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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Meckel, Carl Anton: Mittelalterliche Steinkanzeln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0214

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339

1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTUCHE KUNST — Nr. 11.

340-

Mittelalterliche Steinkanzeln.

Mit 8 Abbildungen.

m ersten Heft des Jahrganges 1898
der Zeitschrift für christliche Kunst
veröffentlichte Herr Professor Paul
Keppler, jetzt Bischof von Rotten-
burg, drei Steinkanzeln aus mittelalterlichen
Dorfkirchen, deren Aufnahme und Zeichnung
ich besorgt hatte. Er sprach damals den Wunsch
aus, der ersten Veröffentlichung noch weitere
Beispiele aus meiner Mappe folgen zu lassen.
Ich hatte in der Zwischenzeit Gelegenheit, eine
Reihe mittelalterlicher Steinkanzeln aufzunehmen,
von denen ich zur Fortsetzung der ersten
Serie die nachfolgenden drei Exemplare her-
ausgreife, die in schlichter, doch monumentaler
Einfachheit auch für heutige Verhältnisse vor-
bildlich sein können.

I. Die Kanzel in der Kirche zu Huna-
w ei e r bei Rappoltsweiler im Elsafs. Die Kirche
liegt in der Höhe seitwärts des Ortes und bildet
mit dem durch hohe Mauern und Bastionen
geschützten Kirchhof ein gut erhaltenes Bei-
spiel spätmittelalterlicher Dorfbefestigung. Die
Kirche selbst ist zweischiffig mit flacher Decke,
der Chor besitzt ein hübsches Netzgewölbe;
auch spätgothische Wandmalereien, die Legende
des hl. Deodatus, Bischof von Nevers, und der
hl. Huna darstellend, sind erhalten. In das
Schiff findet sich auf der Südseite ein reizvolles
Kapellchen eingebaut, dessen Freipfeiler die
ausgekragte Steinkanzel trägt. Die ganze An-
ordnung ist sehr charakteristisch und originell
(vergl. die Situation). Ein zierliches, gewun-
denes Treppchen mit 10 Stufen und offener
profilirter Spindel führt auf der Rückseite des
Pfeilers von der Kapelle aus auf die Kanzel,
der Pfeiler selbst ist mit einer verschliefsbaren
Thüröffnung durchbrochen. Die Stufen der
Treppen haben Hohlkehlprofil, das sich von
der Spindel aus nach der Peripherie verflacht.
Das Profil der Spindel wird durch zwei mit
einer Hohlkehle verbundene Spitzstäbe gebildet,
die am Fufse mit Sockel, an der obersten Stufe
mit Kapitälchen aufgelöst sind. Das ursprüng-
liche einfache Eisengeländer ist noch erhalten.
Die Kanzelbütte ist aus dem Achteck kon-
struirt mit geschlossener, auf den Ecken mit
gedrehten Rundstäben besetzter Mafswerk-
brüstung. Das Mafswerk hat ziemlich flaches
Profil und schon recht späte Formen. Die

Gräte der stichbogenförmigen, steilen Aus-
kragung der Kanzel sind nach dem Pfeiler hin
verzogen, da der Mittelpunkt des Achtecks
aufserhalb des Pfeilers liegt. Die Profile der
Fufsplatte, des Pfeilersockels und des drei-
eckigen Ansatzes unter der Auskragung über-
schneiden sich an den Ecken. Die Kanzel
wurde gleichzeitig mit dem Pfeiler und der
ganzen Kirche aufgeführt; die Zeit der Er-
bauung wird durch die Jahreszahl 1525 über
der Sakristeithüre bestimmt. Ueber die Kirche
vergl. Kraus, IL 174—175.

II. Die Kanzel in der Kirche zu Stause-
bach, Kreis Kirchhain, Reg.-Bez. Kassel. Die
Kirche zu Stausebach ist eine dreischiffige Halle
mit schmalen Seitenschiffen ohne Thurm; der
mit einem Dachreiter geschmückte Chor hat
auf der Nordseite einen Treppenthurm vorge-
legt, welcher zu den Dächern emporführt. Die
ganze Anlage ist spätgothisch aus der zweiten
Hälfte des XV. Jahrh. Dieser Zeit gehört auch
die im Schiff neben dem Chorbogen aufgestellte
Kanzel an. Ihre Stellung ähnelt derjenigen
der früher veröffentlichten Kanzel zu Stein im
Pfinzgau, nur führt in Stausebach, minder reiz-
voll wie in Stein, der Aufgang nicht vom Chor
aus direkt durch den Chorbogen, sondern ein
gewundenes Treppchen steigt im Schiff un-
mittelbar neben der Seitenaltar mensa zur Kanzel
empor. Diese ist in Aufbau und Gliederung
höchst einfach und schlicht gehalten, zeigt aber
grofse Feinheit in den Verhältnissen und Pro-
filen. Der Unterbau besteht aus einer Drei-
viertelsäule, die sich auf einem Sockel mit ge-
drehter Hohlkehlenprofilirung aufbaut. Aus
ihrem Schaft wachsen vier zierlich profilirte
Gratrippen, die an den Ecken der mit gleichem
Profil versehenen Platte auslaufen. Die Kanzel-
bütte ist aus dem Achteck konstruirt, von dem
jedoch infolge der Stellung an der Wand nur
zwei Seiten vollständig zum Ausdruck kommen.
Einfaches Maafswerk ohne Nasen und auf Grund
gearbeitet, belebt die Brüstung. Die Treppe
windet sich um eine Säulenspindel, ihre Stufen
haben Hohlkehlprofil, welches an der Spindel
im Viertelkreis abgeschnitten ist.

III. Die Kanzel in der St. Blasiuskirche
zu Hannov.-Münden. Die Kirche (vergl.
Otte, I. 244, 248) ist eine dreischiffige Halle
 
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