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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 30.1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.14193#0095
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Besprechungen

K. S. Laurila: Ästhetische Streitfragen. Akateeminen Kirjakauppa,
Helsinki (Akademische Buchhandlung, Helsingfors). 1934. Mit einem Geleitwort
von Max Dessoir.

Die in diesem Band vorgelegten Untersuchungen — auf gründlicher wissen-
schaftlicher Forschung und eingehender Kenntnis des Schrifttums beruhend — haben
ihren besonderen Reiz darin, daß sie an vielen, vielleicht allen entscheidenden Punk-
ten der Tradition der Ästhetik anknüpfen, mit den Kategorien und leitenden Vor-
stellungen dieser Tradition weitgehend arbeiten und doch aus der klar geführten Aus-
einandersetzung mit der Sache selbst heraus zu Ergebnissen kommen, die mit z. T.
neuen Methoden und Denkmitteln ähnlich von der neuesten Ästhetik erreicht worden
sind. Es bietet sich damit ein schöner Beweis für die innere sachliche Notwendigkeit
des Forschens auch auf dem so „subjektiv" scheinenden Gebiete der Ästhetik, eine
verstärkte Beweiskraft für die erlangten Einsichten und oft in eigentümlicher Wen-
dung des Gedankens eine fruchtbare neue Ansicht. Eine Reihe alter Vorurteile wird
endgültig in umsichtiger Gedankenführung erledigt, so das von dem „Scheincharak-
ter" des Ästhetischen. Dieser ist nach L. „im Grunde weiter nichts als ein schwä-
cherer Wirklichkeitseindruck" (45). Von weittragender Bedeutung ist die Erledigung
zahlreicher falscher Vorstellungen, die über die ästhetischen Gefühle bestehen. Es
mag daher gerechtfertigt sein, wenn wir das Ergebnis dieser Untersuchung, das
zugleich den Denkstil des Autors in seinem Ertrag charakterisiert, berichten.

„Die hergebrachte Meinung, welche die ästhetischen Gefühle zunächst mit den
logischen, ethischen und religiösen Gefühlen koordiniert und voraussetzt, die ästheti-
schen Gefühle seien durch ähnliche Unterscheidungsgründe von den übrigen Gefühlen
abzugrenzen, wie diese unter sich gesondert sind, ist unhaltbar und irreführend. Die
ästhetischen Gefühle lassen sich erstens nicht durch ihre Eigenart als Gefühle (d. h.
durch ihre Intensität, Dauer und Qualität) von den anderen Gefühlen trennen. Dies
ist zwar auch den anderen ideellen Gefühlen gegenüber nicht der Fall, und soweit
befinden sich die ästhetischen Gefühle mit ihnen in der gleichen Lage. Aber die logi-
schen, ethischen und religiösen Gefühle unterscheiden sich voneinander und von den
übrigen Gefühlen durch den Erkenntnisinhalt, an dem sie haften. Bei den ästhetischen
Gefühlen liegt es anders. Alle möglichen Erkenntnisinhalte können ästhetische Ge-
fühle auslösen. Der handgreiflichste Beweis dafür ist der Umstand, daß prinzipiell
alles Seiende künstlerisch behandelt werden kann. Was aber künstlerisch behandelt
werden kann, muß ästhetisch zu betrachten und imstande sein, ästhetische Gefühle
auszulösen.

Die ästhetischen Gefühle unterscheiden sich von den übrigen Gefühlen nicht
durch das, was betrachtet wird, sondern dadurch, wie betrachtet wird, d. h. durch
die Stellung des Betrachtenden zu dem Betrachteten. Die eigenartige Stellung zu dem
Betrachteten, welcher die ästhetischen Gefühle ihre Entstehung verdanken, heißt das
ästhetische Verhalten. Und das ästhetische Verhalten ist im Grunde ein Gefühls-
verhalten. Ästhetisch verhalten wir uns dann, wenn wir die Erscheinungen als solche
Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft. XXX. a
 
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