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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Braun, Joseph: Zur Entwicklung des liturgischen Farbenkanons, [4]
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171

1902.

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.

172

Zur Entwicklung des liturgischen Farbenkanons.

(Schlufs.)

n den Aposteltagen brauchte man
in fast völliger Uebereinstimmung
im ganzen Abendland rothe Ge-
wänder. Das Mainzer Missale
verzeichnet Grün. Eine Ausnahme bildeten
auch gewisse Nebenfeste der Apostel, wie Petri
Stuhlfeier und Pauli Bekehrung, sowie das
Hauptfest des hl. Ev. Johannes. Man feierte an
diesen Tagen nicht die Erinnerung an das
Martyrium der betreffenden Apostel und be-
handelte daher dieselben meist nach Weise der
Bekennerfeste. Man gebrauchte darum an
ihnen gewöhnlich grüne, weifse, blaue, violette
oder gelbe Paramente; je nachdem solche in
den jeweiligen Kirchen an den Bekennertagen
in Brauch waren. Auch Petri Kettenfeier
wurde vielfach wie ein Bekennerfest behandelt,
doch bediente man sich an derselben nicht
selten auch rother Gewänder. Am Feste des
hl. Johannes ante portam latinam herrschte mit
wenigen Ausnahmen in Rücksicht auf das Mar-
tyrium des Apostels, dessen Andenken man
beging, Roth vor. Weifs begegnet uns an die-
sem Tage vorzüglich in einigen englischen
Diöcesen (Wells, Salisbury, Westminster). Für
den St. Marcus- und St. Lucastag schreibt das
Missale von Palenzia (M. 1568) Weifs vor. Im
Uebrigen war an diesen beiden Tagen allge-
mein Roth gebräuchlich, obwohl das Martyrium
des hl. Lucas zweifelhaft ist.

Die Martyrerfeste sind neben den Festen
der hl. Jungfrauen, welche nicht zugleich Mar-
tyrinnen waren, die wenigen Tage, an denen
überall ausnahmslos dieselbe Farbe in Kraft
war. In allen liturgischen Farbenkanons wird
den Märtyrern Roth, den Jungfrauen Weifs zu-
gewiesen. Einigermafsen schwankt der Brauch
an den Festen der Jungfrauen, die zugleich als
Martyrinnen verehrt wurden. Hier herrscht
Roth vor, doch fehlt es nicht an einzelnen
Kirchen, in denen man an diesen Tagen Weifs
gebrauchte z. B. Lyon (M. 1771). DasCalendar
von Wells vermerkt: Quando de virgine et
martyro (sie) rubea et alba und Grandissons
Ordinale bestimmt: In festis virginum et mar-
tyrum partim albis partim rubeis vel eisdem
coloribus mixtis (est utendum). Wie das partim
albis partim rubeis zu verstehen sei, darüber
belehrt uns die Notiz, welche sich an die früher

erwähnte Verordnung des Ordinale über die
Farbe der Paramente am Frohnleichnamstage
anschliefst: Eodem modo fiat de virginibus et
martyribus.

Eine ungemeine Mannigfaltigkeit herrscht
in den verschiedenen Farbenregeln hinsichtlich
der Feste der Bekenner. Da finden wir geradezu
alle Farben, Schwarz nicht ausgeschlossen. Am
häufigsten kommen Weifs, Grün und Gelb vor.
Blau gab es z. B. in Mainz (M. 1602), Schwarz
aber im Dom von Eichstädt an den Festen
der Bekenner, die nicht Bischöfe waren,52) und
in einem Carmelitermissale an den Gedächtnifs-
tagen heiliger Mönche.53) In Lincoln waren neben
grünen und gelben im XIILJahrh. an den Be-
kennertagen auch braune oder dunkle Gewänder
(coloris fusci) in Gebrauch. In manchen Diö-
cesen waren die Bekennerfeste getheilt, indem
man an den Festen der Bekennerbischöfe sich
andersfarbiger Paramente bediente, wie an
den Tagen der gewöhnlichen Bekenner. Ja,
man unterschied sogar die hl. Bekennerpäpste
von den einfachen Bischöfen oder die Aebte
und Mönche von den andern Bekennern, die
nicht Bischöfe waren. Das mehrfach angeführte
Minoritenmissale der Vaticana (Capp. 206) gibt
für die Papstfeste Weifs, die Feste der Be-
kennerbischöfe Grün und die Tage der hl.Priester,
Mönche und Einsiedler Gelb an. Das Missale
von Palencia (1568) in der Barberinischen Biblio-
thek zu Rom weist den Bischöfen Grün, den
Nichtbischöfen Violett zu. In Mailand ist an
den Festen heiliger Bischöfe, heiliger Kirchen-
lehrer und Priester Weifs, an denen heiliger
Aebte und heiliger Laien grün gebräuchlich.
In Rouen trug man an den Festtagen von
Bischöfen und Priestern weifse, von Kirchen-
lehrern grüne, von Heiligen des A. B., Aebten,
Mönchen und sonstigen Bekennern violette Para-
mente. Am buntesten mag es aber in Wells
ausgesehen haben, wo es, ohne erkennbare Regel,
im Calendarium bei dem einen Bekenner heifst:

ia) >Kirchenschmuck« Bd. 21, S. 24. Möglich,
dafs Schwarz auf einem Irrthnra beruht, aber auch
nur möglich. Ob aber dann, wie im »Kirchenschmuck«
gemeint wird, dafür Blau einzusetzen ist, scheint frag-
lich. Eine Stütze für diese Annahme könnte aller-
dings sein, dafs auch das Fest der Commemoratio
des hl. Paulus Blau hat.

") Wickham Legg »History« p. 33.
 
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