173
1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.
174
omnis viridia et crocea, bei dem andern omnia
india, wieder bei andern omnia crocea etc.
Die Feste heiliger Frauen wurden ähnlich
wie die Feste heiliger Bekenner behandelt. Ein
treffliches Beispiel, welche Mannigfaltigkeit hin-
sichtlich der Farbe der liturgischen Gewänder
demgemäfs an ihnen herrschte, bietet die Notiz
des Ordinale Grandissons bezüglich des Festes
der hl. Maria Magdalena: In festo Maria Mag-
dalenae secundum quosdam vestimentis indici
id est aerei coloris vel blavi, si pulchra habe-
antur, non inconvenienter indui possent. In
festo tarnen Magdalene quidam albis, quidam
croceis utuntur. Das Gewöhnlichste an den
Festen heiliger Frauen war Violett.
Bei einer Kirchweihe wurden nach römischer
Sitte weifse Paramente gebraucht. Aber auch
aufserhalb Roms wurde es nahezu allgemein
so gehalten, propter nuptias Christi et ecclesiae,
wie das Pontifikale des Bischofs Clifford von
London nach dem Vorgang Innocenz' III.
sagt. Entsprechend war auch am Jahrestag der
Kirchweihe fast allenthalben Weifs üblich. Zu
Le Mans war für das Fest der Kirchweih Roth
vorgeschrieben. Das Calendarium von Wells
merkt Blau und Weifs an, während das Or-
dinale Grandissons erklärt, man könne an dem-
selben alle Farben nach Belieben gebrauchen,
möge jedoch Roth und Weifs den Vorzug geben.
Die Paramente, deren man sich bei den
Todtenoffizien bediente, waren vornehmlich
von schwarzer Farbe. So vor allem in Rom,
wo man nach dem gegen Ende des XV. Jahrh.
entstandenen Ordo des Petrus A melius selbst
bei den Exequien des Papstes schwarze Ge-
wänder trug. Das Calendarium von Wells
(XIV. Jahrh.) bestimmt ausdrücklich: Memo-
randum, quoties et quandocumque agitur pro
defunctis, omnia erunt nigra et simplicia, licet
agatur pro rege vel episcopo. Ein Missale
von Salisbury (XIV. Jahrh.) bemerkt ähnlich:
In omnibus missis pro defunctis per totum an-
num utuntur vestimentis nigris. Violette Para-
mente wurden vornehmlich bei Leichenfeierlich-
keiten von Fürsten und Standespersonen ge-
braucht. Im Ordinale Grandissons heisst es
z. B.: In solemnibus exequiis mortuorum et
etiam sepulturis eorum satis congrue violaceo
colore est utendum. Doch wurden Violett
anstatt Schwarz auch bei sonstigen Exequien
gebraucht, namentlich in französischen Diöcesen,
wie Narbonne u. a.
Es sind nur einige fünfzig Kanons, welche
wir unsern Ausführungen haben zu Grunde
legen können, sie bieten bei weitem kein voll-
ständiges Bild und doch welche Verschieden-
heit. Kaum könnte man sich eine buntere
Mannigfaltigkeit denken. Es lassen sich, wenn
wir von dem römischen Farbenkanon absehen,
nicht einmal bestimmte Typen unterscheiden.
Wohl zeigen die Farbenregeln in den einzelnen
Ländern, wie Spanien, Frankreich, England
mehrfach eine gewisse Uebereinstimmung; so
herrscht z. B. in den gallikanischen Kirchen
eine Neigung zu Roth vor, während in den
englischen Farbenordnungen den Bekennern
mit Vorliebe Gelb zugewiesen wird. Indessen
gestattet eine solche gröfsere oder geringere
Verwandtschaft noch keineswegs von einem
englischen, spanischen oder gallikanischen Typus
zu sprechen. Dafür sind der Verschiedenheiten
in anderen Punkten zu viele und zu bedeutende.
Es wäre interessant, einmal alle Farben-
kanons, die je im Gebrauche waren, beisammen
zu haben. Welche Fülle von Auffassungen und
Gewohnheiten würde uns dann nicht erst ent-
gegentreten.
Waren doch nicht einmal in den einzelnen
Diöcesen überall dieselben Vorschriften über
die liturgischen Farben in Kraft, und das Vor-
bild der Metropolitankirche für die anderen
Kirchen des Bisthums keineswegs immer mafs-
gebend. Nicht selten hatte die Kathedrale wie
einzelne besondere Riten, so auch bezüglich
der Farben ihre Eigenheiten. So war z. B. in
der Oktav von Epiphanie in Paris (1776) Gelb
nur in Notre-Dame gebräuchlich. In Eich-
städt bediente man sich ca. 1600 im Advent
im Dom der schwarzen, in der Diöcese der
violetten Farbe. Ebenso trug man daselbst an
den Festen der Bekenner im Dom schwarze,
in der Diöcese grüne Paramente. Für die
Sonntage nach Trinitatis war im Dom Gelb in
der Diöcese Grün im Gebrauch. Am Feste
des hl. Johannes B. waren in der Metropolitan-
kirche zu Bourges (M. 1741) im Gegensatz zur
Gepflogenheit der Diöcese viollette Gewänder
üblich.
Insbesondere hatten nicht nur die Ordens-
kirchen, die sehr gewöhnlich ihre eigenen Ge-
wohnheiten hatten, sondern häufig auch die
M) c CXLVI (Migne, P. 1. LXXVIII, 1353).
86) Migne »Origines et raison de la liturgie«
(Paris 1844), p. 448.
1902. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 6.
174
omnis viridia et crocea, bei dem andern omnia
india, wieder bei andern omnia crocea etc.
Die Feste heiliger Frauen wurden ähnlich
wie die Feste heiliger Bekenner behandelt. Ein
treffliches Beispiel, welche Mannigfaltigkeit hin-
sichtlich der Farbe der liturgischen Gewänder
demgemäfs an ihnen herrschte, bietet die Notiz
des Ordinale Grandissons bezüglich des Festes
der hl. Maria Magdalena: In festo Maria Mag-
dalenae secundum quosdam vestimentis indici
id est aerei coloris vel blavi, si pulchra habe-
antur, non inconvenienter indui possent. In
festo tarnen Magdalene quidam albis, quidam
croceis utuntur. Das Gewöhnlichste an den
Festen heiliger Frauen war Violett.
Bei einer Kirchweihe wurden nach römischer
Sitte weifse Paramente gebraucht. Aber auch
aufserhalb Roms wurde es nahezu allgemein
so gehalten, propter nuptias Christi et ecclesiae,
wie das Pontifikale des Bischofs Clifford von
London nach dem Vorgang Innocenz' III.
sagt. Entsprechend war auch am Jahrestag der
Kirchweihe fast allenthalben Weifs üblich. Zu
Le Mans war für das Fest der Kirchweih Roth
vorgeschrieben. Das Calendarium von Wells
merkt Blau und Weifs an, während das Or-
dinale Grandissons erklärt, man könne an dem-
selben alle Farben nach Belieben gebrauchen,
möge jedoch Roth und Weifs den Vorzug geben.
Die Paramente, deren man sich bei den
Todtenoffizien bediente, waren vornehmlich
von schwarzer Farbe. So vor allem in Rom,
wo man nach dem gegen Ende des XV. Jahrh.
entstandenen Ordo des Petrus A melius selbst
bei den Exequien des Papstes schwarze Ge-
wänder trug. Das Calendarium von Wells
(XIV. Jahrh.) bestimmt ausdrücklich: Memo-
randum, quoties et quandocumque agitur pro
defunctis, omnia erunt nigra et simplicia, licet
agatur pro rege vel episcopo. Ein Missale
von Salisbury (XIV. Jahrh.) bemerkt ähnlich:
In omnibus missis pro defunctis per totum an-
num utuntur vestimentis nigris. Violette Para-
mente wurden vornehmlich bei Leichenfeierlich-
keiten von Fürsten und Standespersonen ge-
braucht. Im Ordinale Grandissons heisst es
z. B.: In solemnibus exequiis mortuorum et
etiam sepulturis eorum satis congrue violaceo
colore est utendum. Doch wurden Violett
anstatt Schwarz auch bei sonstigen Exequien
gebraucht, namentlich in französischen Diöcesen,
wie Narbonne u. a.
Es sind nur einige fünfzig Kanons, welche
wir unsern Ausführungen haben zu Grunde
legen können, sie bieten bei weitem kein voll-
ständiges Bild und doch welche Verschieden-
heit. Kaum könnte man sich eine buntere
Mannigfaltigkeit denken. Es lassen sich, wenn
wir von dem römischen Farbenkanon absehen,
nicht einmal bestimmte Typen unterscheiden.
Wohl zeigen die Farbenregeln in den einzelnen
Ländern, wie Spanien, Frankreich, England
mehrfach eine gewisse Uebereinstimmung; so
herrscht z. B. in den gallikanischen Kirchen
eine Neigung zu Roth vor, während in den
englischen Farbenordnungen den Bekennern
mit Vorliebe Gelb zugewiesen wird. Indessen
gestattet eine solche gröfsere oder geringere
Verwandtschaft noch keineswegs von einem
englischen, spanischen oder gallikanischen Typus
zu sprechen. Dafür sind der Verschiedenheiten
in anderen Punkten zu viele und zu bedeutende.
Es wäre interessant, einmal alle Farben-
kanons, die je im Gebrauche waren, beisammen
zu haben. Welche Fülle von Auffassungen und
Gewohnheiten würde uns dann nicht erst ent-
gegentreten.
Waren doch nicht einmal in den einzelnen
Diöcesen überall dieselben Vorschriften über
die liturgischen Farben in Kraft, und das Vor-
bild der Metropolitankirche für die anderen
Kirchen des Bisthums keineswegs immer mafs-
gebend. Nicht selten hatte die Kathedrale wie
einzelne besondere Riten, so auch bezüglich
der Farben ihre Eigenheiten. So war z. B. in
der Oktav von Epiphanie in Paris (1776) Gelb
nur in Notre-Dame gebräuchlich. In Eich-
städt bediente man sich ca. 1600 im Advent
im Dom der schwarzen, in der Diöcese der
violetten Farbe. Ebenso trug man daselbst an
den Festen der Bekenner im Dom schwarze,
in der Diöcese grüne Paramente. Für die
Sonntage nach Trinitatis war im Dom Gelb in
der Diöcese Grün im Gebrauch. Am Feste
des hl. Johannes B. waren in der Metropolitan-
kirche zu Bourges (M. 1741) im Gegensatz zur
Gepflogenheit der Diöcese viollette Gewänder
üblich.
Insbesondere hatten nicht nur die Ordens-
kirchen, die sehr gewöhnlich ihre eigenen Ge-
wohnheiten hatten, sondern häufig auch die
M) c CXLVI (Migne, P. 1. LXXVIII, 1353).
86) Migne »Origines et raison de la liturgie«
(Paris 1844), p. 448.