Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 1.1921

DOI Heft:
Heft 1 (1. Jahrgang Februar 1921)
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Gedanken über die Erziehung des künstlerischen Nachwuchses
DOI Artikel:
Bender, E.: Der Kunstunterricht an den allgemein bildenden Schulen von Prof. G. Kolb
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.20810#0017

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
17

seken. Doch hat Ver Versuch bereits wkchtige Aufklarungen
gebracht. Es wurden von tzölzel wöchentliche Vorträge
gehalten über dle einfachsten künstlerischen Mittel, in denen
in «Lichtbildern wertvoller, meist klassischer Meister auf
dke NutzanwenÜungen hingewiesen wurde'. Jwischcn den
Vorträgen wurden praktische Arbeiten über das Gesagte
in dem Unterricht, von professor Rochga an der Kunst-
gewerbeschule gemacht, namentlich Bildkonstruktionen her-
vorragender Kunftwerke.

Holzel tritt dafür ein, eine Vorschule ;ur eigent-
lichen Kunftlehranstalt zu gründen, in der Sie Kenntnis
und Erkenntnis der grundlegenden Miktel für ein Kunft-
werk Sen Schülern vermittelt wird. Dadurch ist ja auch
erst das Naturstudium auf künstlerischer Grundlage er-
möglicht. 2n üiesen Iahren könnten auch die Fragen ent-
schieden werven, ob etn Schüler überhaupt Begabung für
Kunst hat, und wenn ja, ob er sich für Vas Kunskgewerb-
lkche oder ekne andere künstlerksche Betätkgung ekgnet. i

Hölzel geht also Vavon aus, Vaß nkcht ^Vle Batur"
Ven Ausgangspunkt bekm Kunststudkum bkldeit dürfe, wekl
wkr doch in der Kunst dke Natur auch nur mit Ven dem
Künstler zur Versügung skehenden Mitteln Sarzustellen
vermögen. Sowohl für ihre Darstellung, wie auch, um
aus khr eigentliche künstlerische Änregung zu schöpfen,
wird ekne eingehende Kenntnis, vor allem der geisligen
künstlerischen Mkttel, notwendkg sein müsssn. Daher
werden sie für Unterricht und Studium kn künstlerkschen
Dkngen Vas primäre, öen Anfang bilden müssen! 2n
den Plan für den Versuch einer solchen Kunst-Elementar-
schule waren auch handliche Ubungen mannigfacher Art
aufgenommen werden. (Freiarmzelchnungen.)

Den Hauptelementen des künstlerischen Ausdruckes
wurde dke größte Aufmerksamkekt zugewendet: der Llnke,
der Flächensorm, den Gegensätzen des Hell-Sunkels in
der Farbe.

Hölzel gab auch Anregung, diese einsachsten künstlerischen
Gestaltungsgrundsätze an einem Seminar auszuprobieren.
Die Ergebniffe, üver die noch berichtet wird, seien über-
raschend gewesen. Hölzel wendet sich um Unterstützung
seiner Bestrebungen an das Ministerium und meint: »Es
ist garkekneFrage, daßderErkenntnislehre der
künstlerischen Elemente im dldaktischen Sinne
von seiten des Staates die grösite Aufmerksam-
keit zuzuwenden ist". Wir pflichken ihm be! und
möchten mit Hölzel betonen, daß hier nicht nur kulturelle
sondern auch wirtschaflliche Fragen kn Betracht kommen.

» »

»

Der Skaat mufl sparen. Wir wissen Vas alle. Wer
es ist wohl zu prüfen, wo das Sparen am falschen platz
wäre. Ob nicht dabei eine Ouelle verschüttet würde, die
uns geistig und wirtschastlich hochbringen könnte. Darum
dars öke Formel, die man ab und zu hört, nicht lauten:
„Kulturbedürfnisse sind üuxus. An diesen muß zuerst
gespart werden." Ziekn, Erziehung, Bildung und
Kunst sind nlcht Lupus, sondern Lebensnot-
wendkgkeiten und zwar gerade heute mehr denn
je LevenSnotwendkgkeiten sür das deutsche
Volk. G. Kolb.

Der Kunstunterricht an den allgemein
bildenden Schulen von prof. G.Kolb

Das vergangene Iahrhundert ifl Vas Iahrhundert Vsr
gröflten Kulturfortschritte gcnannt worden. Wenn man
die großen Errungenschaflen auf allen Gebieten SesWissens

überblickt, wenn man bedenkt, daß heute fedes Kknd eknen
geordneten Schulunterricht erhält, dann möchte man der
obigen Behauptung gern zuflimmen. Andererseits !st aber
auch das 19. Iahrhundert gekennzeichnet durch einen un-
verkennbaren Tieffall Ves Geschniackes. Guter Geschmack
ifl untrennbar verknüpfl mit Verfländnis für Sas Solide,
das Werktüchtige in der Form. Niedergang des Geschmackes
und des Kunflempflndens macht freie Bahn für schlechte,
aber effektvoll aufgeputzte Ramschware. Ein Volk, das ^
Ramichware in grofler Menge fertigt, kaust und schenkt, j
vas huldigt dem Schein und verlierk die inners Wahrheit. l ^
Verrohung des Geschmackes und Biedergang des Kunst- '
empflndens ist gleichbedeutend mit Kultur- und Volks- ;
niedergang. Die Geschmacksbildung und die Kunsterziehung >
sinv Vaher überaus wichtige Kulturaufgabenl Sie fallen !
'kn der Häuptsache der Schule zu, Senn nnr sie kann eine
Wiedergeburt unseres Volkes aus der Anschauung in dke
Wege leiten. Um dies zu errekchen muß ske ein neues,
den Ubrkgen gleichberechtkges Gebiet in iyren Lehrplan
aufnehmen, den Kunflunterrkcht. Uber das Wesen, dke
Aufgaben, Zkele und Wege des Kunstunterrichts belehrt
uns eine vortreffliche Schrifl von profeffor G. Kolb kn
Göppingen: »Der Kunflunterricht an den allgemein bilden-
den Schulen'.

2n der Elnlektung deckt der Verfasser schonungslos die
großen und für die Kultur unseres Volkes so folgenfchweren
Mängel unseres heutigen Schulwesens aus. Bksondern
Nachdruck erhalten sekne Aussührungen durch den Hinweis
auf Aussprüche von Männern der Wissenschast. Es lkegt
eine große Kraft !n diesem gemelnsamen Zeugnis hervor-
ragender Männer. Sie sprechen der Reihe nach zu uns
aus allen Gegenden des deutschen Vaterlandes und wir
fühlen aus ihren Worten den Geist einer neuen Zeit.
Diese Aussprüche geben allen denen, die für den Kunst-
unterrkcht kämpfen, eine wcrtvolle Waffe in die Hand.
Mit Recht sagt der Verfasser im Vorwort seiner Schrist,
daß man diesen Männern der Wiffenschast »nicht entgegen-
halten kann, daß sie in einsekkigen Fachintereffen befangen
wären". Des Weiteren weist der Verfasser hin aus die
Votwendigkeit der Wiedergeburt unseres Volkes aus der
Anschauung. Diese kann nur erfolgsn durch Erziehung
zum bewußten' Sehen und durch Wecken und Ausbilden
der schöpferischen Kräfle, die mit als ein Beil der Begabung,
lm einzelnen Kinde wie lm ganzen Volke schlummern.

Die Anschauungskrast und die Gestaltungskrast zü bilden,
dazu ifl in erfler Linie öer Zeichenunterricht berufen. Dkesem
widmet der Verfaffer den erflen Hauptteil seiner Schrift.

Er wiverlegt zunächst die Behauptung, daß Jeichnen eine
Talentsache sei. Treffend weifl er nach, daß jeder Schüler, i
auch Ser Schüler des humanislischen Gymnasiums, vom !
Zekchenunterricht Gewinn hat, und daß ohne zeichnerische 's
Ausbildung eine harmonische Geistesbildung nicht denkbar /
ift. Auch Sieser Teil seiner Ausführungen wird gestüht r
durch das Zeugnis zahlreicher Männer der Wissenschaft,
vor allem solcher, Vie humanistische Bildung genossen haben.
Sehr beachtenswert flnd dann die Ausführungen des
Versassers über dle einseitkgen Begabungen, dke er mkt
Recht besonders wertvolle Begabungen nennt. Dke ein-
sektkg Begabten müffen aus kulkurellen und wirtschafllkchen
Gründen geschützt wcrden. DieS gilt besonders für die
visuell Begabten, denen häuflg die i'n unsern allgemein
bildenden Schulen so hoch bewertete Gedächtnisbegabung
abgeht. 2hrer ftarken 'phantasiekraft entspricht naturgemäß
die weniger stark ausgeprägte Eleigung zum scharfen be-
grifflichen Denken. Diese visuell Begabten leisten im
Jeichnen flets Hervorragendes. Die volle Wertung der
Leiflungen !m Jeichnen und eoentuell dke Bkldung von
 
Annotationen