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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Waetzoldt, Wilhelm: Franz Kugler, Preussens erster Kunstdezernent
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Franz Kugler, Preußens erster Kunstdezernent — Nekrologe — Personalien

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Poesie und Theater an die bestehenden Sektionen für
bildende Künste und für Musik.

Nachdem der Minister Adalbert von Ladenberg
1848 das Kultusministerium übernommen hatte und
Kugler Vortragender Rat geworden war, schienen seine
Pläne der Verwirklichung nahe zu sein. Aber schon
1850 Irat Ladenberg zurück, und die Neuorientierung
der Kunstpolitik mußte unterbleiben. Kuglers um-
fassende Gedanken wurden 1859 aus seinem Nach-
laß unter dem Titel »Grundbestimmungen für die Ver-
waltung der Kunstangelegenheiten im Preußischen
Staate« veröffentlicht und von Paul Heyse dem Mi-
nister August von Bethmann-Hollweg übersandt. Zu
einer Verwirklichung der Pläne kam es auch jetzt
nicht; wenn auch vielleicht der gute Wille des Ministers
vorhanden gewesen wäre, es fehlten die Intelligenz und
Arbeitskraft des Dezernenten. Heyse hatte recht, als
er Jakob Burckhardt schrieb: »Die Sachen (Kuglers
Grundbestimmungen) sind trotz der zehn Jahre leider
noch alle nagelneu, manche nicht bloß von gestern,
sondern von übermorgen. Und werden es noch eine
gute Weile bleiben trotz aller Hollwegs«.

Es waren die gleichen Anlagen und Kräfte, die
das Geschichtsbild des Kunsthistorikers Kugler bestimm-
ten und ihm die Möglichkeit amtlicher Wirksamkeit
und die Aussicht auf kunstpolitische Erfolge gaben.
Den Grund seines Wesens bildete ein warmes und
frisches Wirklichkeitsgefühl, das nicht nur ihm, son-
dern dem Geschlecht der vierziger Jahre eignete im
Gegensatz zu der blassen, wirklichkeitsfernen Art der
vorhergehenden, noch in der Romantik wurzelnden
Generation. Ein empirischer Sinn wies Kugler als
Kunstschriftsteller überall auf Anschauung und Be-
schreibung, auf die Kunstwerke selbst hin und setzte
ihn damit in einen fühlbaren Gegensatz zu jener
ideengeschichtlichen, rein konstruktiven Behandlungs-
weise kunstgeschichtlicher Probleme, wie sie Hegels
Schüler Holho am strengsten vertreten hatte. Dem Beam-
ten Kugler kamen Sachlichkeit und Nüchternheit zugute,
da sie ihm die innere Freiheit gegenüber den Vor-
zügen und Nachteilen heimischer wie fremdländischer
Verhältnisse gewährten und ihn vor innerer Erstarrung
in vorgefaßten Verwaltungsmaximen schützten. Das
zweite Element seines Wesens, das sich im wissen-
schaftlichen wie im praktischen Leben als gleich wirk-
sam erwies, war seine Gabe zu disponieren. Ihr
dankte Kugler es, daß ihm die Bezwingung eines ge-
waltigen Darstellungsstoffes mit Hilfe klarer und durch-
sichtiger Gliederungen in seinen Handbüchern glückte.
Diese Fähigkeit rettete ihn davor, in dem Meer von
Einzeltatsachen, das er unermüdlich durchforschte, den
Kurs zu verlieren oder zum bloßen Kompilator frem-
der Forschungsergebnisse herabzusinken. Dem Be-
amten Kugler aber verwandelte sich jene »baumeister-
liche« Anlage in Organisationstalent, in die Fähig-
keit zu den Überblicken über die Gesamtverhält-
nisse seines Dezernates und die Kraft zu ihrer syste-
matischen Bearbeitung, wie sie aus Kuglers Denk-
schriften spricht. Schließlich besaß Kugler Bildung
im höchsten Sinne. Er gehörte noch jener Zeit an,
die den allseitig gebildeten, den Goethe-Menschen als

Ideal anerkannte. Bloßes Fachwissen hätte ihn den
Urkundenforschern und Kennern des kunstgeschicht-
lichen Marktes beigesellt, — Bildung, die das Fachwissen
nur als einen freilich unentbehrlichen geistigen Besitz
neben anderen Werten in sich barg, hob ihn empor in
die Reihe der wirklichen Geistesarbeiter. Und Jakob
Burckhardt wußte, warum er mit Wärme — selbst schon
ein junger Meister — zu dem älteren aufgeblickt, ihm
die ersten Bücher zugeeignet und als reifer Mann des
toten Freundes Vermächtnis, die Handbücher, bear-
beitet hatte, verdankte er doch nach eigenem Bekennt-
nis Kugler den besten Teil seiner Bildung.

Kuglers Bildung gab ihm jene Höhe der Auf-
fassung, die den Beamten in der Kunst nicht ein Ver-
waltungsobjekt erblicken, sondern ein Grundbedürfnis
der Nation erkennen ließ, das »gewisseste Bewußtsein
der Völker, ihr verkörpertes Urteil über den Wert der
Dinge«, wie Karl Schr.aase es formuliert hat. Das innere
Ethos des Gelehrten und des Verwaltungsbeamten Kugler
bezeichnet nichts so gut wie die Wahl des Mottos aus
Wilhelm von Humboldts Schriften, das er seiner Denk-
schrift Ȇber die Kunst als Gegenstand der Staatsver-
waltung« vorangestellt hat: »Man kann es überhaupt
nicht genug wiederholen: Kunstgenuß ist einer Nation
durchaus unentbehrlich, wenn sie noch irgend für
etwas Höheres empfänglich bleiben soll«. —

NEKROLOGE
Der Lehrer an der Weimarer Hochschule, Professor
Carl Frithjof Smith, ist im Alter von 58 Jahren ge-
storben. Smith war in Christiania geboren, hatte die Münche-
ner Akademie unter Löfftz besucht und wirkte seit 1890
als Lehrer an der Kunstschule in Weimar. Durch ausge-
zeichnete Bildnisse hat er sich einen bedeutenden Ruf er-
worben und hatte auf den Kunstausstellungen in Berlin
und München Auszeichnungen erhalten.

PERSONALIEN

Am 5. Oktober trat der Landschaftsmaler Professor
Ascan Lutteroth in sein fünfundsiebzigstes Lebensjahr.
In Hamburg geboren, durch Calame, Oswald Achenbach
u. a. angeregt und weitergebildet, wurden Aufenthalte an
der Riviera und am Golf von Neapel für die Palette des
Künstlers entscheidend. Alle seine seither geschaffenen
Gemälde und farbigen Blätter standen unter dem Einfluß
derselben farbigen Lichtfülle, zu der sich der Künstler vom
Anbeginn bekannt. Erhielten die Werke des Künstlers
dadurch auch eine gewisse Uniformität, so verhalf ihnen
doch ein vorschlagend liebenswürdig persönlicher Unter-
ton zum Erfolg. w.

In dieser Woche sind wieder zwei Jubilare zu ver-
merken. Seinen 60. Geburtstag beging am 15. Oktober
Prof. Dr. Hermann Seeger, der sich als Beistand des
Berliner Akademiedirektors, früher Anton von Werners und
jetzt Arthur Kampfs, große Verdienste erworben hat. Ur-
sprünglich Philologe und schon in seiner Vaterstadt Halber-
stadt als Lehrer tätig, wandte er sich aber dann der Malerei
unter Gussows Leitung zu und entfaltete seit 1894 an der
Berliner Hochschule eine ersprießliche Tätigkeit als Künst-
ler und Verwaltungsbeamter.

Sein 50. Lebensjahr hat am 18. Oktober Stanislaus
Cauer vollendet. Er stammt aus Kreuznach und gehört
jener Künstlerfamilie an, die bereits durch Generationen

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