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Neue Aufgaben 5"
Unsere neuen §eser haben eln Recht ;u wissen,
welche Stellung Ver Schriftleiter zu Ven Fragen des
Zeichen- und Kunstunterrichs einnimmt. Mit kurzen
Worten will ich meinen Standpunkt kennzeichnen.
Ich muft dabei früher Gesagtes wiederhoien.
Der Zeichen- und Kunftunterricht hat meines Er-
achtens eine zweifache Aufgabe: 1. Er soll die
schöpferischen Kräfte, die im Volke ruhen, aufspüren
und entwickeln. 2. Er soll die Fähigkeit der Iugend
entwickeln, echte Kunsh.in sich aufzunehinen und in
sich nachzuschaffen, um die Anteilnahme möglichst
aller Schlchten deL Volkes an den Segnungcn.der
Kunst zu erreichen. Dazu gehort auch, daß alle Kreise
unsereö Volkes zum Verständnks von Werkarbett
erzogen werden. Zur Entwicklung der schopferischen
und nachschaffenden Kunstkräste genügt der heutkge
Zeichenunlerricht nicht. Er muß vielmehr erwcitert
werden zu einem gründlichen, vollwertigen Kunst-
unterricht, der, zu einer organischen Einheit vereinigt,
kn sich schließen soll:
1. Den eigentlichen Zeichenunterricht (An-
leitung zur Bildung klarer Gesichtsvorstellungen und
zum Darstellen und Gestalten durch Zeichnen, Malen,
Formen und andere Gestaltungsübungen, die dem
bildhasten Ausdruck dienen).
2. Die Einführung des Schülers ln die
Werke der Kunst.
Als die erste und wichtkgste Aufgabe des Zeichen-
unterrichts erachte ich also die Bildung klarer Ge-
sichtsvorstellungen. Aber da erhebt stch schon
die Frage: Wie erwirbt man sich solche Vorstellungen?
Ich gestehe, diese Frage ist mir mkt den Iahren
immer wichiger und ihre Beantwortung immer
schwieriger erschkenen. Ich werde im nächsten Hest
eingehenö auf sie zu sprechen kommen und heute
nur feststellen, daß ich unter ekner Gesichtsoorstellung
nicht etwa nur ein Erinnerungsbild verstehe, das
man gedachtnismäßig wiedergeben kann. Ein Vor-
stellungsbild muß vielmehr das Wesentliche und
Charakteristische, z. B. auch das Struktive und Funk-
tionelle enthalten. 2e mehr man klare Vorstellungen
besitzt, je mehr kann man ausdrücken und gestaltcn.
Wir sehen daraus: Dte Frage betrifft den Herz-
punkt unserer Arbeit. Ihre besondere Schwierigkeit
erlangt dke Frage durch die Erfahrung, daß un-
mittelbares Zeichnen nach dem Gegenstand die Vor-
stellungskraft — ich will vorsichtig urteilen — beein-
trächkigt.
Ieder Fachmann wkrd aus diesen wenigen Worten
ersehen haben: Hker liegt ein problem. Und zwar ein
solches, das vielleicht den Keim zu ekner völlkgen Um-
gestaltung des heutkgen Zeichenunterrichts in sich birgt.
Wkr verlaffen diesen punkt und wenden uns der
Frage der Kunstmittel zu, die von professor
Dr. A. Hölzel im heutkgen Heft angeschnitten wird.
Hölzel bemüht sick seit Iahren mit Erfolg, Kunst-
bestissene mit den künstlerischen Gestaltungselementen
vertraut zu machen,- denn er hat erkannt, daß man
diese zunächst cinmal genau kennen muß, ehe man
sie anwenden will. Dagegcn läßt sich gewiß nkchts
einwcnden und Hölzel verdient rückhaltlose Unter-
stützung bei seinen Bemühungen. Zum problem wird
dke Sache erst durch die Forderung Hölzels, den
Untcrricht in den Kunstmitteln dem gegenständlichest. ..
^ZekchiimuGMalem^a^ allgemeiribildenden
AW^vsrM«MklkL..Dke württembergkscheArbekts-
gemeknschaft des deutschen Werkbundes hat stch nun
der Sache angcnommen und will den Landtag ge-
winnen, damit Hölzel dke Mittel zur Verwirklichung
seiner Gedanken erhält. Man wird nicht bestreiten
können, daß ein staatlkches Interesse vorliegt, diese
Bestrebungen zu fördern und ste kn den Dienst des
Wiederaufbaus unseres Volkes zu stellen. Dle
Kurse die sörofeffor Hölzel plant, teilen sich in
Künstlerkurse und Iugendkurse. In letzteren soll
ausprobiert werden, ob, wie und wann die Lehre
von den Kunstmitteln für den allgemeinbildenden
Zeichen- und Kunstunterricht fruchtbar gemacht werden
kann. (Vergleiche den Aufsatz: Dke Kunstmittel km
Unterrkcht von prof. Dr. Hölzel und meknen Berkcht:
Gedanken über dke Erziehung des künstlerischen 2!ach-
wuchses.)
Auch dieses problem trägt reiche Möglkchkeiten
für unsere Arbeit in sich. Wir werden es im Auge
behalten müssen.
Bei den Kunstmitteln spielt dke Farbe eine.
wichtige Rolle. Deshalb wendet ihr professor
Dr. Hölzel seine besondere Sorgfalt zu. Das bei-
gelegte Kunstblatt wird jeder Amtsgenoffe, auch wenn
er sich für die Komposttkon nkcht erwärmen könnte,
als ekne prachtvolle farbkge Lösung anerkcnnen.
Hölzel baut auf der Farbenlehre Göthe-Schopen-
hauer auf. Doch beschästigt er sich zur Zeit auch
mit den Forschungsergebnissen Ostwalds (ver-
glekche den Aufsatz des Forschers in diefem Heft).
Damtt kommen wkr zu einer wekteren Aufgabe,
dke wir der deutschen Zeichenlehrerschaft dringend
ans Herz legen möchten.
Dke Frage lautet: Lassen sich diese Forschungs-
ergebniffe, deren große wissenschaftliche Bedeutung
allcnthalben anerkannt ist, für den allgemeinbildenden
Zeichenunterricht fruchtbar machen und welche Wege
sind dabek einzuschlagen? Unser Amtsgenosse,
Studienrat Bühler in Rottweil (württembergischer
Neue Aufgaben 5"
Unsere neuen §eser haben eln Recht ;u wissen,
welche Stellung Ver Schriftleiter zu Ven Fragen des
Zeichen- und Kunstunterrichs einnimmt. Mit kurzen
Worten will ich meinen Standpunkt kennzeichnen.
Ich muft dabei früher Gesagtes wiederhoien.
Der Zeichen- und Kunftunterricht hat meines Er-
achtens eine zweifache Aufgabe: 1. Er soll die
schöpferischen Kräfte, die im Volke ruhen, aufspüren
und entwickeln. 2. Er soll die Fähigkeit der Iugend
entwickeln, echte Kunsh.in sich aufzunehinen und in
sich nachzuschaffen, um die Anteilnahme möglichst
aller Schlchten deL Volkes an den Segnungcn.der
Kunst zu erreichen. Dazu gehort auch, daß alle Kreise
unsereö Volkes zum Verständnks von Werkarbett
erzogen werden. Zur Entwicklung der schopferischen
und nachschaffenden Kunstkräste genügt der heutkge
Zeichenunlerricht nicht. Er muß vielmehr erwcitert
werden zu einem gründlichen, vollwertigen Kunst-
unterricht, der, zu einer organischen Einheit vereinigt,
kn sich schließen soll:
1. Den eigentlichen Zeichenunterricht (An-
leitung zur Bildung klarer Gesichtsvorstellungen und
zum Darstellen und Gestalten durch Zeichnen, Malen,
Formen und andere Gestaltungsübungen, die dem
bildhasten Ausdruck dienen).
2. Die Einführung des Schülers ln die
Werke der Kunst.
Als die erste und wichtkgste Aufgabe des Zeichen-
unterrichts erachte ich also die Bildung klarer Ge-
sichtsvorstellungen. Aber da erhebt stch schon
die Frage: Wie erwirbt man sich solche Vorstellungen?
Ich gestehe, diese Frage ist mir mkt den Iahren
immer wichiger und ihre Beantwortung immer
schwieriger erschkenen. Ich werde im nächsten Hest
eingehenö auf sie zu sprechen kommen und heute
nur feststellen, daß ich unter ekner Gesichtsoorstellung
nicht etwa nur ein Erinnerungsbild verstehe, das
man gedachtnismäßig wiedergeben kann. Ein Vor-
stellungsbild muß vielmehr das Wesentliche und
Charakteristische, z. B. auch das Struktive und Funk-
tionelle enthalten. 2e mehr man klare Vorstellungen
besitzt, je mehr kann man ausdrücken und gestaltcn.
Wir sehen daraus: Dte Frage betrifft den Herz-
punkt unserer Arbeit. Ihre besondere Schwierigkeit
erlangt dke Frage durch die Erfahrung, daß un-
mittelbares Zeichnen nach dem Gegenstand die Vor-
stellungskraft — ich will vorsichtig urteilen — beein-
trächkigt.
Ieder Fachmann wkrd aus diesen wenigen Worten
ersehen haben: Hker liegt ein problem. Und zwar ein
solches, das vielleicht den Keim zu ekner völlkgen Um-
gestaltung des heutkgen Zeichenunterrichts in sich birgt.
Wkr verlaffen diesen punkt und wenden uns der
Frage der Kunstmittel zu, die von professor
Dr. A. Hölzel im heutkgen Heft angeschnitten wird.
Hölzel bemüht sick seit Iahren mit Erfolg, Kunst-
bestissene mit den künstlerischen Gestaltungselementen
vertraut zu machen,- denn er hat erkannt, daß man
diese zunächst cinmal genau kennen muß, ehe man
sie anwenden will. Dagegcn läßt sich gewiß nkchts
einwcnden und Hölzel verdient rückhaltlose Unter-
stützung bei seinen Bemühungen. Zum problem wird
dke Sache erst durch die Forderung Hölzels, den
Untcrricht in den Kunstmitteln dem gegenständlichest. ..
^ZekchiimuGMalem^a^ allgemeiribildenden
AW^vsrM«MklkL..Dke württembergkscheArbekts-
gemeknschaft des deutschen Werkbundes hat stch nun
der Sache angcnommen und will den Landtag ge-
winnen, damit Hölzel dke Mittel zur Verwirklichung
seiner Gedanken erhält. Man wird nicht bestreiten
können, daß ein staatlkches Interesse vorliegt, diese
Bestrebungen zu fördern und ste kn den Dienst des
Wiederaufbaus unseres Volkes zu stellen. Dle
Kurse die sörofeffor Hölzel plant, teilen sich in
Künstlerkurse und Iugendkurse. In letzteren soll
ausprobiert werden, ob, wie und wann die Lehre
von den Kunstmitteln für den allgemeinbildenden
Zeichen- und Kunstunterricht fruchtbar gemacht werden
kann. (Vergleiche den Aufsatz: Dke Kunstmittel km
Unterrkcht von prof. Dr. Hölzel und meknen Berkcht:
Gedanken über dke Erziehung des künstlerischen 2!ach-
wuchses.)
Auch dieses problem trägt reiche Möglkchkeiten
für unsere Arbeit in sich. Wir werden es im Auge
behalten müssen.
Bei den Kunstmitteln spielt dke Farbe eine.
wichtige Rolle. Deshalb wendet ihr professor
Dr. Hölzel seine besondere Sorgfalt zu. Das bei-
gelegte Kunstblatt wird jeder Amtsgenoffe, auch wenn
er sich für die Komposttkon nkcht erwärmen könnte,
als ekne prachtvolle farbkge Lösung anerkcnnen.
Hölzel baut auf der Farbenlehre Göthe-Schopen-
hauer auf. Doch beschästigt er sich zur Zeit auch
mit den Forschungsergebnissen Ostwalds (ver-
glekche den Aufsatz des Forschers in diefem Heft).
Damtt kommen wkr zu einer wekteren Aufgabe,
dke wir der deutschen Zeichenlehrerschaft dringend
ans Herz legen möchten.
Dke Frage lautet: Lassen sich diese Forschungs-
ergebniffe, deren große wissenschaftliche Bedeutung
allcnthalben anerkannt ist, für den allgemeinbildenden
Zeichenunterricht fruchtbar machen und welche Wege
sind dabek einzuschlagen? Unser Amtsgenosse,
Studienrat Bühler in Rottweil (württembergischer