Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Österreichisches Archäologisches Institut [Hrsg.]
Jahreshefte des Österreichischen Archäologischen Institutes in Wien — 7.1904

DOI Heft:
Heft 2
DOI Artikel:
Stern, E.: Ein Bronzegefäß in Büstenform
DOI Artikel:
Pollak, Ludwig: Griechischer Spiegel aus Cumae
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31584#0241

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Ein Bronzegefäß in Biistenform

203

Stämme — denn daß es sich um die Büste eines jungen Mädchens handelt,
scheint mir nach der Profilansicht und der Haartracht sicher zu sein — hat unser
Künstler naturgetreu zur plastischen Darstellung gebracht. Der Augenschein
lehrte ihn, daß namentlich im jugendlichen Alter die Rasseneigentümlichkeiten
minder prononciert erscheinen, und er hat es in echt künstlerischem Wahrheits-
g-efühl verstanden, jede Übertreibung, jedes Unterstreichen zu vermeiden und doch
mit sicherer Hand und geschultem Auge die charakteristischen Merkmale in ihrer
Totalität zu erfassen.

Auf gleicher naturgetreuer Beobachtung und Nachbildung der Wirklichkeit
beruht dann auch die eigentümliche Haartracht unserer jungen Afrikanerin. In
drei Etagen angeordnet, umrahmen die sorg-fältig g'edrehten Locken Gesicht und
Kopf; eine längere und breitere Locke, vom Scheitel herabgezogen, fällt drei-
teilig über den Hinterkopf. Eine gewisse Analogie zu dieser dreietagigen Locken-
ordnung bietet die Haartracht der bekannten Negerstatuette aus Chälon-sur-Saone
(vergl. die Abbildung in der Rückenansicht bei Schrader a. a. O. S. 26) — natur-
gemäß ist sie beim Mädchenkopf noch regelmäßiger und sorgfältiger durchgeführt.
Man wird lebhaft an die künstlichen Lrisuren der alten Agypterinnen erinnert,
die zu mühsam herzustellen waren, um täglich erneuert zu werden und daher
das qualvolle Schlafen mit besonderen Nackenstützen erforderten. Hält man sich
diese Tatsache im Gedächtnis, so ist wohl kein Zweifel daran möglich, daß unser
Meister auch hier im besten Sinne realistisch die Wirklichkeit zu künstlerischer
Wiedergabe gebracht hat.

Alles in allem also stellt sich das Bronzegefäß aus Akkerman würdig den
besten Darstellungen ethnographischer Typen in der antiken Kunst zur Seite
und dient mit als interessanter Beleg für die hohe Blüte des Kunsthandwerkes
in einer späten Epoche.

Odessa, Mai 1904. E. v. STERN

Griechischer Spiegel aus Cumae.

Tafel II.

Der auf Tafel II in Zweidrittelgröße des Originales reproducierte Handspiegel
befindet sich seit Kurzem im Wiener Hofmuseum. Er ist im ganzen 0-277“ hoch,
der Durchmesser der Scheibe beträgt 0-184“, die Breite des Griffes ist 0-076“.
Der Griff und die einst spiegelnde, schwach convexe Scheibe sind für sich
 
Annotationen