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ß°. 101

K u n st - B l

a t t.

Donnerstag,

17. D e c e in b e r 1329.

Dcr königliche Bildersaal in der St. Morizkapcllc
zu Nürnberg.

(Fortsetzung von Nr. 81.)

Hoben wir im Anfang unseres Berichts das Wich-
tigste ausgehoben, was der Vildersaal aus der nieder-
deutschen Schule enthält, so scheint es nunmehr Zeit, zu
der oberdeutschen überzugehen, aus welcher hundert und
ein Gemälde vorhanden sind.

Daß die oberdeutsche Schule mit der niederdeutschen
denselben Ursprung gemein hat, dürfte nicht schwer wen
den, zu beweisen; hier, wie dort, war die byzantinische
Schule Vorbild und Lehrerin. Durch ihre Handelsver-
bindungen mit Venedig und den Städten Oberitaliens
fand Nürnberg Gelegenheit genug zur Bekanntschaft mit
den Leistungen jener Schule, und wir haben sowohl aus
der Sknlptur, als aus der Malerey mehrere sprechende
Beweise in unsrer Vaterstadt dafür anzuführen. Alle
Skulpturen an der Frauenkirche, welche aus den Jahren
1350 — 60 herrühren, die Schonhoferschen Statuen am
schonen Brunnen, von welchen die Jahrgänge 1825, 26
und 27 des Frauentaschenbuchs sechs Abbildungen liefern,
und die altern und geringeren am Portale der Lorenzer
Kirche vom Jahre 1270 zeigen mit den Skulpturen der
Kellner einen gleichen Charakter, und dienten gewiß eben
so gut hier, wie dort, den Malern zum Vorbild. Was
brauchen wir aber auf die Skulpturen hinzuweisen? Sind
nicht die zwar vom Oel durchdrungenen, aber -> tomxcr»
gemalten Altargemälde in der Jakober Kirche mit der
Jahreszahl 122-1, die eben so behandelten byzantinischen
Gemälde in der Lorenzer Kirche und besonders die aus
ihr genommenen fünf trefflichen Bilder der Gallerie auf
der Burg, eine Krönung der Maria und die vier Apostel,
Paulus, Bartholomäus, Thomas und Matthias, von wel-
chen das erste und zweyte Heft des Sammlers Umrisse
gibt, dafür die überzeugendsten Beweise? Nur währte
es hier ungleich länger, als am Niederrhein, bis die Ma-
lcrey sich zu größerer Bedeutung erhob, denn während
sie dort durch Van Eyck glänzende Fortschritte machte,
blieb sie hier in ihrer Kindheit; ja die leztgenannten

byzantinischen Gemälde haben zumal in der Gewandung
Vorzüge, welche die oberdeutsche Schule selbst in der Zeit
ihrer Blüthe nicht erreichte. Auch fehlte dieser Schule
bis zu Dürer ein entschiedener, gemeinsamer Mittelpunkt;
es stehen die Meister derselben mehr vereinzelt da. Un-
gleich' länger behielten sie den Goldgrund und die Gold-
stvffe; ihren Figuren fehlt cs nicht an lebendiger und aus-
drucksvoller Bewegung, ja es ist mit Recht bemerkt wor-
den, daß Handlung und Ausdruck auf ihren Bildern häufig
zu sehr auf Kosten der Schönheit und des Geschmacks
sprechend sind; ihre Köpfe haben seelenvollen Ausdruck,
ob sie gleich bis Albrecht Dürer in der Kenntniß des
Kopfes weit gegen die Niederländer zurück waren und
selbst dieser in seiner frühern Periode von dem Vorwurf
zu großer Magerkeit nicht frey ist. Durchaus finden wir
weniger Fleiß in der Ausführung, weniger ängstliche Treue
im Auffassen der Natur, mehr Neigung zum Jdealischen,
Streben nach einem gewissen großartigen Styl. Die
schöne Drapirung wird nicht selten durch kleinliche, eckige
Falten entstellt. Die Frische und Pracht dcr Farben wird
mit Recht in beyden Schulen bewundert, obgleich der Vor-
zug der Niederdeutschen gebührt.

Nach diesen allgemeinen Andeutungen dürfte es pas-
send seyn, sogleich an die Aufzählung der wichtigsten Stück«
zu gehen, welche der König!. Bildersaal aus der ober-
deutschen Schule enthält. Die byzantinischen Malereyen
sind hier ausgeschlossen, auch andere Gemälde vor Wohl-
gemuths Zeit fehlen, obgleich auf der Veste und in den
Kirchen Nürnbergs mehrere sind, welche von unbekannten
Meistern vor Wohlgemut!) gefertigt, den Charakter dieses
Künstlers nur noch nicht in der Vollendung an sich tra-
gen, z. B. Nro. 436. in der Gallerie auf der Veste, ein
Christus am Oelberg, und Nro. 44g. ebendaselbst die
Kreuzabnahme. Es haben daher auch wir mit Wohlge-
muth und seinen Zeitgenossen zu beginnen.

Michael Wohlgemuth hat sich einen zweyfachen
unvergänglichen Ruhm erworben, einmal durch seine Werke
und dann durch die Bildung des größten, oberdeutschen
Malers, Albrecht Dürer. Wenn bisweilen (wie z. B. in
einem Aufsatze des ljeurigcn Kunstblattes Nr. 62.) nur
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