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N°. 61

Kunst-Blatt.

Donnerstag, 3o. Juli r 8 2 9.

Die Krönung Carls des Zehnten.

Gemälde von Gerard.

Dies Gemälde, von welchem fast alle französische
Blätter seit einiger Zeit Beschreibungen oder Beurthei-
langen lieferten, ist nun gegenüber dem Einzug Heinrichs
des Vierten in dem sog 'nannren Apollosaal deS Museums
zu Paris ausgestellt, so da'^i zwei) Werke desselben Meisters,
historisch wichtige Momente des französischen Königthums,
bezeichnend, in diesem Vorsaal der Gallerie als die Haupt-
bilder glänzen. Da unsere Correspondenten in Paris uns
bis jezt keine Nachricht über diese so bedeutende Erschei-
nung in der französischen Kunstwelt haben zukommen lassen,
so benutzen wir einen mit vieler Einsicht geschriebenen
und mit einem Umriß des Bildes versehenen Aufsatz im
Vniversd vom 5ten Juli, um unfern Lesern einen Be-
griff von der Compvsition und von den Urtheilen, welche
das Bild erfahren hat, zu verschaffen.

Das Gemälde ist 30 Fuß breit und ig Fuß hoch,
von derselben Größe, wie der Einzug Heinrichs des Vier-
ten, zu dessen Gegenstück es gleich anfänglich bestimmt
war. Da das Werk ein Denkmal der Krönungsfeyer
(Tableau du sacrc) werden sollte, so konnte der Künstler
vier verschiedene Momente für feine Darstellung benutzen:
den Eid, die Salbung, die Krönung und die Thronbestei-
gung. Hr. Gerard hat mit Recht den lezten Moment
gewählt. Denn obgleich der Augenblick, wo der Monarch
den Eid ablegt, der feyerlichste und bedeutendste ist, so
bietet doch die sitzende Stellung des Königs zu wenig
Charakter, und seine Kleidung zu wenig malerische Vor-
theile dar. Der Augenblick der Salbung würde noch un-
günstiger gewesen seyn, da die Majestät des Königs dabcp
gänzlich verloren geht, und andrerseits die Zuschauer dabcy
zu still und regungslos sich verhalten. Dieselben Nach-
thcile würden sich bep Darstellung des Krönungsmomen-
tes gezeigt haben; in der Thronbesteigung allein erscheint
die Gewalt und Würde des Monarchen, so wie die Ehr-
furcht des Volks sie zu betrachten gewohnt ist.

Der Thron stand in dem Schiff der Kirche, da, wo
cs sich mit dem Chore verbindet; im Triumphzug langt
der König vor demselben an. Die Pforten des Tempels
öffnen sich und das Volk stürzt herein. Eine gedrängte
Menge von Menschen verschiedenen Alters, Geschlechts und
Standes fluthet durch das Schiff und ihr Bepfallruf hallt
au den Gewölben wieder. Am Fuße des Thrones wehen
die Fahnen in den Händen der Heerführer und weiße Fe-
derbüsche wiegen sich über den Häuptern der Kronwür-
denträger. Alle Zuschauer in den Tribünen sind in der
lebhaftesten Bewegung.

Im Bilde steht der Thron zur rechten Seite; der
König hat denselben bereits eingenommen und die Prinzen
treten vor, um die Umarmung zu empfangen. Schon ist
der Dauphin zu den Füßen seines Vaters; ihm folgt der
Herzog von Orleans und diesem der Herzog von Bour-
bon. Im Augenblick, wo der Dauphin die Knie beugt,
umfaßt ihn der König und drückt ihn an seine Brust.

Der Erzbischvff von Reims, in bischöfflichem Gewände,
steigt die Stufen des Thrones herab, zu welchem er den
gekrönten Monarchen geleitet hat; er kehrt zu dem Al-
täre zurück, indem er den Segen des Himmels anruft.
Zur Seite der Estrade sind die bepden assistirenden Kar-
dinäle; der-eine scheint in einer Bewegung des Enthusias-
mus sich den hohen Personen zu nähern; der andere, wel-
cher sizt, drückt durch eine Bewegung der Hand sein Ge-
fühl aus. Hinter dem Throne auf der Estrade stehen die
Gardekapitäne in Uniform; zur Linken derselben die Mac-
schälle von Frankreich in Galla. Mit dieser Gruppe ver-
bindet sich die der Großoffiziere der Krone. Gegen die
Mitte des Bildes sieht man. die Kammerherrn und in
der Mitte selbst vor der Estrade den Kanzler von Frank-
reich, mit der Toga bekleidet. Nicht weit von ihm sind
die Adjutanten des Königs in Uniform; die übrigen Per-
sonen sind im Hofkostüm. Zur Linken des Kanzlers der
Oberkammerherr, begleitet vom Meister der Garderobe;
hinter ihnen der Oberceremonienmeister, alle stehend. Ei-
ner strengen Etikette zu Folge sizt der Herzog von Uzes
allein, er repräsentirt den Großmeister von Frankreich
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