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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 29.1918

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Dresdner Ausstellung
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KUNSTCHRONIK

Neue Folge. XXIX. Jahrgang ?917/1918 Nr. 19. 15. Februar 1918

Die Kunstchronik und der Kunstmarkt erscheinen am Freitage jeder Woche (im Juli und August nach Bedarf) und kosten halbjährlich 10 Mark.
Man abonniert bei jeder Buchhandlung, beim Verlage oder bei der Post. Für Zeichnungen, Manuskripte usw., die unverlangt eingesandt werden,
leisten Redaktion und Verlagshandlung keine Gewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Leipzig, Hospitalstr. IIa.
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DRESDNER AUSSTELLUNGEN

Im Kgl. Kupferstichkabinett ist während des laufen-
den Vierteljahres eine Gedächtnisausstellung für den
Münchener Maler Toni Stadler veranstaltet, der im
vorigen Jahre im Alter von 67 Jahren gestorben ist.
Es ist wenig bekannt, daß Stadler neben seinen Male-
reien auch lithographiert hat. Er selbst hat wenig
Wesens davon gemacht und sie nicht durch den
Kunsthandel verbreitet. Max Lehrs aber, der mit
Stadler nahe Beziehungen unterhielt, hat es sich seit
Jahren angelegen sein lassen, das gesamte graphische
Werk Stadlers, das sind 32 Lithographien und eine
Radierung, zu sammeln, und hat dazu noch einige
Zeichnungen Stadlers für das Dresdner Kabinett er-
worben. Damit ist ein köstlicher Schatz erlangt,
der nirgends in gleicher Vollständigkeit vorhanden
ist, weil niemand sonst auf diese Nebenwerke des
bescheidenen Künstlers geachtet hat. In Stadlers
Künstlerschaft gibt mit der überaus köstlichen Land-
schaft der Dresdner Galerie die Sammlung seiner
Steinzeichnungen einen vollen Einblick. Ein tiefes
Naturerleben spricht aus diesen Landschaften, eine
innige Liebe zur Natur in ihrer Einsamkeit und Größe.
Nur die Natur selbst hat diesen Künstler erregt und
zum Schaffen gereizt: in einer einzigen Landschaft
sieht man bei genauerem Hinsehen ein paar Menschen
leicht angedeutet, sonst nur die feierliche Stille der
einsamen Natur. Oft sieht er sie ernst und schwer-
mütig, dann aber auch im breiten heiteren Sonnen-
licht, meist aber weiträumig in endloser Tiefe mit
hohem Wolkenhimmel. Keiner hat uns wohl die
Schönheit der flachen Ebene, des Hügellandes mit
seinen sanftgeschwungenen Formen mit so wenigen
Mitteln, ohne jedes Haschen nach Wirkung gleich
eindringlich vor Augen geführt. Da ist kein Suchen
nach besonders wirksamen Vorwürfen; scheinbar ohne
jedes Auswählen gibt Stadler ein breit hingelegtes
Stück der ihm vertrauten Voralpenlandschaft in ihrer
Anspruchslosigkeit wieder. Aber mit dieser Einfach-
heit paart sich ein vollendetes Können, ein Naturge-
fühl von unendlicher Tiefe, eine feine Geschlossen-
heit der Stimmung, die uns stille macht und zur
beruhigenden Größe der Natur leitet. — Ein vor-
zügliches Lichtbildnis Stadlers ist der Ausstellung
beigegeben, das die Züge dieses feinen vornehmen
Künstlers, eines Mannes von reichem Wesen, von
stiller und tiefer Eigenart, dauernd festhält.

In der Galerie Ernst Arnold ist eine kleine Ge-
dächtnisausstellung für Wilhelm Trübner veran-
staltet, die in dreißig Gemälden, "die besten aus
Dresdner und anderem Privatbesitz, einen anschau-
lichen Überblick über mehr als vierzig Jahre von

Trübners Schaffen gibt. Das älteste ist das Bildnis
einer Dame (Frl. K.) mit dunklem Haar und weißem
Spitzenkragen von 1872. Es stammt also aus der
Zeit, da Trübner auf Leibis Rat aus der Münchener
Akademie ausgetreten war, weil er ja mehr könne
als seine Lehrer und jede Art von Korrektur ihm nur
hinderlich sei, und als er mit Albett Lang und Karl
Schuch in einem gemeinsamen Atelier mit jugend-
licher Begeisterung auf eigene Hand weiter malte.
Es ist ein gutes Bild natürlicher Auffassung in ge-
pflegter und künstlerischer Malweise, wie sie Trübner
damals eigen war. Weiter folgen drei Bilder aus
dem Jahre 1876, als er nach dem Einjährig-Frei-
willigen-Jahr mit einem wahren Feuereifer wieder an
seine Arbeit ging und in einem Jahre mehr als 30
Bilder malte. Die Zeit von 1876 an, als Trübner
unter dem Einflüsse seiner damaligen gelehrten Freunde
in München die vielfigurigen mythologischen und ge-
schichtlichen Bilder malte, ist nur durch das schlichte
Bildnis des Mädchens mit gefalteten Händen vertreten.
Das Bildnis einer polnischen Dame ist gemäß der
Eigenart dieser Dame mehr auf Wirkung und Re-
präsentation hingemalt, als man es bei Trübner ge-
wöhnt ist. Besonders schöne Stücke aber sind dann
die beiden Heidelberger Bilder von 1889, Ermatingen
am Bodensee von 1894 und Niederhausen im Oden-
wald von 1900. Des weiteren ist fast jedes Jahr bis
1915 durch ein bezeichnendes Werk vertreten, darunter
ein schlichtes Bildnis des Großherzogs Ernst Ludwig
von Hessen von 1904, Schloß Hemsbach mit Bank
im Vordergrunde von 1905 und der Hof im Stift
Neuburg von 1913. Die grüne Malweise Trübners
ist durch mehrere Bilder, darunter den Park des
Schlosses Hemsbach von 1904, recht gut vertreten.
Überraschend ist eine — nicht im Katalog verzeich-
nete — Hofansicht des Schlosses Baden-Baden, die
in herbstlicher Pracht in rotem und grünem Laub
und Rasen mit roten Blumenstreifen nebst den weißen
Fensterläden sich stark aus den übrigen grüntonigen
Bildern heraushebt. Vielleicht hätte sich Trübner bei
noch längerem Leben wieder dauernd zu einer reiche-
ren Palette bekehrt. — Ein breit und fest gemaltes
Selbstbildnis des Künstlers von 1912, unter dem ein
Lorbeerkranz hängt, gibt der ansehnlichen Schau
auch äußerlich das Gepräge einer ernsten Gedächtnis-
ausstellung.

Verstärkt ist sie durch die kleine Auswahl von
Bildern von Wilhelm Leibi, Karl Schuch und
Hans Thoma, die alle drei in Trübners Leben be-
deutsame Rollen gespielt haben. Von Leibi sehen wir
namentlich die nervöse rechte Hand des Rembrandt-
Deutschen und den entzückenden kleinen Kopf eines
Bauernmädchens (Waldmann Nr. 123 und 197); von
 
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