Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 16.1918

DOI Heft:
Heft 5
DOI Artikel:
Neue Bücher
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4745#0211

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
NEUE BUCHER

Ein lit erarisch - künstlerisches Reserve-
korps im Westen.

Dem General von Stein, der es führte, verdankt
dieses Korps seine aussergewöhnliche Stellung im geisti-
gen Leben des Krieges. Unter ihm wirkte der Inten-
dant Presting, in dem Künstlertum und kühl dispo-
nierendes Verwaltungstalent sich vereinigen. Aus den
Reihen des Korps traten die Männer der Kunst und
Wissenschaft, um den Kameraden, die es in der Wüste
dieses Krieges nach den Quellen der Schönheit und
Wahrheit dürstete, den Trunk zu reichen.

Seit mehr als zwei Jahren nimmt die vom Korps
begründete und unterhaltene Zeitschrift „Der Schützen-
graben" die Gedanken und Stimmungen der künstle-
risch und litterarisch Begabten auf, die der Krieg aus
ihrem Schaffen riss. Der „Schützengraben" will ehr-
geizig sich von den anderen Armeezeitungen, die vor
allem die Tageszeitung ersetzen wollen, unterscheiden.
Ein gewisses Mass Ästhetik ist ihm eigen, Inhalt und
Form tragen das Gepräge geistiger Kultur. Schon der
Kopf der Zeitung* ist künstlerisch bedeutungsvoll. Jede
Nummer — es erscheinen zwei im Monat — zeigt ein
anderes Bild, von Künstlerhand entworfen, zuweilen
auch von talentvollen Liebhabern, die besten von E.

* s. oben.

Haase, der Landschaft und Leben des Kampfes in breit-
flächigen lapidaren Formen dem Beschauer verdeutlicht,
den Meistern alter Holzschnittkunst ähnlich. ■ '

Die Aufsätze enthalten neben Stimmungsbildern,
Kriegsbegebenheiten und Gedichten, Darstellungen aus
der Geschichte, zumal der des Kampfplatzes (der Som-
megegend), aber auch entfernterer Zeiten und Völker,
sowie Würdigungen litterarischer und künstlerischer
Ereignisse. Auch der General von Stein war als Mit-
arbeiter thätig. Seine Skizze aus den Kämpfen des
Westens: „Der Granathof" trägt den knappen und doch
so plastischen Stil des Verfassers der Heeresberichte;
sogar eine „Aufforderung zum Zeichnen der Kriegs-
anleihe" gestaltete dieser schriftkundige Heerführer zu
einem eindrucksvollen kleinen Kunstwerk.

Aus diesem idealen Geiste entstanden auch die be-
rühmten „Bapaumer Künstlerabende". Sagenhaft mutet
es heute an, dass in dem Rathaussaal dieser Stadt, jetzt
einer Ruine unter Trümmern, noch vor wenigen Mon-
den die Krieger aus den Gräben und Unterständen,
zerschossenen Dörfern und Quartieren der Etappe, all-
wöchentlich zusammenströmten, um die Schwere der
Zeit in künstlerischem Geniessen zu vergessen. Bald
rezitierte ein Münchener Hofschauspieler Gedichte und
Dramen Schillers, bald spielte ein berühmter Pianist

2 0 1
 
Annotationen