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des Näthscl der Welt es scheint in ihnen gefunden.
Jeglicher Widerstreit hold und entzückend versöhnt.
Nimmer trübt sich in ihnen die übernatürliche Klarheit,
Und doch sind sie wohl nie sich ihrer Allmacht bewußt.
Keines Zweifels erzitternder Hauch regt die lieblich- Tiefe
Ihres Himmels, cs r»l>t stille der Himmel auf ihm.
Aehnlich sind sie dem Herrn, der die uugemessenen Kräfte
Seiner Natur oft im Bild blühender Rosen^verhüllt.
Ja, sie schaffen wie er! Nicht im Wirbel des SturmS, in des
Frühlings
Sanft holdseliger Lust sproßt und erschließt sich der Keim,
Der sich zur Fülle der Frucht in frischer Gesundheit er-
schwellet,
Stur in der Zephyre Weh'n reift sie vollendet heran.
So ihr ruhiges Wirken. Wie all' ihr Wesen nur Einheit,
Wie selbst die flüchtige Welt ihnen harmonisch erscheint.
So am geheimen Punkt, ans dem i» vollkommenem Gleich-
maaß
Sich der entwickelte Stoff rein und gesondert belebt.
So das erstehende Werk erfassen sie auch, und bescheiden
Zeigt cs sich jeglichem Blick, aber es reizt nicht, cs ist,
Nicht in, üppig erquellenden Werden, im schmachtenden
Welken,
Stellen sic's eben wo's ist, wo es entfaltet ist, bar.
Drum ist ihr Werk das Höchste: doch jene Schöpfung der
Einheit
Nennet man schön, die Idee, die sie beseligend weckt.
Nennt man Schönheit, und so, o,Raphael Sanzio, bist Du
Oer Vollendetste mir, weil Du der Schönste mir bist.
Das Kräftige, Ucbermüthige, Unweibliche in Michel
Angelo wird in den darauffolgenden Gedichten mit vieler
Wahrheit angedeutet.
Nicht, wie zu Sanzio geheim in der Stunde der Weihe die
Gottheit
Mcdersticg und sein Herz ruhig im Schau» sich gestillt.
Du hast im Rosenduft den schöf'rischen Gott nicht gefunden.
Nur in dem Riesengebau seiner Planeten erkannt.
Hier verfolgtest Du ihn mit allburchdringlichem Scharfblick,
Und nicht die Poesie seines unendliche» Werks,
Aber das große Gestp und die cw'ge organische Ordnung
Fandest Du auf und hast's kühn und gewaltig zcrsczt.
Staunen nur magst Du erwecken, das Ucbrigc dünkt Dir
zu kindisch,
Thorheit dünkt Dir's, geliebt, Weisheit, bewundert zu
styn.
— Von allen Ideen, die Gottes Wesen begründen,
Dünkt ihm die Kraft nur, die Macht göttlich und hcrrlich
zu styn.
Ov den Meister blos der Verstand eines anatomi-
schen Newton, nicht anch Poesie geleitet, möchtest wir
beym Anblick seiner Propheten und Sibyllen billig bezwei-
feln, 2ndeß had der Dichter be» seinem Urtheil gewiß
die Hauptmomeute des Künstlers zusammengefaßt, der
bep allen seinen Vorzügen und eminenten Leistungen doch
immer ein unfreundliches, abstoßendes Gegenüber zu dem
LtbiLiieblicheu Raphael bildet. Es würde uns zu weit
führen, die schönen Distichen des Verfassers über Titian,
dessen sinnliche Wahrheit er gebührend anerkennt aber
auch geziemend rügt, über Guido Reni, Michel Angelo
Caravaggio, Andrea del Sarto, Claude Lorrain, Caspar
Poussln anzuführen. Wir treten lieber mit ihm in die
neue Zeit und geben einige Züge feiner Vergleichung zwi-
schen Canova und Thorwaldsen.
C a n o v a.
Großer Bildner, cs öffnete Dir die verschlossene Vorwclt,
Deinem gelichteten Blick, alles verborgene Gold.
Liebliche Rundung und Fülle, die sinnliche Lust und die
Weichheit,
Ucppige Formen und Reiz nahmst Du in Menge heraus.
Doch wie der Griech' am natürlichste» ist, so gesellet er
weist
Weiblichem Reize den Ernst männlicher Stärke zur Hand.
. So entsteht ein vollkommnes Geschlecht ans der herrlichen
Paarung,
Und die Schönheit erscheint so vom Verstände geführt.
Diese Vermahlung erkanntest D» nicht: Dir genügte die
- Weichheit,
Und der weibliche Theil ohne den schöpfrischen Bund,
Darum wirkst Du auch nur mit dem Reiz, dem entartenden,
selten
Näherst dem weisen Maaß ruhiger Schönheit Du Dich.
Traurige Zeit, es ist wahr, die griechische Kunst war dem
Leben
Nah', und es borgte der Gott sich von dem Menschen die
Form.
Aber vorüber isi's nun, Sanova'-s Götter, sie lernten
Nur die Tanzkunst der Zeit, die Toilette nur ab.
- P l e t «.
Eine treffliche That des edlen fühlenden Herzens,
Wenn sie auf blumigem Weg schon in den Himmel uns
führt.
Dann, Eanvva, hat Dich dies cinz'ge unsterbliche Bildwerk
Anch ans des Jrrthnms Gewalt in den Olympus geführt.
Thorwaldsen, .
Größerer Künstler! es öffnete Dir die verschlossene Vorwclt,
Deinem gelichteter« Blick, tiefer verborgenes Gold.
Und nicht den sinnliche» Reiz, de» erhabenen Sinn und die
Hoheit,
Geist und Schönheit, Verstand nahmst Du begeistert heraus.
Darum irrtest Dn nicht, in der sinnlichen Hülle Dicht täu-
schend,
Sinnen erscheint nur der Sinn, aber dem Geiste der Geist.
So erkanntest Du sie, wie sic'ist, die Göttliche, Ernste,
So begeisterte sie Dich zum geweihtesten Werk.
Keusch war sie, sic nahm nur zum Schein, zum lieblichen
Sinnbild
Einen weiblichen Leib, einen unsterblichen, um.
Nur als Priester bist Dn in ihrem Tempel, und stellest
l Aus dem Altar ihr Bild, wo D» sie sähest, ihr aus./
des Näthscl der Welt es scheint in ihnen gefunden.
Jeglicher Widerstreit hold und entzückend versöhnt.
Nimmer trübt sich in ihnen die übernatürliche Klarheit,
Und doch sind sie wohl nie sich ihrer Allmacht bewußt.
Keines Zweifels erzitternder Hauch regt die lieblich- Tiefe
Ihres Himmels, cs r»l>t stille der Himmel auf ihm.
Aehnlich sind sie dem Herrn, der die uugemessenen Kräfte
Seiner Natur oft im Bild blühender Rosen^verhüllt.
Ja, sie schaffen wie er! Nicht im Wirbel des SturmS, in des
Frühlings
Sanft holdseliger Lust sproßt und erschließt sich der Keim,
Der sich zur Fülle der Frucht in frischer Gesundheit er-
schwellet,
Stur in der Zephyre Weh'n reift sie vollendet heran.
So ihr ruhiges Wirken. Wie all' ihr Wesen nur Einheit,
Wie selbst die flüchtige Welt ihnen harmonisch erscheint.
So am geheimen Punkt, ans dem i» vollkommenem Gleich-
maaß
Sich der entwickelte Stoff rein und gesondert belebt.
So das erstehende Werk erfassen sie auch, und bescheiden
Zeigt cs sich jeglichem Blick, aber es reizt nicht, cs ist,
Nicht in, üppig erquellenden Werden, im schmachtenden
Welken,
Stellen sic's eben wo's ist, wo es entfaltet ist, bar.
Drum ist ihr Werk das Höchste: doch jene Schöpfung der
Einheit
Nennet man schön, die Idee, die sie beseligend weckt.
Nennt man Schönheit, und so, o,Raphael Sanzio, bist Du
Oer Vollendetste mir, weil Du der Schönste mir bist.
Das Kräftige, Ucbermüthige, Unweibliche in Michel
Angelo wird in den darauffolgenden Gedichten mit vieler
Wahrheit angedeutet.
Nicht, wie zu Sanzio geheim in der Stunde der Weihe die
Gottheit
Mcdersticg und sein Herz ruhig im Schau» sich gestillt.
Du hast im Rosenduft den schöf'rischen Gott nicht gefunden.
Nur in dem Riesengebau seiner Planeten erkannt.
Hier verfolgtest Du ihn mit allburchdringlichem Scharfblick,
Und nicht die Poesie seines unendliche» Werks,
Aber das große Gestp und die cw'ge organische Ordnung
Fandest Du auf und hast's kühn und gewaltig zcrsczt.
Staunen nur magst Du erwecken, das Ucbrigc dünkt Dir
zu kindisch,
Thorheit dünkt Dir's, geliebt, Weisheit, bewundert zu
styn.
— Von allen Ideen, die Gottes Wesen begründen,
Dünkt ihm die Kraft nur, die Macht göttlich und hcrrlich
zu styn.
Ov den Meister blos der Verstand eines anatomi-
schen Newton, nicht anch Poesie geleitet, möchtest wir
beym Anblick seiner Propheten und Sibyllen billig bezwei-
feln, 2ndeß had der Dichter be» seinem Urtheil gewiß
die Hauptmomeute des Künstlers zusammengefaßt, der
bep allen seinen Vorzügen und eminenten Leistungen doch
immer ein unfreundliches, abstoßendes Gegenüber zu dem
LtbiLiieblicheu Raphael bildet. Es würde uns zu weit
führen, die schönen Distichen des Verfassers über Titian,
dessen sinnliche Wahrheit er gebührend anerkennt aber
auch geziemend rügt, über Guido Reni, Michel Angelo
Caravaggio, Andrea del Sarto, Claude Lorrain, Caspar
Poussln anzuführen. Wir treten lieber mit ihm in die
neue Zeit und geben einige Züge feiner Vergleichung zwi-
schen Canova und Thorwaldsen.
C a n o v a.
Großer Bildner, cs öffnete Dir die verschlossene Vorwclt,
Deinem gelichteten Blick, alles verborgene Gold.
Liebliche Rundung und Fülle, die sinnliche Lust und die
Weichheit,
Ucppige Formen und Reiz nahmst Du in Menge heraus.
Doch wie der Griech' am natürlichste» ist, so gesellet er
weist
Weiblichem Reize den Ernst männlicher Stärke zur Hand.
. So entsteht ein vollkommnes Geschlecht ans der herrlichen
Paarung,
Und die Schönheit erscheint so vom Verstände geführt.
Diese Vermahlung erkanntest D» nicht: Dir genügte die
- Weichheit,
Und der weibliche Theil ohne den schöpfrischen Bund,
Darum wirkst Du auch nur mit dem Reiz, dem entartenden,
selten
Näherst dem weisen Maaß ruhiger Schönheit Du Dich.
Traurige Zeit, es ist wahr, die griechische Kunst war dem
Leben
Nah', und es borgte der Gott sich von dem Menschen die
Form.
Aber vorüber isi's nun, Sanova'-s Götter, sie lernten
Nur die Tanzkunst der Zeit, die Toilette nur ab.
- P l e t «.
Eine treffliche That des edlen fühlenden Herzens,
Wenn sie auf blumigem Weg schon in den Himmel uns
führt.
Dann, Eanvva, hat Dich dies cinz'ge unsterbliche Bildwerk
Anch ans des Jrrthnms Gewalt in den Olympus geführt.
Thorwaldsen, .
Größerer Künstler! es öffnete Dir die verschlossene Vorwclt,
Deinem gelichteter« Blick, tiefer verborgenes Gold.
Und nicht den sinnliche» Reiz, de» erhabenen Sinn und die
Hoheit,
Geist und Schönheit, Verstand nahmst Du begeistert heraus.
Darum irrtest Dn nicht, in der sinnlichen Hülle Dicht täu-
schend,
Sinnen erscheint nur der Sinn, aber dem Geiste der Geist.
So erkanntest Du sie, wie sic'ist, die Göttliche, Ernste,
So begeisterte sie Dich zum geweihtesten Werk.
Keusch war sie, sic nahm nur zum Schein, zum lieblichen
Sinnbild
Einen weiblichen Leib, einen unsterblichen, um.
Nur als Priester bist Dn in ihrem Tempel, und stellest
l Aus dem Altar ihr Bild, wo D» sie sähest, ihr aus./