Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Hirt, Aloys Ludwig
Die Baukunst nach den Grundsätzen der Alten (Text) — Berlin, 1809

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.1740#0223
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
—^ SOI

Achtzehnter Abschnitt.

Von den Treppen.

e,

&'

a &

§. t. Auf die Hehre der Stockwerke lassen wir die Anlage der Treppen folgen. Der
Bau derselben ist wichtig genug, um ihm einen besondern Abschnitt zu widmen.

Die Bauanlage einer schiefen Fläche, um darauf hinan- und herabsteigen zu können»
nennen wir eine Treppe oder, nach dem Sprachgebrauch mancher Gegenden, eine Stiege. In
der Regel hat eine solche schiefe Fläche Tritte oder Stufen mit wagerechten Auftritten. Es
giebt aber auch Treppen, wo der Auftritt der Stufe eine leichte Neigung bildet, und wieder
andere, wo sie entweder ganz ohne Stufen, oder blofs von Schritt zu Schritt mit etwas über-
stehenden Querleisten Versehen ist, um dem Fufse gegen das Abgleiten Halt zu geben. Man
nennet letztere Arten abgedachte, oder auch Britschentreppen (PL XLIV. F. und O.).

Ferner haben die Treppen nach dem Orte, wo sie liegen, nach ihrer Bestimmung und Form
noch mancherley Benennungen. Sind sie im Aeufsern, im Unbedeckten, angelegt so heifsen
sie Freytreppen; im Innern, in so fern sie zum gemeinschaftlichen Gebrauche dienen, Haupt-
treppen, die zum Privatgebrauche aber Neben- oder Geheimtreppen. Eben so unterscheidet
man noch Kellertreppen, Bodentruppen. Von der Bestimmung hängt die Form, das Material
und die mehr oder weniger bequeme und geräumige Einrichtung der Treppen wesentlich
ab. Einige laufen in gerader, und zwar in einerley Richtung vom untern Stockwerk zum
obern; andere, obwohl auch von gerader Richtung, bilden in verschiedenen Wendungen
mehrere Arme und Ruheplätze dazwischen, und heifsen daher gebrochene Treppen. Gerin-
ger ist die Anzahl'der Wendelireppen, die im Kreise hinanlaufen; aber desto öfter kommen
die gemischten Treppen vor, die abwechselnd nach einer geraden und krummen Richtung
angelegt sind. Von allen diesen Treppenarten werden wir im Verfolg dieses Abschnittes das
Nöthigste beybringen, ohne uns in die kleinlichen Umstände des Treppenbaues zu verlieren.

§. 2. Da die gröfsere oder geringere Bequemlichkeit bey dem Auf- und Absteigen einer
Treppe theils von der mehr, oder minder starken Neigung der schiefen Fläche, theils von
der Einrichtung der Stufen, das ist: von ihrem Verhältnifs der Höhe zur Breite, wesentlich
abhängt; so wäre vor allem andern erforderlich, eine allgemeine Norm oder ein Schema fiir
die Anlage der Treppen auszumitteln, damit sie weder wegen Steilheit ermüdend, noch auch
bey geringer Neigung unbequem ausfielen.

Vitruv (9, 2.) redet von dem Winkelmafse als einer für die Anlage einer Treppe schickli»
chen Norm. Die kürzeste der drey Seiten desselben, aus drey Theilen bestehend, bestimmt er
für die senkrechte Höhe von der wagerechten Linie des Fufsbodens bis zur obersten wagerech-
ten Linie des Deckenwerkes: die zweyte Seite aus vier derselben Theile nimmt er zur wa*
gerechten Grundfläche, von der senkrechten Linie bis zum untersten Aufstofs der Treppen»
wangen gemessen, und die längste Seite aus fünf derselben Theile bestimmt er für die Län»
ge der Neigungslinie der Treppenwangen, zwischen welche die Stufen zu liegen kommen.
Nach dieser Einrichtung einer Treppe würde die Breite des Auftrittes zur Höhe der Stufe
sich wie vier zu drey verhalten. Hätte also z. B. der wagerechte Auftritt der Stufe eine Brei^
te von einem Fufs, so würde die Höhe der Stufe neun Zoll betragen. Ein solches Verhält-
nifs ist aber nicht bequem für den Treppenbau, und so läfst sich das Winkelmafs als keine
schickliche Norm für denselben betrachten. Auch hat es Vitruv selbst nicht zum Muster
genommen, wie aus zwey andern Stellen bey ihm erhellet. Bey der Anlage der äufsern. Trep-
pen um die Tempel giebt er (5, 3.) die Höhe der Stufen auf nicht weniger als neun, und
auf nicht mehr als zehn Zoll an: und die Breite derselben auf nicht minder als anderthalb,
und auf nicht mehr als zwey Fufs. Ferner; vom Theateibau sprechend, setzt er fest: (5, 6.)

5t

1

i-



Ä.c

bfr
 
Annotationen