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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,1.1897-1898

DOI Heft:
Heft 8 (2. Januarhfet 1898)
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Bartels, Adolf: Shakesperiana
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Lier, Leonhard: Bettelheims Anzengruber-Biographie
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https://doi.org/10.11588/diglit.7955#0257

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rncht, weil sie aus dem Zusammenhang herausgerissen sind und man Einzel-
heiten eines Kunstwerks nie zur Motwierung von etwas, was autzcrhalb des
Kunstwerks liegt, benutzen darf. Aber Prof. Conrad ist auch nicht der Literatur-
philologe, wie er im Buche steht, sondern ein vernünstiger Mann, der seinen
Shakespere liebt und sich sreuen würde, wenn er Recht hätte, aber nicht ü tout
prix Recht haben will. Adolf Bartels.

Lk

Wettelbetms Anzengruber-Liograpbte *

liegt bereits in zweiter Auslage vor, ein erfreuliches Zeichen der wachsenden
Wertschätzung des Dichters, der trotz einiger Zugeständnisse an die Konvention
tiefer ins Herz des Volkes geschaut und ehrlicher aus seiner Seele heraus ge-
schrieben hat, als mancher, der von der Höhe eines radikalen Realismus auf
ihn herabblicken zu dürfen meint. Noch ist die Zeit wohl nicht da, sein litera-
risches Wirken im Rahmen der Geschichte, im besonderen des Wiener und des
deutschen Volkstheatcrs Lberhaupt, zu schildcrn, zu zeigen, auf wessen Schultern
cr stand und wie weit er über seine Vorgänger und Zeitgenossen hinausge-
komincn ist; es fehlt an den unentbehrlichsten Vorarbeiten. Bettelheim begnügt
sich auch in der Rolle des warmherzigen, aber nicht kritiklosen Verehrers und
Freundes, uns ein Bild des Dichters zu geben, dessen Persönlichkeit als scharf
umrissener Charakterkopf aus allen seinen Werken herausschaut; er führt uns
seinc Hauptwerke in kurzcn, aber anschaulichen Berichten vor und zieht schlieh-
lich aus ihnen als Quintessenz ein Bild der Weltanschauung des Dichters, die
in cinem ungebrochenen Glauben an den endlichen Sieg des Humanitätsge-
dankens gipfelt. Damit ist dem hauptsächlichsten Bedürfnisse Genüge gethan,
dem noch lange nicht nach Verdienst geschätzten Volksdichter neue Freunde zu
erwerbcn, alte noch stärker an ihn zu fesseln. Den kommenden Biographen ist
in Bettelheims Buch eine wertvolle Vorarbeit geboten, vor allem auch in der
klaren und überzeugenden Entwicklung der dichterischen Persönlichkeit Anzen-
grubers aus dem Menschen und aus dessen Schicksalen. Der Nachweis, dah
Anzengruber werden mutzte, was er war, cin starkes und ursprüngliches Talent,
das in seinem Kreise der Volkspoesie das höchste geleistet, das aber über
diesen Kreis weder hiuausdrang noch hinausstrebte, ist in Bettelheims Buch
überzeugend erbracht. Wie hoch aber schon wegen dieses Verdienstes der
Dichter des Meineidbauern und des Sternsteinhofes zu schätzen ist, braucht in
eincm Blatt, das seit Jahren für cchte Volkskunst eintritt, nicht mehr ausein-
andergesetzt zu werden. Dieser Kunst mag auch Bettelheims Buch dienen und
vielleicht gerade darum am besten, weil er in freiwilliger Selbstbeschränkung
vor allem darauf ausgeht, den Menschen, den Dichtcr und den Denker dcm
Empfinden des Volkes noch näher zu rücken und die Lust zu stärken, zu den
frischcn Quellen scines Geistes selbst zu streben. Der Nachweis der Quellen
und Hilfsmittel sowie verschiedener urkundlicher und brieflicher Anlagen bietet
dem zu weiterem Forschen angeregten dankenswertes Material.

*) Anzengruber, Der Mann, sein Werk, seine Weltanschauung von
Anton Bettelheim. 2. vermehrte Auflage. Berlin, C. Hofmann L Co.
Mk. 2.^0.

Üeouh. Lier.

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