Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Bund Deutscher Kunsterzieher [Hrsg.]
Kunst und Jugend — N.F. 1.1921

DOI Heft:
Heft 1 (1. Jahrgang Februar 1921)
DOI Artikel:
Stiehler, Georg: Der erste deutsche Lehrer-Farbentag
DOI Artikel:
Kolb, Gustav: Gedanken über die Erziehung des künstlerischen Nachwuchses
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.20810#0016

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
16

Wtlhelm !?siwnld errvartet von Kursen, dle die Lekrer
schnell und sicher mtt den Grundlagen bekannt machen
sollsn, eine Förderung schon für die nächsie 3eit. Im
Kinderaarten isi mit den Grundharmonien zu begknnen.
Die Fröbelschen Legetäfelchen erhalten ein entsprechend
abgesiimmtes Farbengewand. Ourch tdrlernen der Farben,
Farbenharmonien, wird dke Farbwelk erschlossen und
gewährt öem wcrdenden Menschen reine Genüsse/ auch
öaS Gefühl fürharmonische Farbenzusammstellungen erfahrt
elne Steigenmg. In den DolkSschullehrerkreisen hat Ost-
waid bisher die siärksis Unterstükzung erfahren,- naiurge-
mäsi steht Sachsen an Ver Spitze der Bewegung, in Würt-
temberg ist bereitS seit Z siahren durch Bühler und Schaller
ejfrig an der Einrichtung der Farblehre !n der Schule
gearbeiket worden. —Das absolute Farbgedächtnis ift sehr
verbreltet, sodas; auch das Rückgrat der Farblehre von
allen normal veranlagten Menschen begrlffen und gelernt
werden kann. Insbesondere muß der technisch und kunst-
gewerbllch Schaffende dke Grundlagen der neuen Farb-
lehre flcher beherrschen. -

Die klaren, schlkchten und humorvollen Ausführungen
Ostwalds fanden Sen ungeteiltenBeifall derVersammlung.^

In den dargebotenen Vorträgen und Berichten und
durch die ausgestellten Ieichnungen und Lehrmittel konnte
auch der Unkundige rasch flch einleben!n das Neue,Reizvolle
und Werdende. Eltzner-Dresden führte durch Kreiselversuche
ein in die Farblehre nach der Farbflbel,- Krauße-Nerchau
gewährte Elnblick in die methodische Kleinarbeit, bei der
man flch der Grenzen der Anwendung recht bewußt sein
möchte! Dorias-Ehemnih leitet eine Beratungsstelle für
die Indusirke, sachlicke Arbeit ift von ihm in Schule und
wirtschaftlichem Leben im Kleinen gelekstet worden. Bühler-
Nottweil war leider verhinöert, seine Erfahrungen einer
brciteren Offentlichkeit ;u unterbreiten, da er kn Württem-
berg zu gleicher 3eit seiner Behörde die Ergebniffe vor-
zuführen hatte.

Borchert-Böhlitz-Ehrenberg zeigte maßvoll abgewo-
gene Arbeit, Fletscher-Meißen und Borges-Freiberg
berichteten über ihre Arbeit in den Lehrerkursen,- Hasen-
ohr-Leipzig ging ein in feinflnnkger Weise auf das
schwierige Gebiet der ästhetischen Anwendung der Farb-
lehre im Unterricht einer höheren Frauenberufsschul?,- Ge-
wolltes und Gekonntes boten diese kleknen Ausschnitte
aus fieißkger Arbeit in Schule und Leben. Die Versamm-
lung dankte den Berichterftattern durch Beifall und —
Kritik, die in der sehr anregenden Aussprache ansetzte.
Künftler lehnen die Osiwaldsche Farblehre ab als einen
Weg zum künsilerischen Farbschaffen,- öer Werkbund, der
die Farbenlehre als Grundlaae für die Technik, für Iweige
des Kunsihandwerkes anerkennt, skellt sich in seinem lehten
Heft, öas einen Tag vor dem Lehrer-Farbentag erschien,
auch auf ablebnenden Standpunkt. Die Debatteredner
suchken Klarheit in dkese schwierige Frage zu bringen.
Künjtler und Ieichenlehrer nehmen folgenven vermittelnden
Standpunkt ein: Das lichtvolle, klare, logische Gebäude
der Oskwaldschen Farblehre ist unantastbar. Die wiffen-
schaftlich begründeten Farbharmonien und Farbnormen
können Gegenstand des Unterrichts sein. Es sind metho-
disch geordneke läbungen auf allen Stufen zu treiben,
damit durch Kenntnis der OstwaldschenFarblshre derFarb-
>lnn, das Farburteil, Ser Farbgeschmack entwickelt und die
Reize der Farbwelt in Batur, Kunst und Technik erschloffen
werden könncn. Die wiffenschastliche Farbharmonie kann
auch die äithetischgerichteten Arbeiten befruchten. DaSWesen
der Bildharmonis aber seht künftlerisches Gefühl voraus,
das nicht erlernt werden kann, es muß angeboren sein, es
ist aber durch guke Beispiele i. S. Ostwalds und durch

taktvolleAnleitung einerEntwicklungfähig. Farbharmonien
im Sinne Ostwalds können aber künstlerisch unschön wirken,
gegen die Bildharmonie verstoßen, wenn nicht die Form,
die Verhältniffe, die Gliederung, die Kontrastwlrkuna, Vke
Dksharmonie ln der Harmonke, die tzellkgkeitswirkung,
Wirkung durch Nachbarschaft u. a. m. beobachtet werdsn
beim künsilerischen Schaffen. Die wiffenschasilich berech-
nete Farbharmonie ist absolut, die Bildharmonie dagegen
relakiv. Der persönlich schaffende Künstler kann auch ruhig
»aus der Reihe kanzen", wenn Abflcht und Ausführung
eine Einheit haben, die nicht gemeffen, aber gefühlt werden
kann. Geht das schulmäßige ^chaffen auf das schwierige
Gcbiet Ves Künstlerischen ein, dann muß so schlicht, so
einfach wie möglich gearbeitet weröen, damit Wiffen und
Gefühl, wiffenschaftlkche Lehre unS künstlerisches Schaffen
nicht in Widerstreit geraten. Dann wird auch dke Ost-
waldsche Farblehre das künstlerische Gefühl nicht aus-
schalten durch gemeffene, berechnete Harmoniett, sonöern
entwickeln km Sknne des frei schöpferischen Gestaltens.

So fanden skch Wiffenschaft, Kunst und Kunsterzkehung
am Schluß der Tagung zusammen.

Folgende Entschließung wurde am Schluß der Tagung
einstimmig angenommen:

1. Die Schüler aller Schulen sollen in die Farblehre
Wklhelm Osterwalds eingeführt werden.

2. Dke einfachsten Grundlagen der Farblehre flnd schon
im Kindergarten zu lehren.

Z. Mkt der Farblehre Hand kn Hand soll die Ge-
wöhnung an die Farbnormen gehen.

ff. Der nächste 3weck des Unterrichts in der Farblehre
soll eine Schulung des Auges für dke Farbwelt sein.

). Aus dem Unterricht in der Farblehre soll sich die
Auswahl der besonders Farbenbegabten ermöglichen.

6. Die praktische Anwendung der Farben im Unter-
richke soll zunächst nur dazu dienen, dke Schüler mit der
Farbwirkung vertraut, fle in der Farbwelt heimisch zu
machen.

7. Die Farblehre soll im Lehrbetrieb in möglkchst vielen
Fächern, besonvers km Werkunterrichte und bek der Nadel-
arbeit nutzbar gemacht werden.

8. Dke Hilfsmittel für den Unterricht in der Farblehre

sollen möglichst bi!lig,vielseitig und bald zugänglichgemacht
werden. G. Stkehler.

Gedanken über die Erziehung des iF'
künstlerischen Nachwuchses

DerPelika n,Mitteilungen öes Verlages Günther
Wagner-Hannover, Hest 10, bringt einen Bericht Adolf
tzölzels an das Württembergische Kultusmknkfterium,
Ver sich mkt Vieser Frage bsschästkgt. tzölzel, den wir als
Führer in das künsilerische Neuland, hochschätzcn, stellt
zunachst fest, daß an unseren Kunstlehranftalten den
künstlerischen Elementarbegriffen nicht kene Wkch-
tigkeit beigelegt wird, dle khnen für die Entwicklung eines
Kunsiwerkes gebührt, gleichvkel, ob eS kunstgewerbllchcr
oder anderer Art ist. Schuld daran ist der Umstand, daß
diese Schulen der Hauptsache nach auf naturalistischen
Grundlagen aufbauen. Ersk die wirkliche Kenntnis und
Erkenntnis dieser künstlerischen Elemente, auf die flch fedes
Kunftwerk aufbaut, ermöglicht eigenes künstlerisches
Schaffen. Sie müffen vollftändig in dle Empflndung
übergegangen sckn durch praktische Arbeit.

Solche praktische Arbeit suchte Hölzel in einem Kurs
zu lchren, von dem er bedauert, daß er nur ein Viertel-
jahr währen konnke, obwohl zwek bis Vrei Iahre notwendig
 
Annotationen