tf°. 41
Kunst-Blatt.
Donnerstag, m* M a i 1829.
H a n s H 0 l b e i n der Jüngere.
i) Hans Holbein der jüngere, von Ulrich Hegner.
Mit des Meisters Bildniß. Berlin, bcy G-
Renner. 1828. 8. 366 S.
Sowohl des Verfassers, als des Gegenstandes wegen
hätte dem vorliegenden Werke längst in diesen Blättern
eine beurtheilende Anzeige gebührt. Anfälligkeiten verur-
sachten die Zögerung. Jedoch, wie ein gutes Buch nie
früh genug, so kann es auch nie zu spät empfohlen wer-
den; daher, und besonders bey dem Gewirre des heutigen
literarischen Drängens und Treibens, wodurch manche
sehr schätzbare Erscheinung eine Zeit lang dem Blick ent-
zogen wird, glauben wir immer noch vielen Freunden der
vaterländischen Kunst und Geschichte einen angenehmen
Dienst zu erweisen, indem wir ihre Aufmersamkeit auf
diese Biographie zu lenken suchen.
Wer die Klarheit des Geistes und die gediegene Ur-
thcilskraft des Verfassers aus der Molkenkur und seinen
übrigen Schriften kennt, wird es schon erwarten, daß er
mit seinem schönen Talent der Darstellung nicht der be-
liebten Manier romanhafter Geschichtschreibung gehuldigt
habe. Er ist durchaus in den Gränzen rein geschichtlicher
Behandlung geblieben, ja, er hat sich mit dem treusten
Fleiße, jedoch ohne pedantische Kleinlichkeit in das müh-
selige, trockene Geschäft der speziellsten Nachforschungen
eingelassen, um Dunkelheiten aufzuhellen, Jrrthümern
zu berichtigen, Widersprüche zu lösen und Lücken auszn-
füllen. Indem er nun das Ergebniß dieser Arbeit, welche
er seit zwanzig Jahren verfolgte, darlegt, gibt er uns
in seiner einfachen, geistreich belebten Sprache eine mit
den gehörigen Nachweisungen ausgestattete Schilderung von
Holbein's Familien - und Lebensverhältnissen, von seinem
Charakter, Äunstvermögen und Thätigkeit, so wie eine
Aufzählung der von ihm verfertigten oder ihm zugeschrie-
benen Werke.
Der Verfasser beginnt mit einer gedrängten aber an-
ziehenden Darstellung des Zustandes der Reichsstadt Ba-
sel zu Ende des izten Jahrhunderts, und das mit Recht;
denn war auch Basel nicht der Geburtsort unseres Ma-
lers, so war diese Stadt doch der Schauplatz, auf wel-
chem er zuerst sein Kunsttalent übte und wo er dasselbe
bis zu einer Vollkommenheit entwickelte, die ihm einen
weit verbreiteten Ruhm erwarb. Hierauf läßt sich der
Verfasser in die Untersuchung über Holbein's Herkunft
ein, und es gelingt ihm, mit den gründlichsten Beweisen,
darzuthun, daß von den dreh Städten Basel, Grünstadt
und Augsburg, zwischen welchen bisher die Mepnung
schwankte, nur leztere und zwar auf glaubwürdigste Weise
für den Geburtsort dieses Künstlers zu halten sev. Der
Nachricht, daß zu Ende des I5ten Jahrhunderts eine Fa-
milie Holbein in Grünstadt gelebt, sezt er eine ähnliche
durch den Freyherrn von Laßberg aufgefundene von einer
Familie Holbein in Ravensburg entgegen; diese Familien
führten' bepde dasselbe Wappen wie unser Künstler. i§s
folgt aber daraus nichts weiter, als daß sie mit demsel-
ben verwandt waren; hingegen sprechen alle Umstände und
namentlich das noch vorhandene Testament des Malers
Siegmund Holbein in Bern, Oheims des Hans Hol-
bein in Basel, fast ausdrücklich dafür, daß der ältere
Hans Holbein von Augsburg der Vater eben jenes,-
unsers Malers sey. Dieser ältere Hans Holbein, wie
sich aus dem Malerbuch von Augsburg ergibt, war im
I5tcn Jahrhundert dort ansässig, und auf einer der bey-
den gegenwärtig in der Gemäldesammlung dieser Stadt
befindlichen Tafeln, welche er im Jahr 1499 für den
Kreuzgang des Frauenklostcrs St. Catharine daselbst
machte, nannte er sich noch Bürger von Augsburg.
Da nun der Sohn im Jahr 1498 , wo nicht früher, ge-
boren, so ist nicht zu bezweifeln, daß er in Augsburg
zuerst das Licht der Welt erblickt habe. Ob der Vater
einer alten Sage nach zum Ban des Rathhauses, wozu
schon im Jahr 1504 und früher Vorbereitungen getroffen,
aber erst im Jahr 1508 der Anfang gemacht wurde, nach
Basel berufen worden und sich dort niedergelassen, oder
ob der Sohn Anfangs allein dorthin gezogen, bleibt bis
jezt ungewiß. So viel ich ausgemacht, daß bepde das
neue Rathhaus zu Basel mit Wandgemälden geschmückt
haben. Es wäre möglich, daß der junge Holbein auch
Kunst-Blatt.
Donnerstag, m* M a i 1829.
H a n s H 0 l b e i n der Jüngere.
i) Hans Holbein der jüngere, von Ulrich Hegner.
Mit des Meisters Bildniß. Berlin, bcy G-
Renner. 1828. 8. 366 S.
Sowohl des Verfassers, als des Gegenstandes wegen
hätte dem vorliegenden Werke längst in diesen Blättern
eine beurtheilende Anzeige gebührt. Anfälligkeiten verur-
sachten die Zögerung. Jedoch, wie ein gutes Buch nie
früh genug, so kann es auch nie zu spät empfohlen wer-
den; daher, und besonders bey dem Gewirre des heutigen
literarischen Drängens und Treibens, wodurch manche
sehr schätzbare Erscheinung eine Zeit lang dem Blick ent-
zogen wird, glauben wir immer noch vielen Freunden der
vaterländischen Kunst und Geschichte einen angenehmen
Dienst zu erweisen, indem wir ihre Aufmersamkeit auf
diese Biographie zu lenken suchen.
Wer die Klarheit des Geistes und die gediegene Ur-
thcilskraft des Verfassers aus der Molkenkur und seinen
übrigen Schriften kennt, wird es schon erwarten, daß er
mit seinem schönen Talent der Darstellung nicht der be-
liebten Manier romanhafter Geschichtschreibung gehuldigt
habe. Er ist durchaus in den Gränzen rein geschichtlicher
Behandlung geblieben, ja, er hat sich mit dem treusten
Fleiße, jedoch ohne pedantische Kleinlichkeit in das müh-
selige, trockene Geschäft der speziellsten Nachforschungen
eingelassen, um Dunkelheiten aufzuhellen, Jrrthümern
zu berichtigen, Widersprüche zu lösen und Lücken auszn-
füllen. Indem er nun das Ergebniß dieser Arbeit, welche
er seit zwanzig Jahren verfolgte, darlegt, gibt er uns
in seiner einfachen, geistreich belebten Sprache eine mit
den gehörigen Nachweisungen ausgestattete Schilderung von
Holbein's Familien - und Lebensverhältnissen, von seinem
Charakter, Äunstvermögen und Thätigkeit, so wie eine
Aufzählung der von ihm verfertigten oder ihm zugeschrie-
benen Werke.
Der Verfasser beginnt mit einer gedrängten aber an-
ziehenden Darstellung des Zustandes der Reichsstadt Ba-
sel zu Ende des izten Jahrhunderts, und das mit Recht;
denn war auch Basel nicht der Geburtsort unseres Ma-
lers, so war diese Stadt doch der Schauplatz, auf wel-
chem er zuerst sein Kunsttalent übte und wo er dasselbe
bis zu einer Vollkommenheit entwickelte, die ihm einen
weit verbreiteten Ruhm erwarb. Hierauf läßt sich der
Verfasser in die Untersuchung über Holbein's Herkunft
ein, und es gelingt ihm, mit den gründlichsten Beweisen,
darzuthun, daß von den dreh Städten Basel, Grünstadt
und Augsburg, zwischen welchen bisher die Mepnung
schwankte, nur leztere und zwar auf glaubwürdigste Weise
für den Geburtsort dieses Künstlers zu halten sev. Der
Nachricht, daß zu Ende des I5ten Jahrhunderts eine Fa-
milie Holbein in Grünstadt gelebt, sezt er eine ähnliche
durch den Freyherrn von Laßberg aufgefundene von einer
Familie Holbein in Ravensburg entgegen; diese Familien
führten' bepde dasselbe Wappen wie unser Künstler. i§s
folgt aber daraus nichts weiter, als daß sie mit demsel-
ben verwandt waren; hingegen sprechen alle Umstände und
namentlich das noch vorhandene Testament des Malers
Siegmund Holbein in Bern, Oheims des Hans Hol-
bein in Basel, fast ausdrücklich dafür, daß der ältere
Hans Holbein von Augsburg der Vater eben jenes,-
unsers Malers sey. Dieser ältere Hans Holbein, wie
sich aus dem Malerbuch von Augsburg ergibt, war im
I5tcn Jahrhundert dort ansässig, und auf einer der bey-
den gegenwärtig in der Gemäldesammlung dieser Stadt
befindlichen Tafeln, welche er im Jahr 1499 für den
Kreuzgang des Frauenklostcrs St. Catharine daselbst
machte, nannte er sich noch Bürger von Augsburg.
Da nun der Sohn im Jahr 1498 , wo nicht früher, ge-
boren, so ist nicht zu bezweifeln, daß er in Augsburg
zuerst das Licht der Welt erblickt habe. Ob der Vater
einer alten Sage nach zum Ban des Rathhauses, wozu
schon im Jahr 1504 und früher Vorbereitungen getroffen,
aber erst im Jahr 1508 der Anfang gemacht wurde, nach
Basel berufen worden und sich dort niedergelassen, oder
ob der Sohn Anfangs allein dorthin gezogen, bleibt bis
jezt ungewiß. So viel ich ausgemacht, daß bepde das
neue Rathhaus zu Basel mit Wandgemälden geschmückt
haben. Es wäre möglich, daß der junge Holbein auch