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hofsen wir, zwei reizende Genrebilder von Gerard Dou und Gerard Ter Borch aus dem Wiener Belvedere, deren
Reproduktion durch den Stich den Künstler gegenwärtig beschäftigt, unseren Mitgliedern in einem der nächsten
Vereinsjahre bieten zu können.
Das Bild van Dijck's, das Fränkel sich gewählt, um seine Kraft an einer würdigen Aufgabe zu erproben,
gehört unter jene zahlreiche Schöpfungen des vlämischen Meisters, welche der Arbeit des Grabstichels gleichsam
entgegenkommen und auch in Weiss und Schwarz eine grosse malerische Wirkung erzielen. Der auf einem Felsblock
ruhende, von Johannes gestützte Leichnam Christi weist jenen anmuthsvollen Fluss der Linien, jene edle Bildung
und Modellirung der Formen auf, die wir an van Dijck vornehmlich bewundern; die Gruppe der trauernden Maria
und der weinenden Magdalena sammt dem vor ihnen stehenden kleinen Engel, welcher die Hand Christi empor-
hebt, um das Wundmal auf derselben zu zeigen, ist besonders energisch bewegt und von erschütterndem Ausdruck;
die dustere Felsenhöhle im Hintergrunde und der umwölkte Abendhimmel stimmen höchst wirksam zu dem tragischen
Vorgange. Das Bild, welches Fränkel reproducirt hat, soll aus dem Besitze des alten Markgrafen von Ansbach-
Bavreuth nach mannigfaltigen abenteuerlichen Schicksalen in die Hände einer armen Witwe in Erlangen gekommen
sein, die es zu Anfang des 18. Jahrhunderts anlässlich einer Sammlung zum Wiederaufbau der 1696 niedergebrannten
St. Ägydikirche in Nürnberg für ewige Zeiten dieser Kirche geschenkt hat, in welcher es einen Ehrenplatz am
Hochaltar einnimmt. Wir haben das Bild leider nie so genau besichtigen können, um über die Echtheit desselben
und der zwischen den Füssen des Heilands angebrachten Bezeichnung uns ein Urtheil erlauben zu dürfen, und
bemerken nur, dass zwei verlässliche Kenner, Dr. Julius Meyer und Dr. Wilhelm Bode, in dem von ihnen kürzlich
veröfsentlichten werthvollen Cataloge des Berliner Museums die Echtheit der in der genannten Sammlung befind-
lichen ganz gleichen und ebenfalls dem van Dijck zugeschriebenen Darsteilung unbestritten lassen, obsehon sie nicht
verschweigen, dass die Bezeichnung des Berliner Bildes von späterer Hand herrührt. Ein weiteres Exemplar des-
selben Bildes, das sich in Stuttgart befinden und dort ebenfalls als Original angesehen werden soll, kennen wir nicht.
Für das von Fränkel als Vorlage benützte Bild spricht der Stich, der auf ein Werk va?i Dijck's deutlich hinweist.
 
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