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I. WOHNUNGSAUSSTATTUNG.

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Wir meinen die von Haas ausgessutteten Zimmer in dem österreichischen Kaiser-
pavillon. Hat hier Gugitz in seinem edlen Bau zu vorübergehendem Zwecke
oder gelegentlichem Gebrauch eine architektonische Musterleistung geschaffen, so
ist die innere Einrichtung der Wohnräume, die von Storck entworfen ist, nicht
mindergelungen. Das ernstere Zimmer
des Kaisers mit seinem schwarzen und
goldenen Plafond, mit seinen Wänden
-in rothem Sammet auf goldgelbem
Atlasgrunde in Venetianer Art, das
Zimmer der Kaiserin, lichter gehalten
mit den Arabesken Sturm's in Art
der RafTael'schen Grotesken, mit seinen
reizenden geslickten Möbeln auf
blauem, goldschimmernden Grunde,
beide ihrer Bestimmung nach so ver-
schieden im Charakter und doch gleich
edel, prachtvoll, kaiserlich mit dem
Glänze den vornehmsten und feinsten
Geschmack vereinend. Wer an rein
decorativen Reizen Vergnügen findet,
der wird schon die Stosfe allein und
ihre verichiedenartig schillernde Wir-
kung, je nach der Richtung, in wel-
cher sein Auge darauf fällt, des Studi-
ums würdig finden. Mit dieserLeistung
des österreichischen Pavillons kann
der deutsche Kaiserpavillon, ein Werk
der Architekten Kyllmann und
H e y d e n, keineswegs den Vergleich
aushalten: mehr zeltartig gedacht und
in Holzgerüst ausgesührt, zeigt er
wenig Phantasie und Gedanken, und
mit seinen rothen Sammet- und
Seidenstoffen einen ziemlich gewöhnlichen Geschmack.
Die Fabrik von Haas steht mit ihren Bestrebungen in Oesterreich keineswegs
allein. Man kann vielmehr, sagen, dass, obwohl einzelne Möbelstoffsabriken noch
unter sranzösischem Einfluss flehen, Architekten, Seidenfabrikanten, Decorateure
und Kunsttischler in die gleiche Richtung hineindrängen, wenn es auch nicht
immer mit gleichem Glücke geschieht. Schon längst steht Giani mit seinen
Brokaten und Seidenstossen durchaus selbständig da, ansangs mehr auf kirch-
lichem Gebiete, jetzt aber auch nicht minder der Decoration der Wohnung mit
stilistischen Vorhang- und Möbelstossen zugewendet. Fr. O. Schmidt in Wien,
ein ächter Künstler aus dem Gebiete der Wohnungs-Decoration, versteht es vor-
tresflich, uns in die solide Pracht und in die gemüthvolle Stimmung der deutschen
Renaissance zu versetzen; der vielbeschästigte Schönthaler, der mit vornehm


Seidenstoss, dunkelblau mit Gold, von Phil. Haas &
Söhne in Wien.
 
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