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35

Wandernde

kehren könne, um eine andere, bedeutendere Mission zu er-
warten.

Gegen die verlangte sofortige Abreise lies; sich nichts Be-
gründetes einwenden, und so verließ denn Emerich noch am
selben Tage das Schloß.

Schon am folgenden Tage kam cs Sepp vor, als hatten
die Diener immer etwas miteinander zu zischeln, wenn er an
ihnen vorüberkam, was früher nie geschah.

Auch siel ihm auf, daß Graf Arthur, der sich sonst den
Tag über meist auf der Jagd befand, nun das Schloß gar
nicht verließ.

Auch Vroni fühlte sich unangenehm berührt, als Graf
Arthur sich verpflichtet zu haben schien, ihr in Abwesenheit
Emerich's zur Seite zu sein.

Als sie sich Abends, wie bisher, von der Gräfin verab-
schiedete, und ihr die Hand küssen wollte, sagte diese:

„Schon gut, mein Kind. Gute Nacht!"

Womit sich die Dame höflich aber steif und förmlich zu
ihrer Kammerfrau wendete.

Vroni brachte die erste schlaflose Nacht im Schloße zu.

Von da an kam der Riß, der sich so Plötzlich nnd ohne
Ursache zwischen der Gräfin und Vroni vollzog, immer schärfer
zum Vorschein.

Vroni war zu stolz, um vor ihrem Bruder zu klagen,
und oft, wenn sie schon in Thronen ausbrechcn wollte, um
Sepp an die Brust zu sinken, beherrschte sie sich immer wieder,
Und verbarg ihren Kummer.

In der Nacht des achten Tages nach Emcrich's Abreise,
als Vroni schon zu Bette war, und sie auch die Gräfin neben
sich zur Ruhe glaubte, trat diese Plötzlich bei ihr ein.

Sie stellte den Doppelleuchter, den sie in der Hand trug,
auf den Tisch und setzte sich mit einer gewissen Feierlichkeit
auf einen Fauteuil gegenüber dem Bette, aus dem sie Vroni
anstarrte.

„Es hilft nichts", sagte die Gräfin, und bemühte sich,
smen milden Ton anzustimmcn, „es hilft nichts, mein Kind,
ich habe, so gerne ich es vermieden hätte, mit Dir zu reden!

- - - Es sind Umstände eingetreten, welche eine Verbindung
Zwischen Dir und meinem Sohne, dem Grafen Emerich, geradezu
Unmöglich machen! ..."

Vroni verhüllte sich das Gesicht mit den Händen, als
wollte sie sich vor dem Anblicke einer furchtbaren Erschei-
nung retten

„Es geht nicht, denn er wird der Fürstin von W.-R.
seine Hand reichen", fuhr die Gräfin ruhig, aber mit schonungs-
! loser Kälte fort.

Vroni zog die Hände vom Gesichte, und das Gesicht einer
Reiche starrte der Gräfin entgegen.

Diese aber ward dadurch nicht im Geringsten aus der
Fassung gebracht.

„Du sollst aber deßhalb nicht von Emerich getrennt
werden, mein gutes, kluges Kind", fuhr die Gräfin freundlich
fort. „Es handelt sich ja nur um die Form. Du sollst
seinem Herzen nahe bleiben. Das Schloß Mirbach, zwei

Musikanten.

Stunden von hier, soll Dir eingeräumt werden, und es ist
selbstverständlich, daß Emerich, wenn er auch der Gatte der
Fürstin ist, Dich dort, so oft ihn sein Herz treibt. . . ."

Die Gräfin konnte nicht aussprechen, denn wie ein
empörter Engel der Rache erhob sich Vroni mit flatterndem
Haare im Bette, und schrie der Gräfin mit lauter, wenn auch
bebender Stimme zu:

„Madame, verlassen Sie sogleich dieses Zimmer!"

Die Gräfin erhob sich mit einem Lächeln aus dem Fauteuil,

warf dem armen Mädchen einen vernichten sollenden Blick zu,
und entfernte sich mit gemessenen Schritten.

Kaum hatte sie die Thüre hinter sich zugemacht, als das
unglückliche Geschöpf sein Gesicht in die Kissen barg und in
lautes Schluchzen ausbrach.

Die Gräfin nebenan mußte den Jammer des armen
Mädchens hören, aber sie kam nicht wieder herein.

Dagegen öffnete sich eine, bisher von Vroni unbemerkt
gebliebene Tapetenthüre in Vroni's Zimmer und — Gras
Arthur trat mit einem Lichte ein.

„Was ist Ihnen, Vroni?" sagte er, und setzte sich neben
ihr Bett auf einen Stuhl.

Vroni glaubte bei dem so geheimnißvollen Erscheinen des
ihr verhaßten Mannes, es sei dieß Alles nichts als ein Bild
ihrer fieberhaft erregten Phantasie.

Sie griff nach dem neben ihr stehenden Glase Wasser,
und wusch sich damit Stirn und Schläfe.

Arthur aber fand sich von den Reizen des jungen Ge-
schöpfes um seinen ganzen Verstand gebracht.

Er setzte sich zu Vroni auf's Bette. Er gab ihr die
süßesten Namen. Er küßte ihre Hände und wollte sie mit
seinen Armen umschlingen — da stieß Vroni einen Schrei aus.

Niemand kam zu Hilfe.

5*
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Wandernde Musikanten"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Bett <Motiv>
Verzweiflung <Motiv>
Kerze <Motiv>
Nacht <Motiv>
Gräfin
Karikatur
Junge Frau <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 58.1873, Nr. 1437, S. 35

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