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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Ist ein Kunstausfuhrverbot für Deutschland wünschenswert?
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Kurth, W.: Ein neuer Tizian und andere Erwerbungen im Kaiser-Friedrich-Museum zu Berlin
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIX. Jahrgang 1917/1918 Nr. 15. 18. Januar 1918

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
Abonnenten der Zeitschrift für bildende Kunst erhalten Kunstchronik und Kunstmarkt kostenfrei. Anzeigen 40 Pf. die Petitzeile; Vorzugsplätze teurer.

IST EIN KUNST AUSFUHRVERBOT
FÜR DEUTSCHLAND WÜNSCHENSWERT?

Die geradezu unerhörten Preise, die auf den ersten
Versteigerungen dieses Winters für Kunstwerke aller
Art gezahlt worden sind, haben die Aufmerksamkeit
und vielfach die Entrüstung der weitesten Kreise des
Publikums erregt. Der im preußischen Abgeordneten-
hause Mitte Dezember gestellte und einstimmig an-
genommene Antrag des Abgeordneten Dr. Kaufmann,
daß ein Kunstausfuhrverbot wenigstens für die Kriegs-
zeit erlassen werden müsse, war der Ausdruck dieser
Stimmung. Die vereinzelten Einwendungen dagegen,
daß diese außerordentliche Preissteigerung eine natür-
liche sei und womöglich noch zunehmen würde, und
daß das Ausland nur unbedeutend bei den Ankäufen
beteiligt sei, sind nicht stichhaltig; denn die Preise
in Paris und London waren gleichzeitig niedriger;
auch ist ein beträchtlicher Teil der verkauften Kunst-
werke (mehr als ein Viertel), darunter gerade die
besten Stücke, an das Ausland gegangen. Eben ist
sogar eine der bedeutendsten Berliner Sammlungen,
die Galerie Hollitscher, als Ganzes an einen Ausländer
(um 5 Millionen Mark) verkauft worden. Das Ver-
langen, weitere Abwanderungen wertvoller Kunstgegen-
stände aus Deutschland möglichst zu verhüten, ist daher
gewiß nicht unberechtigt. Es fragt sich nur, ob der
Weg, wie ihn der Antrag Kaufmann vorsieht, der
richtige sein würde.

Daß unsere schlechte Valuta ein besonderer An-
reiz zum Kaufen für das Ausland bot, da es nur die
Hälfte zu zahlen brauchte, ist zweifellos. Aber dies
war keineswegs der Hauptgrund der riesigen Preis-
steigerung und der Abwanderung der Kunstwerke,
da gerade Österreich - Ungarn mit seiner noch viel
schlechteren Valuta die meisten und teuersten Erwer-
bungen auf den Berliner Versteigerungen gemacht hat.
Wesentlichere Gründe liegen in der raschen und leich-
ten Bildung außerordentlicher Vermögen während des
Krieges und in der damit verbundenen Sorglosigkeit im
Verausgaben dieser Gewinne; in einer Art Spielwut,
wie sie diese Auktionen bieten; in dem Mangel an
Verständnis namentlich des Marktwerts der Kunst-
werke seitens dieser neuen Sammler; vor allem aber
in unserer Absperrung von den Kunstmärkten des
Auslandes und der dadurch hervorgerufenen Ebbe
im Bestände unserer Kunsthändler. Besonders der
letztere Umstand läßt starken Zweifel zu, ob ein Aus-
fuhrverbot, dessen Durchführung in Deutschland zu-
dem besonders schwierig sein würde, den deutschen
Kunstbesitz nicht eher schädigen als ihm nützen würde;
denn allein Frankreich und namentlich England haben
gegenüber Deutschland sicherlich wohl das Zehnfache

an wertvollem Privatbesitz von Kunstwerken. Sollten
nun diese Länder nach dem Kriege ein Ausfuhrverbot
erlassen, so müßte selbstverständlich Deutschland gleich
damit folgen; sonst werden aber die deutschen Samm-
ler und Museen nach wie vor im Auslande weit mehr
und bessere Gelegenheit zur Vermehrung ihrer Samm-
lungen finden als die Ausländer bei uns.

Aber freilich, so wie in diesen letzten beiden Jah-
ren darf es mit der Veräußerung und Abwanderung des
privaten Kunstbesitzes nicht weitergehen, denn bis zum
Frühjahr wird bereits mehr als der vierte Teil aller wert-
volleren Kunstwerke, die im deutschen Privatbesitz
frei verfügbar sind, verkauft und zu einem sehr be-
trächtlichen Teil nach dem Auslande gegangen sein.
Eine solche Abwanderung ganz zu verhindern, ist weder
möglich noch notwendig; denn schließlich sollen doch
nur die künstlerisch und historisch wirklich bedeutenden
Werke für unsere öffentlichen Sammlungen gerettet wer-
den. Wenn es nicht möglich ist, freien Handel zwischen
den Staaten auch für ältere Kunstwerke durchzusetzen
— sicher das erwünschteste, aber leider in weitester
Ferne liegende, wohl nie erreichbare Ziel! —, dann
ist jener Schutz des .wirklich hervorragenden Kunst-
besitzes am leichtesten und besten auf dem Wege zu
erreichen, den Italien (neben dem Ausfuhrverbot),
Österreich und seit 1916 selbst England eingeschlagen
haben, nämlich die Registrierung aller künstlerisch und
historisch hervorragenden Werke im Privatbesitz und
ein Vorkaufsrecht des Staates auf solche Kunstwerke,
wenn ein ernstes Angebot darauf vom Ausland vor-
liegt. Selbstverständlich müßte der Staat sich dann
rasch entscheiden und unter gleichen Bedingungen in
den Kauf eintreten. Die Fragen der Inventarisierung
in den verschiedenen Bundesstaaten wie die Berech-
tigung zum Ankauf solcher Werke (nicht nur für die
staatlichen, sondern auch für manche städtische Museen),
die Leitung und Beaufsichtigung in unseren Haupt-
städten und andere Fragen sind freilich gerade in
Deutschland nicht leicht zu lösen; aber sie sind sehr
wohl zu lösen, zumal wenn dabei jede mögliche Rücksicht
auf die freie Verfügung der Besitzer genommen wird, die
zweifellos alle ihre Lieblingswerke, wenn sie sie einmal
abzugeben gesonnen sind, lieber an ihre heimischen
Museen verkaufen werden als an das Ausland, zumal
wenn sie die gleichen Preise dafür erhalten. BODE.

EIN NEUER TIZIAN UND ANDERE
ERWERBUNGEN IM KAISER-FRIEDRICH-
MUSEUM ZU BERLIN

Nach den beiden großen Tafeln des van der Goes
und des Giotto, den bedeutendsten Erwerbungen der
letzten Jahre, ist es der Berliner Galerie gelungen,
 
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