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Zeitschrift für christliche Kunst — 15.1902

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Schnütgen, Alexander: Neuer Beichtstuhl romanischen Stils in St. Maria im Kapitol zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4074#0225

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Abhandlungen.

Neuer Beichtstuhl romanischen Stils
..- . tj- in St. Maria im Kapitol zu Köln.

if|> Mit Abbildung.

t^n St. Maria im Kapitol zu Köln eignen
sich die Fensternischen des Langhauses
durch ihre Breite von 270 cm, Tiefe von
~j, 130 cm, Höhe (bis zur Schräge) von
K$lip 268 cm vortrefflich für die Aufstellung

Ivon Beichtstühlen. Das neue, von Men-
gelberg in Utrecht-Brühl entworfene
• und ausgeführte Exemplar, welches als
Kl? Jubiläums - Geschenk für den Herrn
-' Oberpfarrer Lentzen dort Eingang
gefunden hat, empfiehlt sich durch die
Art der Eingliederung, wie durch den
Aufbau und seine Verzierungen. Schon
das Podium mit seinem mittleren Vor-
sprunge charakterisirt den durchaus rich-
tig konstruirten und ornamentirten Auf-
bau, dessen baldachinbekrönter Sitzungsraum
vorspringt. An seine Rückwand schliefst sich
rechts und links flügelartig die Wandbeklei-
dung an, die sich nach vorn fortsetzt, dem
ganzen Möbel den Charakter des Geschlosse-
nen, Diskreten gebend, ohne es als Kasten
erscheinen zu lassen. Je vier Paneele füllen
die vier Bretterwände, die (in reicherer Aus-
führung als die hier beigefügte Zeichnung angibt)
mit Flachschnitt-Blattranken verziert sind, scharf
umrissen vom aufgerauhten Grund die perfekte
Zeichnung abhebend, ausgenommen die vier nach
vorn schauenden oberen Füllungen, die in ein-
geschnittener Konturenmanier auf gekörntem
Grund die Standfiguren der vier Bufshei-
ligen Petrus und Augustinus, David und
Magdalena gerade vor dem Angesichte der
Pönitenten entfalten. Ein reliefgeschnittener,
durchbrochener Blattwerk-Kamm bringt diese
aus Eichenholz kräftig gezimmerten Flügel-
wände zum Abschlufs. Aehnlich behandelte
Kämme laufen auch über die Firsten und
Giebel des Kreuzdaches, auf dem letzteren
in mächtige Kreuzblumen endigend, die schlank
gehalten, auf dem Vordergiebel sogar in der
Verdoppelung, den Höhenzug der Fenster-
nische gefällig anklingen. Die seitlichen Gie-
belfelder sind im Reliefschnitt geschmückt,

während in den Vordergiebel der Kleeblatt-
bogen des Eingangs hinaufragt, auf Kon-
solen ruhend, die dem Abschlufssims der Flügel-
wände entsprechen, von diesen nur durch
die beiden Planken des Mittelraumes als die
Hauptkonstruktionsglieder des Ganzen getrennt.
Diese Planken, stark 7 cm dick, laden bis kurz
über der Thürhöhe stärker aus, und eine sehr
reich entwickelte Krabbenvolute vermittelt die
Verjüngung, nach dem Vorbilde der Xantener
und anderer noch stärker romanisirender rhei-
nischer Chorstuhlwangen. An diese beiden
Planken stöfst hinter dieser Volute, stumpf je
ein Flügel an, der in edel geformter Silhouette
wangenartig den Mittelraum erbreitert, den
Uebergang zu den Seitentheilen bildend und
durch die überaus geschickt erfundene
geschwungene Schutztafel, hinter welcher
der Kopf des Pönitenten sich verbirgt, ästhe-
tische Wirkung mit praktischer Lösung ver-
bindend. Die Thüre, die zwischen den Plan-
ken sich einspannt, denen hier ein Säulchen
reliefartig ausgespart ist, hat in dem geschupp-
ten Kreuz mit dem Mittelmonogramm und mit
den Blattreliefs der Zwickel ein sehr dank-
bares Füllungsmotiv, konstruktiv, und ernst,
wie es gerade an dieser Stelle angebracht ist.
So -wirkt an diesem Beichtstuhl Alles zusam-
men, um ihn des Platzes würdig erscheinen
zu lassen, an dem er aufgestellt ist: Echte
Holzkonstruktion, derbe Gestaltung der Wan-
gen ganz im Sinne der besten alten Vorbilder,
die hier hinsichtlich der korrekten Stilisirung
vollkommen erreicht, hinsichtlich der Mannig-
faltigkeit in den Motiven wie der Sauberkeit
in der Ausführung noch übertroffen werden.
Und wenn die Zeichnung wegen des Fehlens
der in der spätromanischen Periode so be-
liebten Thierornamente den Eindruck gröfseren
Ernstes machen sollte, etwa im Sinne des so
ernstem Zwecke dienenden Möbels, dann soll
auch nicht verschwiegen werden, dafs hier und
da während der Ausführung ein phantastisches
Gebilde sich eingeschlichen hat, wie es so
Brauch ist bei tüchtigen Künstlern, denen
während des Essens der Appetit wächst, d. h.
während der Arbeit die Neigung mit ihr zu
spielen.
 
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