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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

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Heft 6
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https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0255

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die eines entwickelten Ausstellungsbetriebes entbehren,
Nachahmung. Die räumliche Trennung der Lokale bei
innerem Zusammenhang der Ziele ist in einem solchem
Falle empfehlenswert, weil sie den Reibungen vorbeugt,
die sich auch im grossesten Museumsbau aus den An-
sprüchen der Ausstellung und der sich beständig aus-
dehnenden Sammlung allmählich ergeben müssen.
Nun ist das Lokal der Kestnergesellschaft besonders
glücklich gewählt. Eben deswegen, weil es ein Privat-
haus ist, verleiht es den Ausstellungen geringeren Um-
fangs, die es beherbergen kann, intimen Charakter, stellt
sogar die Wirkung -der Bilder auf eine beachtenswerte
Probe und betont das Gesellschaftliche der Veranstaltung.
Der Besucher fühlt sich in diesen Räumen als der Gast
eines Klubs und entschuldigt gewisse unvermeidliche
Unzulänglichkeiten um so bereitwilliger als er sich sagen
muss, dass der Typus des idealen Ausstellungshauses
doch immer noch nicht gefunden sei.

Wie nun der Veiein vom Oktober 1916 an in dem
ersten Jahr seines Bestehens zehn Ausstellungen mo-

BREMEN

In der Kunsthalle fand im Februar eine grosse Aus-
stellung moderner deutscher Graphik statt, die, zum
ersten Male in diesem Umfange, auch das Schaffen der
jungen und jüngsten Richtungen vorführte.

Der Rahmen der Ausstellung ward ziemlich weit
gespannt, Graphiken, Handzeichnungen machten das
Schwarz-Weiss-Bild, Farbensteindrucke und Linoleum-
schnitte, vor allem aber Pastelle und Aquarelle brachten
die koloristische Ergänzung.

Bremen liebt keine Revolutionen und in diesem
Falle besonders wäre das plötzliche Hereinbrechen
eines Neuen wohl kaum ruhig hingenommen worden,
wenn nicht zugleich mit dem Modernen auch die Kunst
der bereits klassierten lebenden Meister wäre gezeigt
worden. Hans Thoma mit seinen neuen höchst
schwachen Radierungen wirkte reichlich veraltet, Lovis
Corinth, vor allem mit einer Reihe prachtvoller mit
der kalten Nadel gezeichneten Akten, magistral, Slevogt,
in Bremen besonders gut bekannt und deshalb nur mit
wenigen Proben herangezogen, temperamentvoll und
zugleich graziös, und Liebermann mit den Arbeiten der
letzten Jahre bei aller Lebendigkeit von einer seltenen
Abgeklärtheit („Die Revolutionäre von gestern" usw.)
Den Ubergang von dieser Gruppe der Meister bildeten
die Arbeiten von Beckmann (vorletzte Stufe) und Rös-
ler, Purrmann, Brockhusen, Grossmann. Einsam daneben
steht Käthe Kollwitz. Eine Reihe trefflicher Bildhauer-
zeichnungen von Gaul, ausschliesslich Tierstudien, von
Kolbe und Gerstel Aktzeichnungen, sowie eine Reihe
von Radierungen von Lehmbruck vervollständigten das
Gesamtbild und ergänzten die Uberleitung zur Kunst
der jüngeren Generation. Mit Emil Noldes „Südsee-

derner Kunst unter allen den Schwierigkeiten der
Kriegszeit zustande gebracht hat, das verdient alle Aner-
kennung. Von Liebermann und Trübner bis zu Stück-
gold und Eberz wurde vieles gezeigt, das dem
Hannsverschen Publikum die wertvollsten Anregungen
gewähren konnte. Den Beschluss machte eine sorgfältig
vorbereitete Kollektivausstellung der hinterlassenen
Werke von Paula Modersohn-Becker, der Frühver-
storbenen und allzu wenig Bekannten. Dass auch der
äussere Erfolg in Verkäufen und steigendem Publikums-
besuch sich eingestellt hat, entnehmen wir mit Genug-
tuung dem Jahresbericht der Gesellschaft. Hannover
hat damit für das Kunstleben Nordwestdeutschlands
eine Bedeutung gewonnen, die um so bemerkenswerter
ist, als die Bremer Kunslhalle sich veranlasst gesehen
hat, ihren Ausstellungsbetrieb wesentlich einzuschränken
und als Hamburg in Ermangelung eines geeigneten
Lokals leider noch immer abseits von den künstlerischen
Tagesereignissen steht.

G. Pauli.

insulanern", mit den Arbeiten der verstorbenen Paula
Modersohn-Becker, sowie mit einigen graphischen
Sachen von Rohlfs und Nauen stand man schon ganz
auf dem Boden des" Neuen.

Die Künstler der „Brücke", Heckel, Otto Müller,
E. L. Kirchner und Schmidt-Rottluff haben noch immer
die Führung in der Hand. Heckel am vielseitigsten,
auch technisch, Schmidt-Rottluff am intensivsten im
Formenausdruck, bei dem allerdings noch manche Ge-
waltsamkeit dem Organischen gegenüber mit helfen
muss. Otto Müller bringt ein ungewöhnliches Kom-
positionstalent mit, das besonders im kleinen Format
der Graphik überraschende Wirkungen erreicht und
Kirchner eignet eine Sensibilität im Malerischen und
in der Farbe, die ihn den rücksichtslosen Parteigängern
der Moderne schon fast verdächtig macht als einen, der
noch nicht überwunden hat. Heckendorfs Aquarelle
aus Macedonien wirken konzentrierter im Farbenaus-
druck als sonst gesehene Sachen von ihm und Jaeckel
hat auch in seinen nach der Natur gezeichneten Akten
eine gewisse Leere nicht überwunden. Kokoschkas
Bildnis seiner Mutter verliert auch bei wiederholter
Nachprüfung nichts von der seelischen Stärke, durch die
es anfangs überraschte, und Meidners Bildnisse zeigen,
dass der Weg, der bei Münch beginnt, noch nicht zu
Ende gegangen war.

Als neue Namen, die mit Ernst auf sich aufmerksam
machen, seien Felix Müller, Otto Lange und Richard
Möller erwähnt. E. W.

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Der Verfasser des Aufsatzes über moderne Malerei
in Hamburg, auf Seite 192 des vorigen Heftes ist
Emil Waldmann.

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