in Berlin an die große bunte >

: Malereiakedimi abgeben, ivelche es vielleicht kaufen ivird, weil ;

| es ein glassisches Kunstwerk ist. Es stellt den schönsten Moa-
: ment dar, wo die drei Könige durch das Thor geritten kommen.

; Borne die Stadträde n. s. w. und hinten die Kinder, der ■
i Böivel u. s. w.; dann tritt der Konstaiveler auf und läßt sich ;

! drei Thaler zahlen und daneben in eine Ecke lehnt der Thor- I
! schreiber, welcher seine 15 Silbergroschen besieht, welches man :

. Staffasche nennt. Auch der hinterdickische Heichler, welcher den !

! schwarzen König die Meerschaumpfeife stielt, ist zu erblicken, so !

! daß man das Ganse kann ein großes Landesfamilichenbild nennen, j

Die weitere Geschichte von Berlin fällt sodann in die !
undurchdringliche Finsternis des Mittelalters, >vo sich die Eiu-
wohner mehrstentheils durch die Kreizzige ernehrten. Erst l
unter den alten Fritzen, welches ein ausgezeichcnder Mohnarch !
war und welcher den dreißigjährlichen Krieg erfinden that, j
wurde Berlin die größte Weltstadt von gans Preißen.

Also schon der sogenannten Ehre wegen, that ich mich :
endschließen, nebst Kohlen Berlin mit unser» Besuch zu beehren. j
Allein meinen Sohn Fritze muß ich zu Hanse laffen, weil in :
Berlin hier und da eine sehr nnsittliche Mohral statfinden soll, !
i und ich möchte mein thalendvolles Söhnchen nicht gern in die
! frihzeitige Berfihrung hineinblickeu lassen. Er wollte erst sehr
: gerne mitgehen, aber als ich ihn durch einige Hiebe von das |
Gegentheil überzeigt hatte, sah er meine väterliche Liebe gans ein. !

Am Montage früh kam der Malermeister Kohle gans
zeitig zu mir mit seine Rcisegatterobe und Bassaschiergebäcke.
Er hatte eine ungeheire große Rolle auf den Ricken, worin
sein großes Bild von den Besuch von den drei weisen Königen >
eingewickelt war; dann trug er wieder seine große Mabbe mit
Zeichenpabier und einen firchterlich großen Zirkel an der Seide. ;
welcher aussehen that wie ein alter Ritterdolch, so sbitzig war
er. Diesen brauchte Kohle zu die Berliner argidccktohnischeü !
Berheltuisse, welches man auch auf deitsch Feldmesse» nennt. :
Und weil nun Kohle auch mehrstentheils dieses Mal wollte!
seine Gemählde in Bund ausmahlen, so hatte er an die andre
Seide ein großes Faß mit Oelfarbe hängen, worin nebst alle j
Kuhleeren auch einige Binsel stecken thaten. Dieses Kvstim !
nannte der Malermeister Kohle einen kinstlerichten Anstrich. !

Und so gingen ivir nun ans den Bahnhof.

Aber allhier wollten die Eisenbahnkondoktvrs Kohlen nicht ,
mit in das Kuhbö einsteigen lassen, weil sie sagten, daß er !
mit sein Gebäck eigentlich doch nur Bassaschiergut und höch-
stens Uebergewichte iväre und erst durch ein gutes Trinkgeld I
gelang es mir, daß bei diesen kleinen dirftigen Kohle von ;
keinem Uebergewicht gar nicht die Rede sein könnte, höchstens !
von das Gegentheil, wie bei die leichten Dukaten, wo man-
chemal noch mehrere Löthe fehlen thn».

Aber so eine Reise nach Berlin ist wirklich keine Klcinig- [
feit nicht und gehört ein sehr starkes Gemieth dazu, um sie j
zu vertragen, weshalb ich mir auch ein gans großes Riechfläsch- |
chen voll Jamaikarum gefillt mitnahm, im Fall daß Einen ,
schlecht iverden thäte. Dieses konimt nämlich daher, iveil so :
wie als man Sachsen verkäst und an die preisische Kränze :
konimt, auf einmal die ganse Gegend aufhört und Alles rein !
Alle wird. Jetzt wo die Eisenbahn durch diese ein Oede hin- :
ivegfehrt, da mag es noch angehen, aber sriher, wo man hat
mit die Bost fahren müffen. da ist dies eine erschrecklichte Bein i
gewesen. Die arme» nnglückseligten Bostillione, ivelche haben
müssen die Bost von Sachsen und Dresden nach Berlin fahren müs- \
feit, sind alle in wenigen Monaten vor Lange Weile v e r r i ck t ge- |
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Herrn Graf's Tagebuch während seines Besuches in Berlin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Stauber, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Gepäck
Zirkel <Instrument>
Übergröße
Gemälde
Karikatur
Eisenbahn <Motiv>
Reisender <Motiv>
Bahnsteig
Satirische Zeitschrift
Berlin

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 22.1855, Nr. 505, S. 3

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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