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N°. ii

K u n st

l a t t.

Donnerstag, Z. Februar i 8 2 y.

Kunst-Ausstellung in Mailand im I. 1828.

(Beschluß von Nr. 101. 1828.)

Z e i ch n u n g e n.

In der großen Vollendung ihrer Zeichnungen beruht
das hauptsächlichste Verdienst der Kupferstecher der mai-
ländischen Schule. Pietro Anderloni hat eine treffliche
Zeichnung nach einem schönen Gemälde Raphaels auf eine
so liebliche und verständige Art gemacht, daß man sich
um sie drängte, und das Publikum kann versichert, seyn,
daß der Stich alle Schönheiten des Originales glücklich
wiedergeben wird.

Unglücklicherweise hat man eine sehr gute Zeichnung
von Hrn. Raggio, der für einige Kupferstecher einer
andern Gattung arbeitet, daneben gestellt, und unglück-
licherweise war überdies diese Zeichnung die Wiederholung
des schönen Kupferstiches von Anderloni, die Ehebrecherin
nach Ponffin. Obgleich die Zeichnung des Hrn. Raggio
Verdienst besizt, so ließ doch ihre Nachbarin daS Schwer-
fällige und Mühsame seines Crayons hervortreten. Die
Spekulation eines Kaufmannes wird vermuthkich diesen
Kupferstich in punktirter Manier uachbilden lassen; denn
welcher Künstler im Grabstichel würde es wagen, diesen
Gegenstand noch einmal zu bearbeiten?

Unter der Zahl der Crayonzeichnungen, die sich über
zwölf belief, habe ich ein Porträt eines mit Orden gezier-
ten Militärs, von Mlle. Antoinette de Flette aus-
zeichnen müssen. Lieblichkeit, leichte Behandlung der
Kreide, harmonische, durchsichtige Tinten, Stärke mit
Anmuth in den kraftvollsten Strichen, alles dies verkün-
det gute Studien und ein schönes Talent an dieser Kunst-
liebhaberin, welche zum erstenmale etwas auf der Aus-
stellung gezeigt hat.

Eine andere Zeichnung in einer ganz verschiedenen
Gattung hat zu wiederholten Malen meine Aufmerksam-
keit erregt. Ein Blatt von etwa 7 bis 8 Zollen, worauf
sich das Porträt eines Gebirgbewohners als Jäger befin-
det; die Landschaft, welche ihm zum Grunde dient, scheint

der Schweiz anzugehören. Ich glaube, das Werk ist auf
ein mit Gpps überzogenes Papier gemacht, welches der
Zeichner vermittelst des Wischers mit mehr oder minder
starken Tinten bedeckt, und auf welchem er mittelst des
Kratzeisens starke Lichter erhebt, was ihm in der Land-
schaft Leichtigkeit und eine seltene Vollendung in der Aus-
führung gewährt. Diese mit Gyps überzogene Fläche ge-
stattet auch mit dem Crayon feine, zarte, obgleich gut an-
gedesitete Conturen zu geben, was eine geschickte Hand
mit dem Scheidewasser hervorbringen könnte. Ungeachtet
der kostbaren Ausführung in der Zeichnung des Hrn.
Grüner aus Dresden, erblickt man doch an derselben
weder Zwang noch Trockenheit. Die Landschaft ist außer-
ordentNch reich, wöbe» jedoch der Hauptgegenstand nicht
Schaden leidet, weil sie mit Gefühl behandelt ist. Diese
Zeichnung verdiente einen besseren Platz und cs wäre keine
gastfreundliche Gefälligkeit gewesen, sie in ein besseres Licht
zu stellen, sondern Billigkeit und Pflicht. Aber es gibt
Künstler, welche sich an den Ausspruch halten: „Außer
ihrem Genre gebe es kein Talent." Was würden sie
denn von mir denken, wenn ich einen Artikel über ein
Blatt weißen Papiers von einem Fuß Breite schriebe, das,
mit der Schecre ausgeschnitten, das Paradies vorstellt,
wie die Schlange Adam und Eva versucht; ich glaube, daß
dieses Stück, einzig in seiner Art, daS nächste Jahr wird
ausgestellt werden. Es ist von einem Künstler, welcher
uns eine Copie in Oel von einem Gemälde Albani's ge-
zeigt hat. Er verschmäht es nicht, mit der Spitze der
Scheere zu zeichnen.

Die Perspcktivzeichnungen verkünden die gute Schule,
auö welcher die Gagliari, die Gonzaga, die De-
goti, die Per.go und ein Sanguirico hervorgegan-
gen sind, deren Meisterwerke ans allen Theatern Euro-
pa's in den Dekorationen von magischem Effekte glänzen.
Mehrere Künstler oder Eleven, welche sich dieser Gat-
tung der Malerei) widmen, haben reiche Compositionen
ausgestellt, beynahe alle in Tusch und zu den schönsten
Hoffnungen berechtigend. Es macht mir viel Vergnügen,
sie zu nennen: G. B. Bossi, Carl Sala, Gotthard bei
Marco, Ferino Zuwari, Angelo Pisoni, Anton Bramati.
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